Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban
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"Machen Sie sich keine Sorgen, Katherine. Ich kann schon fühlen wie das Baby sich bewegt." Sarah nahm Arthurs Hand und legte sie auf den Bauch seiner Frau: "Spürst Du, wie das kleine Wesen strampelt und tritt? Ich habe mit dem Stethoskop seine Herztöne hören können. Als alter, erfahrener Arzt prophezeie ich Euch beiden einen gesunden, kräftigen Sohn." Wellesley lächelte seine Frau an. Sarah hatte festgestellt, dass seine Augen nicht mehr ganz so kalt waren, wie damals im Hafen von Plymouth. Auch der kleine Arthur Freese bettelte jetzt, dass man ihn das Baby fühlen ließ. Sarah hob ihn auf ihr Knie. "Und wo ist der Storch?" erkundigte sich der Blondschopf neugierig. "Wer hat Dir denn diesen Unsinn erzählt, Junge?" Wellesley schüttelte ungläubig den Kopf. Doch Kitty legte den Finger auf die Lippen: "Arthur, er ist vielleicht noch ein bisschen zu jung um solche Dinge zu verstehen!" Sie nahm den kleinen Burschen in die Arme und trug ihn aus dem Zimmer um ihn ins Bett zu bringen. "Deine Frau hat Recht, mein Freund! Lasse Klein-Arthur noch ein paar Jahre seinen Glauben an den Storch, bevor Du ihm die ganze Wahrheit erzählst!"
"Möchtest Du mit uns zu Abend essen, Sarah? Wir haben uns schon lange keine Zeit mehr genommen, in aller Ruhe miteinander zu plaudern." Dr.Lennox legte ihre Hände auf Arthurs Schultern, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen leichten Abschiedskuss auf die Wange. "Ich möchte Euch beide nicht stören. Katherine war sechs Wochen lang in Brighton. Sie ist sicher viel lieber mit Dir alleine. Ich bin wirklich froh, dass Ihr beide Euch trotz allem und entgegen Deiner eigenen Unkenrufe so gut versteht und ich freue mich schon auf den Augenblick, wenn ich Euren Kleinen entbinden darf. Das ist der befriedigendste Teil meiner Arbeit als Arzt. Deine Frau macht einen zarten und kränklichen Eindruck, aber eigentlich ist sie stark, wie ein Pferd. Das Baby wird einfach nur so heraus kullern." Sarah schmunzelte zufrieden und fügte hinzu." Wenn Ihr Euch ein bisschen anstrengt, werde ich in diesem Haus noch einigen kleinen Wellesleys auf die Welt helfen. Zumindest wünsche ich mir und Dir das von ganzem Herzen!" Sie rief Kitty einen Gruß in den ersten Stock hinauf zu. Dann verschwand Sarah in der Nacht. In den weniger vornehmen Vierteln Londons warteten noch viele, andere Patienten auf sie.
Die Herbsttage verflossen angenehm. Arthur war inzwischen mit den Bräuchen und Traditionen des Unterhauses vertraut. Er und Henry Paget sprachen sich ab. Wenn militärische Fragen diskutiert wurden, vermittelten die beiden Soldaten der gesamten Kammer den Eindruck, dass es wenigstens in diesem Bereich zwischen Konservativen und Liberalen keine Zwistigkeiten gab. Henry Paget war der bessere Redner. Ihm fiel die Aufgabe zu Cobetts Radikale und andere widerspenstige Whigs mundtot zu machen. Arthur Wellesley leistete hinter den Kulissen die notwendige, beschwichtigende Überzeugungsarbeit bei allen Gruppierungen. Wenn im Parlament Fragen behandelt wurden, die weder mit der Außenpolitik noch mit militärischen Problemen zu tun hatten, ritt Arthur nach Hastings zu seiner Brigade. Anfangs begleitete Kitty ihn ab und an. Doch als ihr Bauch immer größer und runder wurde, verließ sie kaum noch Haus und Garten. Im Gedanken beschäftigte sie sich fast ausschließlich mit dem Kind, das in ihr heranwuchs. Ihre wenigen Hausangestellten umsorgten Kitty liebevoll. Und wenn der kleine Arthur Freese zu munter und zu umtriebig für sie wurde, kümmerte John Dunn sich um den Jungen und spielte mit ihm, bis er müde und brav war. “Wenn man ein Kind bekommt”, dachte Kitty, “dann hat man das Gefühl, der Mittelpunkt der Welt zu sein.” Arthur brachte ihr das Frühstück ans Bett, Sarah Lennox kam täglich vorbei, um nach ihr zu sehen und die Freunde der Wellesleys waren fast ständig um sie. Charlotte de Villiers und ihr Mann Henry Paget, Frederick Ponsonby und Rowland Hill vertrieben ihr die Zeit und erzählten ihr, was in London und in England vor sich ging. Nur manchmal spürte Kitty unbegründet Angst in sich aufsteigen. Sie erinnerte sich an ihre eigene Mutter, die Jahr für Jahr ein Kind geboren hatte. In Pakenham Hall hatte ihr damals nur die alte Dorfhebamme beigestanden. Sie hatten Kitty zwar aus dem Zimmer geschickt, aber immer noch klang ihr das Schreien und Wimmern ihrer Mutter in den Ohren. " Ich habe Angst.“ Sagte sie eines Tages zu Sarah, als die beiden im Salon Tee tranken. "Ich habe schreckliche Angst."
"Unsinn, Katherine." Erwiderte Dr.Lennox energisch und stand auf um Kitty ein dickes Daunenpolster hinter den Rücken zu stopfen. Sie legte prüfend die Hand auf den hochgewölbten Bauch. Das Kind war sehr lebhaft und machte mit seinen Füßen einen seltsamen Buckel. "Das Kleine liegt richtig. Sie sind gesundheitlich in bester Verfassung und ich sehe keine Anzeichen für eine schwere Geburt!"
"Oh Sarah! Ich erinnere mich mit Schrecken an jede Geburt, die meine Mutter in Irland durchmachen musste. Und bei der letzten Niederkunft wäre sie beinahe gestorben. Es war grauenvoll."
"Das ist lange her, Katherine. Die Medizin hat große Fortschritte gemacht. Sie werden nicht einmal Schmerzen empfinden: Wir haben Laudanum, Instrumente für die Geburtshilfe und in kritischen Fällen machen wir heute einfach einen Kaiserschnitt. Sie sind nicht in den Händen einer einfachen Hebamme auf dem Lande. Bitte, meine Liebe, sorgen Sie sich nicht. Alles wird gut gehen. In zwei, drei Wochen ist der kleine Wellesley auf der Welt und Ihre Rückenschmerzen werden ein Ende nehmen." Kitty rekelte sich wohlig in ihrem Sessel. "Das wäre wunderbar. Er ist so schwer und tritt den ganzen Tag nach mir. Ich bin schon so neugierig, wie das Baby aussehen wird. Ich habe meine Mutter gebeten, nach London zu kommen. Schließlich hat sie ja kaum noch daran geglaubt, je Großmutter zu werden." Sarah schenkte Tee nach. "Eine gute Idee, Katherine. Je weniger Sie sich bekümmern und umso mehr Sie sich ablenken, umso besser wird alles verlaufen. Ich schaue morgen Nachmittag wieder vorbei, meine Liebe. Aber wenn Sie sich trotzdem irgendwelche Sorgen machen, oder das Gefühl haben, dass der Moment gekommen sein könnte...schicken Sie John Dunn los. Er weiß immer, wo er mich finden kann. Auch wenn es vielleicht nur ein falscher Alarm ist..." Sarah umarmte Wellesleys Frau und verabschiedete sich. " Ich muss zu meinen Studenten an die Universität zurück. Die Anatomievorlesung. Sagen Sie Arthur einen schönen Gruß. Er soll sich anständig benehmen."
Der Weihnachtsabend 1806 war für Arthur ein ganz besonderes Ereignis. Es war das erste Mal seit fünfzehn Jahren, dass er das Fest nicht mit seinen Soldaten in einer Kaserne oder im Felde verbrachte. Er hatte eine eigene Familie, die sich auf diese Tage freute. Obwohl Kitty in Kürze ihr Kind zur Welt bringen würde, ließen die Wellesleys es sich nicht nehmen, von Hausball zu Hausball durch London zu ziehen und in der Harley Street ein Essen für ihre Freunde zu geben. Um den kleinen Arthur Freese zu amüsieren, hatte John Dunn einen Tannenbaum besorgt. Der alte Soldat hatte dem Kind beigebracht, Strohsterne und Strohengel zu basteln. Dann hatten sie den Baum gemeinsam in der Tradition seiner schottischen Heimat, mit den Engeln und Sternen und kleinen roten Äpfeln geschmückt. Wegen des freudigen Ereignisses hatte sich außerdem noch Wellesleys Schwiegermutter in der Harley Street einquartiert. Arthur mochte die hochnäsige Frau, die ihn seinerzeit gemeinsam mit Kittys Vater aus dem Haus gejagt hatte genauso wenig, wie die vergrämte, unfreundliche Tante aus Dublin. Er misstraute dem ganzen Longford-Pakenham-Clan, von Kittys Bruder Ned einmal abgesehen. Doch da der Besuch ihrer Mutter seine Frau so glücklich machte, akzeptierte er die Situation gutmütig. Lady Dorothea Longford mochte ihren Schwiegersohn genauso wenig leiden, wie er sie. Doch sie ließ es Arthur deutlich spüren, sobald Kitty aus dem Blickfeld verschwand. Mit jedem Wort und jeder Geste zeigte sie dem General, dass er in ihren Augen nur ein Emporkömmling war, der sich Titel und Vermögen, wie im finsteren Mittelalter, mit dem Schwert in der Hand erkämpft hatte. In Kittys Beisein setzte sie dann eine süße Unschuldsmiene