Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

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Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban

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Jahren der Trennung nicht einmal ein Lächeln schenkte. Ein unmögliches, cremefarbenes Kleid aus Musselinen schlotterte formlos um ihren mageren Körper. Sie hatte die langen Haare nachlässig hochgesteckt. An den Schläfen hatte sie feine, graue Strähnen. Ihre Haut wirkte ungesund, ja leichenhaft blass. Kitty machte auf Arthur den Eindruck eines Lamms, dass man zur Schlachtbank führte und das nicht wusste, wie es sich wehren sollte. "Ich möchte jetzt alleine mit Miss Pakenham sprechen!", er sah ihren Bruder Longford kalt an. Gerald und Kittys Tante blickten flehend zu ihm hinüber. Endlich verzog er ungehalten den Mund und nickte: "Also gut, Wellesley…falls meine Schwester damit einverstanden ist." Auch Katherine sah ihren Bruder jetzt bittend an. "Robert, ich möchte gerne alleine mit General Wellesley sprechen." Endlich verließen Gerald und Kittys ungemütliche Verwandte den Salon und eine unsichtbare Hand schloss die Tür.

      Wellesley ging auf Katherine zu und nahm ihre Hand in die Seine. Der kalte Schleier über seinen Augen hatte sich gehoben. Seine Stimme war sanft geworden. Das Mädchen tat ihm ehrlich leid. " Ich habe Dir vor langer Zeit einmal ein Versprechen gegeben, Katherine. Ich bin immer noch bereit, es einzuhalten. Doch nur wenn Du es auch möchtest…aus eigener, innerer Überzeugung und nicht nur weil Deine Familie Dich zwingt!" Unter der fahlen Haut der Frau zeigte sich eine leichte Röte: "Gefalle ich Dir immer noch? Ich habe mich so schrecklich verändert. Ich bin alt geworden. Ich bin nicht mehr hübsch." Arthur seufzte leise. Dann zog er die schmale Gestalt vorsichtig an sich und legte seine Wange an die Ihre. Leise flüsterte er ihr ins Ohr. "Du bist so zerbrechlich und verschreckt. Was ist nur mit Dir geschehen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben? Ich erkenne Dich nicht wieder! Warum drängelt Dein Bruder so, damit wir heiraten?"

      "Arthur, er drängelt nicht und er zwingt mich nicht. Ich habe all die langen Jahre so auf Dich gewartet. Mein Bruder ist nur furchtbar verärgert, weil ich fünfzehn Jahre lang jeden anderen Antrag zurückgewiesen habe! Als Vater starb, hat Robert mir verboten, Dir nach Indien zu schreiben. Er sagte immer, Du wärst nur ein mittelloser Taugenichts ohne Zukunft und Potential. Er war felsenfest überzeugt, Du würdest mich unglücklich machen. Doch ich habe nie nachgegeben. Wenn Du mich also noch willst...? "

      "Wollen?", ging es Arthur durch den Kopf. Die Alarmglocken läuteten sturm. Wenn er seinem Verstand folgte und nicht seinem guten Herzen und dem Mitgefühl, das er für die Frau verspürte, die vor ihm stand, dann müsste er Kitty jetzt eigentlich offen und ehrlich ins Gesicht sagen, dass zwischen ihnen Welten lagen. Sie stand nicht mehr vor dem Jungen von 1793 gegenüber, sondern vor einem Mann, denn sie nicht kannte und von dem sie sich ganz offensichtlich ein völlig falsches Bild machte. Andererseits, was hatte er schon zu verlieren: Sein Herz lag zusammen mit Charlotte und dem Kind in Seringapatam begraben. Sarah wollte ihre Freiheit nicht verlieren…und er war Berufssoldat. Er würde gehen, sobald die Trommeln wieder anfingen zu schlagen. Napoleon Bonaparte wurde immer gefährlicher, seine Macht in Europa immer grösser. Wenn es Krieg gab, dann waren seine Chancen den vierzigsten Geburtstag zu feiern verschwindend gering. Generäle im aktiven Dienst starben nur ganz selten an Altersschwäche in ihren Betten. Er hatte in dieser Beziehung in Indien schon mehr Glück, als Verstand gehabt, doch Glück hielt nicht ewig…Natürlich hatte die gute Kitty in ihrem Zustand nicht viel zu bieten. Doch was konnte er einer Frau geben, außer einem Namen, einer gesellschaftlichen Stellung und einem gewissen Mass an finanzieller Sicherheit. Für Kitty war er außerdem noch einer realistische Möglichkeit schnell aus einer deprimierenden Umgebung zu fliehen. Arthur hatte ihren Bruder Longford und ihre Tante Elisabeth Pakenham nur kurz getroffen. Bereits diese kurze Bekanntschaft hatte ausgereicht, ihn zu überzeugen, dass so gut wie alles im Leben einer Frau besser war, als eine Zukunft in diesem düsteren, freudlosen Haus: "Katherine, “ sagte er ernst, “es geht nicht darum, ob ich Dich noch will. Ich habe Dir vor sehr langer Zeit und unter völlig anderen Umständen einmal einen Heiratsantrag gemacht. Damals wurde ich abgewiesen. Ein grausames Schicksal wollte es, das ich alleine aus Indien zurückgekehrt bin. Ich habe dort eine Frau, die ich über alles geliebt habebegraben …und unser gemeinsames Kind. In den Jahren nach ihrem Tod …“,er schüttelte den Kopf. Der Krieg und seine persönlichen Gespenster gehörten nicht zu diesem Gespräch, “Meine indische Vergangenheit hat an sich nichts mit dieser ganzen Geschichte hier zu tut und ich möchte hier und jetzt auch nicht darüber reden. Im Augenblick stellt sich lediglich eine Frage: Bist Du überzeugt, dass Du die richtige Entscheidung triffst? Ich habe nichts mehr mit dem jungen Mann gemein, in den Du Dich mit fünfzehn oder sechzehn Jahren verliebt hast.“ Kitty schlug die Augen nieder und nickte: “Ich bin mir darüber im Klaren, doch ich kann mich nicht anders entscheiden. Es ist der letzte Ausweg für mich.“ Arthur seufzte leise: “Gut, dann soll es so sein. Das Einzige, was ich Dir in diesem Augenblick geben kann, außer meinem Namen und finanzieller Absicherung, ist das Versprechen, dass ich mich redlich bemühen werde, in Eintracht und Freundschaft mit Dir zu leben.“

      Am 10.April 1806 wurden Kitty und Arthur in der St.George-Kirche in Dublin im engsten Familienkreis getraut. An diesem Frühlingsmorgen im April schien hell die Sonne, unter ihren Strahlen glänzten die Türme der kleinen Kirche und die schmalen, gotischen Fenster. Henry Lord Paget hatte es gerade noch geschafft, im letzten Moment gemeinsam mit Rowland Hill aus London nach Dublin zu kommen. Damit hatte auch Arthur seine Trauzeugen. Für alle Außenstehenden schien es, als ob diese Hochzeit das glückliche Ende einer langen, traurigen Geschichte war. Nach der Trauung ging es zu einem traditionellen, irischen Frühstück in den Garten von Geralds Pfarrhaus. Das Frühstück verlängerte sich nach alter Sitte bis in die frühen Morgenstunden des nächsten Tages und verdarb damit den Neuvermählten ebenso traditionell die Hochzeitsnacht. Robert Lord Longford war erleichtert gewesen, als seine Schwester ihre Unterschrift neben die von Sir Arthur Wellesley ins Kirchenregister gesetzt hatte. Arthur selbst stellte sich in dem Augenblick, in dem er die selbstzufriedene Miene seines brandneuen Schwagers bemerkte in seinem Inneren die Frage, ob er gerade die größte Dummheit seines Lebens begangen hatte, oder ob es richtig gewesen war, sein im jugendlichen Leichtsinn gegebenes Verspechen zu halten. Er hatte aus reinem Pflichtgefühl heraus eine Frau geheiratet, die er nicht mehr kannte, von der er nichts wusste und für die er, außer Mitleid nichts empfand. Sie war nicht mehr dieselbe umtriebige, fröhliche und lebenslustige Katherine Pakenham, der er im jugendlichen Übermut, mit neunzehn Jahren einen Antrag gemacht hatte und die er als junger Mann geliebt hatte. Und er war nicht mehr dieser weltfremde, verträumte und unerfahrene Junge, der im Mondschein an einem See Gedichte vorlas oder händchenhaltend in einer Gartenlaube sein Mädchen anschmachtete. Arthur hatte in zehn Jahren Krieg ausreichend Gespenster gesammelt, um selbst dem Henker von London Angst zu machen. Vieles, was er in Indien gesehen und getan hatte, hatte er nicht verdaute. Er vermied er es, sogar mit Menschen denen er vollkommen vertraute, über diese Dinge zu reden. Sie waren sein Geheimnis und würden es bleiben. Doch sein Verstand sagte ihm, dass er in dieser ganzen seltsamen Geschichte um die Heirat mit Kitty nicht der Einzige war, der Dinge verschwieg und er fühlte, dass die Geheimniskrämerei der Longfords oder auch die seines Bruders Gerald nicht durch Albträume und das berüchtigte „Soldatenherz“ erklärt wurden.

      Da sein Urlaub bald zu Ende ging und Arthur auch wegen der Parlamentseröffnung nach England zurück musste, schlug er Kitty vor, gleich aus Irland aufzubrechen. In London blieben ihnen dann noch genügend freie Tage, um sich gemeinsam eine schöne Zeit zu machen und vielleicht, um das Haus in der Harley Street einzurichten. Sie stimmte sofort zu und schien erleichtert, schneller als erwartet, ihrer Familie, Dublin und der grünen Insel den Rücken zu kehren. Zwei Tage später standen beide, zusammen mit Paget und Hill, an der Reling des Postschiffes von Dublin nach Liverpool. Der Wind kam von Achtern, so dass die Überfahrt schnell verlief. Kitty schien noch völlig ihren Emotionen hingegeben und Arthur hatte das Gefühl, dass wenigstens sie voll und ganz hinter ihrer Verbindung stand. Mit der Unterschrift in das Dubliner Kirchenregister, hatte sie die Vormundschaft ihres Bruders endlich abgeschüttelt. Sie lächelte, war unbeschwert und freute sich so auf das gemeinsame Haus in London, dass Arthur die grauen Strähnen im Haar seiner Frau plötzlich nicht mehr bemerkte. "Warum hast Du mir während all dieser langen Jahre eigentlich nie nach Indien geschrieben, Katherine?", fragte er sie. Er hatte einen Arm um Kittys Schultern gelegt und beide sahen zusammen auf die See hinaus. "Ich habe jeden Tag in diesen langen Jahren an Dich gedacht, Arthur! Als mein Vater damals verbot, dass wir heiraten und man Dich aus Pakenham Hall

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