Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

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Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban

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schwarzes Haar streichholzkurz geschnitten und nicht eingepudert. Das Gesicht kamen ihr auch irgendwie bekannt vor. “Ich bin überrascht, eine junge Dame vor mir zu sehen, wo ich nur ein wildes Kind in Erinnerung habe!“, half der Mann ihr ein wenig auf die Sprünge. Sarah schüttelte den Kopf und lachte: “General Sir Arthur Wellesley, Ritter des Bath-Orden, Sieger von Assaye, Argaum, Gawilghur und weiß der Himmel was noch alles ...“, entfuhr es ihr. Freundschaftlich nahm sie seine Hände in die Ihren und hielt sie ganz fest. Als sie noch ein Kind gewesen war, hatte sie diesen scheuen, etwas linkischen Iren, der so oft bei ihren Eltern zu Gast gewesen war immer sehr gerne gemocht: “Ich wusste gar nicht, dass Du wieder in London bist, mein lieber Arthur! Gütiger Himmel! Du hast Dich verändert! Ich erkenne Dich nicht wieder!“, Von ihrer letzten Begegnung mit Wellesley vor etwas mehr als zehn Jahren hatte Sarah noch eine wage Erinnerung an eine schüchterne, schmalbrüstige und etwas kränklich wirkende Vogelscheuche in einer abgetragenen, roten Uniform. Heute saß ein großer, breitschultriger und braun gebrannter Soldat mit kantigen Gesichtszügen und imposanter Adlernase neben ihr. Er strotzte vor Kraft und Gesundheit und machte überhaupt keinen schüchternen, verträumten Eindruck auf sie. Seine kalten Augen und der harte Zug um den Mund erschreckten Sarah sogar ein wenig: „Willkommen daheim, mein lieber Arthur! Ich freue mich, dass Du unbesiegt aus Indien zurückkehrst. Erzähl mir einfach alles. Was hast Du in den letzten Jahren angestellt?“

      „Erzähl mir lieber, was aus Dir geworden ist, Kleine.“, neckte Wellesley Sarah, „Unbesiegbare Generäle sind ein langweiliges Gesprächsthema!“ Der Offizier bot der jungen Frau den Arm an. Zusammen suchten sie sich einen Platz an einem Fenster, um abseits der Tanzfläche in Ruhe miteinander zu plaudern. Eine halbe Stunde später war Sarah in ihrer Erzählung bereits bei der Rückkehr nach England und dem abenteuerlichen Weg über den Kanal angekommen. „Wie hast Du das bloß angestellt? In dieser Gegend wimmelte es damals doch regelrecht von streitlustigen Franzosen.“, Wellesley war beeindruckt. Er hatte eine große Schwäche für unabhängige, intelligente Frauen. Er nickte Sarah bewundernd zu.

      „Ich habe mich verkleidet, Arthur. In Hosen und die Haare unter einer Mütze versteckt. Hungrige Studenten auf klapprigen Pferden fallen niemandem auf“, beendete sie belustigt ihre Geschichte, “und jetzt, wo Du alles über mich weißt, ist es nur fair, wenn Du mir von Indien erzählst. Wir haben hier ja lediglich den Trubel um Assaye mitbekommen. Papa hat mir...“ Ein kleiner Schatten huschte über das Gesicht des Generals. Kaum merklich verzog sich sein Mund, wie ungehalten. Doch seine guten Manieren gewannen schnell wieder die Oberhand. Er hatte keine Lust über den Krieg zu sprechen. Doch er wollte Sarah nicht verärgern. Darum beschloss er, die Flucht nach vorne zu wagen: „Wenn ich jetzt aufhöre, Dich mit Fragen zu quälen, gewährst Du mir dann diesen Tanz?“ Sarah verstanden, was man ihr höflich mitzuteilen versuchte. Sie seufzte ergeben, legte ihre Hand auf Wellesleys angebotenen Arm und schwebte an einer üppigen Blumendekoration vorbei auf die Tanzfläche. Die Kapelle begann eine Quadrille zu spielen. Sie hatte gerade noch Zeit ihre Füße und ihre Schleppe zu ordnen, als sie schon aufs Parkett gewirbelt wurde. Die Augen ihres Tanzpartners blitzten sie vergnügt und ein bisschen hinterhältig an. Zum Reden und Ausfragen blieb hier keine Zeit. Dazu war das Gedränge auf der Tanzfläche zu groß. Wer Zusammenstöße vermeiden wollte, musste sich konzentrieren. Schon bald stellte sich zwischen ihnen ein vertrautes Gefühl ein. Arthur war der erste Mann, mit dem Sarah je getanzt hatte. Es war vor einer halben Ewigkeit gewesen, auf einem Fest auf dem Landsitz ihrer Eltern! Sie hatte noch keine dreizehn Lenze gezählt. Von allen unbeachtet, war sie traurig in einer Ecke gesessen. Die jungen Herren hatten eine Vorliebe für junge Damen im heiratsfähigen Alter. Daran hatte sich bis zu diesem Tage nicht viel geändert. Keiner der damals eingeladenen Offiziere und Gentlemen wäre auch nur auf die Idee gekommen, mit einem Kind zu tanzen, nur um es zu amüsieren. Arthur hatte auch eine hübsche Kleine am Arm gehabt und sich mit ihr vergnügt. Doch irgendwann war ihm Sarahs tieftrauriger Blick aufgefallen und ihre sehnsuchtsvollen Augen, die sie auf die Tanzfläche gerichtet hatte. Ziemlich herzlos hatte er seine Kleine an irgendeinen Offizierskameraden weitergereicht. Und dann hatte er sich in aller Form vor Sarah verbeugt. Als die Musik verklang, knickste sie vor ihm und bedankte sich, genauso, wie sie es damals mit dreizehn Jahren getan hatte. Der kalte Schleier über seinen Augen hob sich kurz und machte einem Lächeln Platz: „Du siehst einfach bezaubernd aus, Sarah! Genauso bezaubernd, wie damals...“, flüsterte er ihr zu. „Damals hast Du mir meist Dornen aus den Fingern gezogen, oder mir die aufgeschlagenen Knie mit Deinem Taschentuch verbunden...“, erwiderte die junge Frau amüsiert.

      Die Herzogin von Richmond beobachtete ihre älteste Tochter auf der Tanzfläche, während sie gleichzeitig mit Lady Bessborough diskutierte. „Sarah beißt also doch nicht alle Männer.“, ging es ihr durch den Kopf. „Die beiden sind ein wirklich hübsches Paar, obwohl ich mir einfach keinen Reim darauf machen kann, wer der Mann ist.“ Sie fuhr noch kurz fort, ihren Gedankengang zu beenden, dann deutete sie für Lady Bessborough diskret mit dem Finger auf ihre Älteste. „Ich weiß nicht, wer das ist, meine liebe Georgiana! Was ich Ihnen aber mit Sicherheit sagen kann: Der Herr ist bezüglich der Modetrends der diesjährigen Saison nicht auf dem Laufenden. Sicher, es ist eine gute Garderobe. Er hat einen vorzüglichen Schneider ...aber dunkelgrün. Und diese Schlichtheit! Und dann noch kurz geschorenes Haar. Wenn er wenigstens eine ordentliche Perücke trüge!

      “„Wellesley“, entfuhr es der Herzogin von Richmond erfreut, “das muss Arthur Wellesley sein! Ich habe gehört, dass er aus Indien zurückbeordert wurde. Aber irgendwie erkennt man ihn nicht wieder.“

      Die Neugier der beiden Damen wurde schon bald befriedigt. Als die Kapelle eine Pause machte, bugsierte Sarah ihre Jugendfreundschaft zielstrebig in Richtung ihrer Mutter.

      In den Tagen, die dem Ball folgten, stellte Arthur fest, dass England sich während der letzten zehn Jahre, tief greifend verändert hatte. Seit 1793 befanden sie sich mit den Franzosen fast ohne Unterbrechung im Kriegszustand. Die Idee einer Invasion der britischen Inseln war für Volk und Regierung zu einer Zwangsvorstellung geworden. Seine irische Heimat wurde von Aufständen erschüttert. Die Franzosen hatten es geschafft, mithilfe katholischer Rebellen Truppen in der Killala-Bucht zu landen. König Georges Rotröcke hatten mit unbeschreiblicher Gewalt die Rebellen und ihre französischen Verbündeten niedergemetzelt. Die Gefahr der Invasion war damit vorläufig gebannt, doch die irischen Katholiken hassten die englischen Protestanten noch entschlossener als zuvor. Der Friede von Amiens war eine unwichtige Feuerpause gewesen. Anschließend hatte Premierminister William Pitt mit aller Kraft eine neue Koalition gegen Bonaparte geschmiedet. England hatte in dieses verzweifelte Ringen mit Frankreich mehr Menschen, wirtschaftliche Ressourcen und finanzielle Mittel eingebracht, als das Land sich eigentlich leisten konnte. Trotzdem war die Lage katastrophal. Lediglich der Krieg zu See gegen Napoleons Flotte war ein Erfolg. Zu Land schlugen der Kaiser und seine Marschälle jeden Gegner. Arthur hatte das Gefühl, dass dieser endlose Krieg das Land zusammengeschweißt hatte. Die Leute schienen auf den ersten Blick weniger selbstsüchtig und weniger individualistisch, als er sie in Erinnerung hatte. Sogar die vergnügungssüchtige, intrigante und zu Verschwendung neigende Aristokratie hatte sich etwas, Disziplin angeeignet. Es war eine überlebensnotwendige Qualität in einer schweren Zeit. Arthur hatte diesen Wandel nicht miterlebt. Er begriff nicht viel von dem, was er sah oder hörte. Doch sein Leben in Indien war Vergangenheit. Er musste lernen, sich in diesem Land, das er so wenig kannte zurechtzufinden. In Verlauf der nächsten Wochen hatte er eine Reihe wichtiger Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Sein erster Besuch galt aus diesem Grunde Robert Castlereagh, der im Kabinett von William Pitt als Minister das Ressort Kriegswesen und Kolonien verwaltete. Robert war, wie Arthur in Irland zur Welt gekommen und aufgewachsen. Sie waren gleichaltrig und seit ihrer frühesten Kindheit eng miteinander befreundet. Sie hatten in ihrer Jugend sogar einige Jahre Seite an Seite auf den hintersten Bänken des irischen Unterhauses gesessen und sich zusammen gelangweilt. Arthur hatte sich schließlich auf den Weg nach Indien gemacht. Robert Castlereagh hatte den Weg in die große Politik eingeschlagen. Als der General unangemeldet in Whitehall eintraf, verließ gerade ein Besucher das Amtszimmer des Ministers. “Los, lass uns gemeinsam zu Mittag essen!“, überfiel Robert, Arthur sofort, “jetzt, wo aus dem hässlichen Entlein endlich ein stolzer Schwan geworden ist, ist es förderlich für

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