Wie ein Dornenbusch. Wilfried Schnitzler

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Wie ein Dornenbusch - Wilfried Schnitzler страница 2

Wie ein Dornenbusch - Wilfried Schnitzler

Скачать книгу

Eskapade Mérida

       46 Neues Familienglück

       47 Endspurt ad infinitum et absurdum

       48 Rückkehr in die Heimat

       49 Nichts als Intermezzo

       Der Weg ist das Ziel

       50 Refugium Ecclesiae

       51 Überraschung, ein neuer Regens

       52 Exodus nach Trinidad

       53 Maracas

       Epilog

       Danksagungen

       Impressum

       Prolog

      No hay mal que por bien no venga

      Jede Wolke hat einen Silberstreifen am Horizont

      (Freie Übersetzung eines spanischen Sprichwortes)

      Die 'Zeit' ist eine Materie, an die man sich weder festklammern, noch von ihr fern bleiben kann. Ohne 'Zeit' gäbe es keine Entwicklung, keinen Fortschritt, nichts würde eine Rolle spielen, es wäre nur Stillstand. Natürlich gibt es Momente, da wünscht man sich eine kleine Zeitlang, dass die 'Zeit' stehen bliebe. Aber auch das ist reine Illusion, sie nimmt ihren Lauf. 'Zeit' ist nun einmal eine Achse, auf der alles ohne Anfang und Ende in Bewegung ist.

      Möchte man in die 'Zeit' vergangener Tage von deren Anfang bis zu deren Ende eindringen, kann das schwierig werden und sich als holperiger Weg entpuppen. Nähert man sich dann Schritt für Schritt dieser 'Zeit', häufen sich Hinweise auf eine Präsenz, ein eigenes Momentum, das es leichter macht, sich in Menschen und ihre Umgebung hineinzuversetzen. Das Verständnis für Vergangenes wird einfacher durch das Auffinden von Fakten und das Zusammenbringen von Einsichten und Interaktionen. Tabus und unausgesprochenes Kollektivbewusstsein von sich über die Jahre angehäufter Sensitivitäten, die sich um Zeit und Orte gewebt haben, werden verständlicher, alte Spuren werden lesbar. Wahrheiten benötigen keine Verklärung.

      Zeitgeschehen, Politik, Weltgeschichte, Menschen, ihre Gewohnheiten und Prioritäten vermengen sich in einem Topf voller Geschichten. Wo sind die Kolonien, die alten Empires geblieben? Ganz neue Staatengefüge waren entstanden und haben das Angesicht unserer Welt mächtig verändert. Zeitgeschehen birgt Tücken, besonders in längerem Rückblick. Eigene Emotionen müssen im Zaum gehalten und nichts hinein gestrickt werden. Um objektiv zu bleiben, ist es viel einfacher singulären Strömungen zu folgen.

      Deutschland und Europa, am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden von einer aristokratischen und städtisch-bourgeoisen Schickeria geprägt. Unser Held und seine Familie gehörten keiner dieser Schichten an. Das Leben auf dem alten Kontinent war für ihn kleinkariert, obwohl man dort die 'Belle Epoque' feierte mit wirtschaftlichem, technischem und künstlerischem Erblühen. Die Weltausstellung in Paris, die 1900 eröffnete, berauschte die Menschen in ihrem grenzenlosen Fortschrittsglauben. Im selben Jahr flog in Deutschland das erste Luftschiff des Grafen Zeppelin. In Amerika entfalteten sich freie Bürger, wo vor allem Leistung gefragt war, ohne das Gewirr der verstaubten Konventionen des alten Europas. Als dann der erste große, schreckliche Krieg des 20. Jahrhunderts zu Ende war, blieben grässliche Wunden, deren Narben nicht ermahnten, sondern nach Vergeltung schrien. Große Vermögenswerte waren verlorengegangen.

      Der Lebensweg unseres Hauptakteurs mäanderte zwischen kleinbürgerlicher Irrelevanz, Tatendrang, Großmannssucht und Ausweglosigkeit, publizistischer Anerkennung und gesellschaftlichem Niedergang. Was bewog ihn zu seinem Mega-Sprung ins zölibatäre Priestertum hinaus in fremde Länder hinein in völlig unbekannte Kulturen? Trieb ihn Einsamkeit oder Opportunismus? Sein Freigeist gestaltete sein Leben. Er war nur zufrieden, wenn er seine Welt selbst in die Hand nehmen konnte, ohne „Befehle von oben“. Sich ungebunden bewegen, nur sich selbst Rechenschaft schulden, respektiert werden und ein ungezwungenes, sorgenfreies Leben führen, das gewiss arbeitsreich sein durfte, das war sein Gusto. Sein Leben hatte immer Zyklen der Selbstständigkeit. Dies führte zwangsläufig in seinem Naturell zu sprunghaftem Aktivismus und hinterließ eine gewisse Unstetigkeit. Er schaukelte sich selbst in ungeahnte Bedrängnis und konnte auf Wogen des Glücks schweben. Wenigstens drei, wenn nicht sogar vier Persönlichkeiten rangen um Dominanz in ihm. Er war erfolgreicher Schriftsteller und Publizist, engagierter Philologe und Lehrer, und letztendlich dazwischen auch Theologe und Priester. Am wenigstens bewährte er sich in der Rolle des Familienvaters. Er konnte in verschiedene Identitäten schlüpfen, nebeneinander, nacheinander, abgekapselt oder ganz einfach gleichzeitig, ohne große Probleme. Das waren nicht Maskerade, keine Hochstapelei, eher schon Pragmatismus.

      Zuletzt bleibt das Kuriosum der 'Zeit', durch die er und die übrigen Akteure gespült wurden. Meine Damen und Herren, willkommen im Panoptikum!

      Am Ende seines nicht allzu langen Lebens musste wohl irgendwo in der Katechese von Pseudo-Gewissheiten etwas schief gelaufen sein. Stand vor uns ein Egomane oder ein großer Idealist, gar ein Träumer, schlimmer noch, ein verklemmter Spießer, der immer wegrannte und nicht fähig war sich Realitäten zu stellen? War er ein Schwindler, der sich vor der Familie, der Kirche, dem eigenen Gewissen versteckte und die Wirklichkeit einfach verdrängte? Bevor wir den Stab über ihm brechen, unterziehen wir uns der Sisyphusarbeit ein wenig Licht in dieses ach so aufregende und bewegte Leben zu bringen.

      Wenden wir uns Cornelius Lebenstopographie zu, den Hubbeln und Schluckaufs, den Auen und sanften Tälern. Erzählt hat sich die Geschichte von selbst.

       Das Ziel ist der Weg

       1 Jugend und Elternhaus

      Cornelius kannte in seinem jungen Leben kaum körperliche Arbeit. Auch sportliche Betätigung war ihm fremd. Dafür liebte er seine Bücher. Freunde brauchte er dazu keine. Zu Hause spielte er als Kind höchstens mit seinen Geschwistern, wenn dafür überhaupt Zeit blieb, denn er war der Älteste von vier Brüdern und vier Schwestern, mit dem Ergebnis, dass er eher auf die Kleineren aufpassen musste. Vater hatte eine strenge Hand, ohne sich wirklich viel um die Erziehung seiner Sprösslinge zu kümmern. Mutter arbeitete hart die Kinder durch die Schule zu bringen. Für den Besuch des Gymnasiums musste monatlich Geld auf den Tisch. Neben dem Haushalt, dem Mann eine gute Frau zu sein und dem ständigen Kindergebären, verließ sie jeden Morgen, sechs Tage die Woche, schon um vier Uhr das Haus, hastete zu den Bahngleisen und säuberte die Zugwaggons. Bei jedem Wetter. Um sechs Uhr drängten sich bereits die Leute wieder auf den hölzernen Sitzbänken. Vater war Weber und brachte nur mageren Lohn nach Hause.

      »Wir

Скачать книгу