Wie ein Dornenbusch. Wilfried Schnitzler

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Wie ein Dornenbusch - Wilfried Schnitzler

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das wäre schön, wenn ich die hier auch haben könnte, aber bisher ist jeder Versuch fehlgeschlagen. Wie häufig habe ich mir schon Pflanzen aus den Vereinigten Staaten kommen lassen. Ich denke, wir haben zu viel Regen hier. Die feuchte Luft lässt die Blätter schnell krank werden, sie bekommen einen weißen Belag, wie von Mehl überpudert und sterben dann schnell. Dagegen gibt es keine Medizin. Auch die Blüten leben nur ganz kurz. Aber dafür haben wir doch so viele andere schöne Gewächse, nicht wahr!?«

      Sie spazierten weiter und kamen zum Obst- und Gemüsegarten. Es drängte Cornelius förmlich dorthin, obwohl Frau Rodriguez meinte, dass das wohl nicht ganz so interessant wäre. Aber er sah wieder seinen Gärtnerfreund Jakob in der engen Schiffskabine vor sich, den er in diesem Augenblick gerne an seiner Seite gewusst hätte und dachte an das Gartenbüchlein, das er von ihm geschenkt bekommen hatte. Er wollte unbedingt in seinem ersten Pfarrgarten sein eigenes Obst und Gemüse anziehen. Hier, von diesen wohlgepflegten Beeten, konnte er vielleicht einiges lernen.

      »Vater, für unsere tägliche Küche brauchen wir nur ab und zu in die Stadt zum Einkaufen zu fahren. Mehl, Öl, Salz, Reis, und manchmal einen frisch gefangenen Fisch, das sind so im großen und ganzen die Dinge, die wir auf der Farm nicht haben. Mit allen anderen Nahrungsmitteln versorgen wir uns selbst oder kaufen, was die Gärten unserer Leute in den Camps liefern. Wir geben nämlich den Bewohnern, neben ihrem kleinen Hausgarten, auch ein Stückchen Land, wenn sie darum bitten und wir sicher sind, dass sie es auch nutzen. Allerdings müssen wir aufpassen, dass sie nicht eines schönen Tages behaupten, das wäre ihr Land und bauen sich darauf eine Hütte. Wir hätten dann plötzlich überall Eindringlinge. Aber ich denke, das haben wir ganz gut im Griff.«

      »Gemüse, wie Süßkartoffeln, Mais, Kürbis, Bohnen und Yucaknollen sind unkomplizierte Kulturen, die bauen wir nicht selbst an, da kann bei den Leuten kaum was schief gehen. Das gilt auch für Zitrusfrüchte, Avocado, Ananas, Bananen und sogar Kaffeebohnen. Was delikater ist, überlasse ich lieber unseren Gärtnern. Schauen Sie nur die herrlichen Melonen hier und meine geliebten Tomaten.«

      Cornelius trat näher und erkannte sofort wieder die roten Früchte, die Caspar und er zum ersten Mal auf dem kleinen Bauernmarkt in Algerien gesehen und mit wenig Gusto gekostet hatten. „War das alles schon so lange her?“ ging es ihm impulsiv durch den Kopf.

      Als ob Doña Rodriguez seine Gedanken hätte lesen können oder seine Augen es verrieten, auf jeden Fall fragte sie ihren Gast:

      »Sie kennen doch die Tomate, Reverendo?«

      Cornelius schüttelte den Kopf und erzählte ihr von seinem ersten Zusammentreffen mit dieser Frucht, musste auch zugeben, dass sie in Deutschland überhaupt noch nicht bekannt ist, und er den Geschmack etwas absonderlich findet. Frau Rodriguez nahm das mit Verwunderung zur Kenntnis.

      »Vater Cornelius, da müssen Sie aber noch viel lernen. Dieses wundervolle Gemüse benutzen unsere Indios schon seit Jahrhunderten wegen seiner Vielseitigkeit in Suppen, zum Fleisch, frisch als Salat, als Soße, ich weiß nicht, für was noch alles. Na, hier wird ja nun Ihre neue Heimat sein, da werden Sie schon bald nicht mehr ohne diese herrliche Frucht auskommen wollen.«

      Cornelius schaute sie etwas ungläubig an, konnte sich kaum eine Änderung seines Geschmacks vorstellen, womit er sicherlich verkehrt lag, wie sich bald herausstellen sollte. Da sah er auch schon ein anderes Gewächs, das ihn interessierte:

      »Was ist denn das für eine mächtige Frucht, so was habe ich ja noch nie gesehen?«

      Die Doña kam aus dem Staunen über ihren jungen Besucher nicht hinaus. Sie war ihm langsam gefolgt und beide standen nun vor einer stattlichen Papayapflanze. Der Stamm war wenigstens zwei Meter hoch, am oberen Ende standen wie in einem Schopf an langen Stielen weit ausladende Blattspreiten und um den Stamm darunter wuchsen üppig, dicht gedrängt, ovale Früchte, die unteren noch in Reichweite der ausgestreckten Hand, bereits gelbreif und wenigstens zwei und mehr Kilo schwer. Weiter oben, dichter bei den Blättern, wurden die Früchte immer kleiner und grüner. Man konnte für eine lange Zeit eine nach der anderen ernten, so wie sie reiften.

      »Das ist ein toller Baum, Doña, vor allem, der hat überhaupt keine Zweige und die Blüten und die Früchte wachsen direkt am Stamm. Das gibt es in meiner Heimat nicht. Kann man denn diese Früchte überhaupt essen? Sehen irgendwie wie Melonen aus, aber sprießen an einem Baum. Ist das vielleicht eine Kokosnuss?«

      „Jetzt reichte es aber“, durchzuckte es die Doña .

      »Vater, Kokosnüsse wachsen auf Palmen. Das hier ist eine Papaya und die hatten Sie heute zum Mittagessen, grün als Salat gekostet. Viel häufiger essen wir aber diese köstlichen Früchte erst, wenn sie ganz reif, süß und saftig sind. Ganz vorzüglich zum Frühstück. Ach, Sie müssten einige Tage bei uns bleiben, wir könnten Sie richtig verwöhnen. Und das fiel bestimmt nicht schwer, nachdem Sie so vieles noch nicht kennen. Solche Früchte hätte man Ihnen aber doch im Seminar anbieten können!?«

      Cornelius konnte dem nur zustimmen, hütete sich aber einen Kommentar darüber abzugeben. Er wollte vor der Dame auch nicht bekennen, dass er noch nie eine Ananas, eine Passionsfrucht oder eine Guave an einer Pflanze wachsen gesehen hatte. Es gab so unendlich viel, was er noch nicht kannte in dieser neuen, fremden Welt, das aber auch anderen einzugestehen, passte partout nicht in sein Weltbild eines Mannes, der vor allem Autorität ausstrahlen wollte.

      Vom Haus her hörten sie eine Stimme rufen. Unschwer war Herrn Grünbaums Ruf zu erkennen, der nach Cornelius suchte, um sich auf den Weg zurück in die Stadt zu begeben. Der Nachmittag war bereits ziemlich fortgeschritten. Wie so typisch in tropischen Gefilden, war die Sonne spätestens um 6 Uhr 30 am abendlichen Himmel nieder gegangen. Man hatte höchsten noch zwei Stunden bis dahin. Das war bis zur Stadt nicht im Hellen zu schaffen, gab wenigsten noch eine Stunde in der Dunkelheit, kein einfaches Unterfangen für den Kutscher, der auf dunkler Straße höllisch aufpassen musste, niemanden zu überfahren. Leider war der Mond in dieser frühen Abendstunde auch kein guter Verbündeter. Man hatte also schnell Abschied zu nehmen, und war auf dem Weg.

      Die nachmittägliche Hitze hatte angenehmer Temperatur Platz gemacht, und man kam mit ausgeruhten Pferden zügig voran. Cornelius hatte sich seit ihrer Abfahrt vorsichtig umgeschaut, wo wohl die Hüte verstaut sein könnten. Eigentlich war nicht genügend Platz im Zweispänner für voluminöse Fracht. Aber man wollte sie sowieso erst morgen abholen. Wie, als ob Herr Grünbaum seines Mitfahrers Gedanken lesen gekonnt hätte, griff er unter seinen Wagensitz und zog ein Prachtstück von einem Hut hervor, den er Cornelius vors Gesicht hielt. Der zögerte.

      »Na, wollen Sie ihn nicht anprobieren, Sie Charmeur. Unserer guten Señora Rodriguez so zu imponieren, dass sie sogar auf ihre gewohnte Siesta verzichtete und voluntierte, Sie in der Hitze des Nachmittags durch ihren Garten zu eskortieren. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass sie ihren sonst so immer bereiten Fächer zur Kühlung mit sich führte. Da haben Sie wirklich Eindruck hinterlassen. Ich kenne die beiden schon ziemlich lange. Haben wohl ihre Eigenarten, sind aber gewiss nicht wie so viele verstädterte Spanier. Lieben ihr selbstgewolltes Ausgeschlossensein. Ich muss Ihnen gestehen, dass ich schon etwas zögerte, Sie so ganz unangemeldet bei ihnen zum Mittagessen einzuführen. Es war aber auch nicht mehr Zeit genug, einen Boten vor unserem Eintreffen vorauszuschicken. Das haben Sie wirklich prima gemacht, sogar von Rodriguez auf der Hazienda eine Pfarrstelle angeboten zu bekommen. Er ist wirklich eine sehr eigenwillige Person, der darauf achtet, wen er um sich haben möchte. Und dazu noch in einer so sensitiven Stellung, wie die eines geistlichen Herrn, sozusagen der 'Socius confidere'. Ganz vortrefflich! Hätten Sie denn überhaupt Interesse? Ein solches Engagement hat bestimmt seine Attraktion, aber auch seine Schwierigkeiten. Um beim Letzteren zu bleiben, Sie wären so ziemlich auf sich alleine gestellt, und viel Raum zum Profilieren gibt es sicherlich auch nicht. Aber verlieren wir uns nicht in Hypothesen. Ich denke, seine Gnaden, der Bischof, hat da seine eigenen Pläne und Prioritäten, wie wir schon

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