Meister Joachim Pausewang. Erwin Guido Kolbenheyer

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Meister Joachim Pausewang - Erwin Guido Kolbenheyer

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eines freundlichen Geistes Gruß. Und hat unter deiner geschwärzten Decken auch keiner der wallenden Matrix den Königsmantel umbgehangen, daß sie in edlem Goldglanz erstünde, so hat uns doch dein sanfter Dämmerschein den Sammatmantel der Ruh und der Besinnlichkeit oft um die wogend Brust gelegt, darinnen Ohnrast und das Geschrei der Gassen eine wüst Composition gebrauet.

      Wohl ist Mörser und Stößel verstäubt und die Retort in Scherben. Die Luft reucht nach Lederschmier, so wir um Michaeli gekocht – nit nach Tinctura Mercurii oder Quinta Essentia Solis. Und bist dannoch ein Refugium und deines Friedens Gold war allerweg lauter. Wahrlich, es liegt der Stein der Weisen mannigsmal näher als man meinet; mußt nur ein bereit Herz han.

      Sitz also am Schreibpult nieder, deiner Kriegsbotschaft zu harren, und das ganz Haus harret mit. In der Tiefe bläht der chimisch Ofen sein Rauchfang als wie ein stutzend Roß die Nüstern. Die umgestoßenen Tiegel starren mit hohlem Blick nach der Tür hin. Über den Fensterrauten liegt ein matter Schleier, als war alle Trosthoffnung verblindt. Das Kohlenloch unterm Ofen sperrt sein erschrocken Maul: das erst Wort, und es müsset ihm ein Klaglaut entfahren. Die rauhen Wänd schaudern; unter ihrem Ruß schimmert die Blässe frostig, gleich den Wangen eines Köhlers, der seinen glühenden Meiler wanken und sinken sieht, und ist kein Tropfen Bluts in ihm.

      O bange Stund!

      Und da ich sitz und bei mir denk, wie ist doch aller Frieden entflohn – spielet sich ein freundlichs Bild in meine Imagination ein, als wollet es trösten: Da öffnet sich behutsam die Tür und weiland Meister Siegemund, dein lieber Ahn, steckt seinen Glatzkopf herein. Flüstert dann in den Gang:

      „Joachim! Joachim! Mulier non adest, die Frau ist nit hie, kumm eilig!“

      Ich folg ihm als sein Junggesell und Famulus in Arte, hab aber in der Eil mein Schabeisen mitgeführt.

      „Mehercul, Joachim, willdu dem Draconi Venenoso Mercurio mit eim Schabeisen über den Leib fahren, wenn er summa in Calcinatione erglühet? Oder willst mit deim Schusterschurz, so von Kleister und Pech stinkt, den vitrioligen Leu niesen machen?“

      Ich stürz in den Gadem zurück, wo der Jakob Böhme und der Struppe eifrig werken, und tu alles Profane von mir. Derweil hat der Meister seinen Tiegel aus dem Kohlenloch herfürgraben, wohin er ihn verstecket, und das Rosarium Philosophorum des Herrn Arnoldi de Villa Nova aufgeschlagen und sucht eifrig die Stell. Dann verrieglet er die Tür, obgleich deine Großmutter Magdalena es ihm aufs bestimmtest untersagt, sich allso an hellichtem Tage zu verrieglen; er aber meinet, es gehör zur Ars Magna ein Riegel für. Er stellt sich inmitten der Küchel auf.

      „Joachim, Talarem et …“ und zeiget auf die Glatz.

      Mußt ihm den schwarzen Talar umhängen, der war fast weit und hatt versenget Ärmel, da sie oft mitten in Arte über die Hand ins Feuer darglitten. Er raffet immer seinen Kunsthabit hoch, dann er war von kleiner, zierlicher Gestalt, wiewohl beleihet. Auf seine Glatz mußt hoch und steif die chimisch Hauben, so er mit schwarzen Zeichen bemalet – kunnt mir die Symbola nie deuten. Weiß nit, ob sie ein bösen Geist bannen und sänftigen möchten, den Geist meiner lieben Schwieger jedoch haben sie merklich erreget.

      Ich schür das Feuer, er setzt den Tiegel zurecht, die Matrix reget sich auch bald. Er deutet mir alles, da ich in Arte noch ein gar junger Has: Stochert in den Kohlen – das wär nur ein schlecht Naturalfeuer, aber in der Matrix steigt Ignis Spissus auf, das seie schon ein Artificalfeuer von hohem Grad, und er hoffet noch zum Tenuissimo, das ist dem feindünnsten Feuer, zu gelangen. Wirft nun eine Materia, die er fürsorglich mit Wachs umhüllt, in die kochende Matrix. Das zischt auf, der Meister weicht zurücke, ich renn in die äußerst Ecken, dann ich hatt kein sunderlichs Vertrauen zu seiner Composition, trotzdem er die Ledertinktur erfunden, und meinet immer, wir müssend einmal in die Luft gehn. Geschah aber nit. Wir lugen also wieder hin, und der Meister Siegemund erklärt mir:

      „Nun sein wir im dreißigsten Stadio und die sechst Seperatio gehet in sextam Conjunctionem über.“ Er klopft mir erregt auf die Schulter. „Joachim, famule et artis adepta, jetzt sein wir der Quinta Essentia ganz nahe: folget die siebend Separatio und die ist der groß Wurf! Joachim, die geht der Exaltatio voran, das ist dem Pelikane, der von seinem Blut die Jungen nährt. Dann zeigt sich zum ersten die Quinta Essentia. Sieh, sieh, wie die Matrix erglüht!“

      Meinet, solches wär schon Ignis Tenuissimus und ist ganz erfüllt von der Kunst, heißt mich eifrig den Balg drücken, erlangt das Rosarium Philosophorum, sucht hastig das Zeichen des flammenden Pelikans, springt ans Feuer, schlägt das Zeichen mit dem Rühreisen nach der blauen Flamm hin, so über der Matrix zuckt, und ist ganz entzückt …

      Pochts unsanft an die Tür. Der Meister hälts vor seinen Geist, schwingt voll Inbrunst des flammenden Pelikans Symbolum und flüstert: „Ecce Spiritus Pelicani!“ Indem rüttlet deine liebe Großmutter beherzt am Schlosse und ruft: „Siegemund! Siegemund!“ Er stutzt, Zorn wölkt seine Stirn, der donnert dawider: „Inhibemus! Niemand darf ein!“ – „Siegemund, tu auf, Joachim, wenn du nit …“ – „Mulier taceat in Arte!“ schreit er voll Grimm. Da pocht es hart an den Pfosten, nit wie Fingerknöchel sundern hülzern, und die Meisterin ruft nur: „Joachim!“ – So muß ich wohl den Riegel ziehen. Indem ist auch das Feuer in Verwahrlosung gesunken, wo es sollt am schärfsten geblasen werden, und die Matrix ist von der Exaltatio weit ab; überzieht sich gar mit einer dunklen Haut. Dein Ahn langt seine magische Mutzen vom Kopf und druckt sie für die Brust. Er schaut in den Tiegel, als wie ins offen Grab all seiner Hoffnung. Ich aber entweich in den Gadem.

      Bald kummt er auch dahin, bindt sich unter Seufzen den Schurz um und hämmert drauf los, daß wir drei Gesellen meinen, es müsset der Leisten springen. Nach einer Weil streckt er seinen Arm mit dem Hammer in die Luft.

      „Ihr lieben Gsellen, Jakob, Chrysander und auch du, Joachim, obwohl du allem vor solltest auf deinen Meister Siegemund Wutke hörn! Wir seind alle vier gute Protestanten. Aber item lasset euch gleichwohl bedeuten: ist nit alls des Teufels, was zu Babel gelehret wird, also exempli causa ist Coelibat nit allerweg zu verachten. Der Herr Paulus saget gar wohl seinen Korinthern in capite septimo: ,Der Mann leiste dem Weibe ein schuldige Freundschaft' – aber er fügt merklich hinzu: ,Desgleichen das Weib dem Manne!‘ Und er lehrt weiter: ,Ich sage den Ledigen, es ist ihnen gut, wenn sie auch bleiben wie ich‘, und der Herr Paulus ist ohn Wank ledig blieben, ihr guten Gesellen.“

      Er hebt seine Stimm gewaltig gen den Herd hin.

      „Und fraget weiter der Herr Paulus im selbigen Kapitul: ,Was weißt du, Weib, ob du den Mann werdest selig machen?‘ und sagt zum Beschluß: ,Endlich, welicher heirat, der tuet wohl; welicher aber nit, der tuet besser!‘“

      Wir drei Gesellen lugen heimlich, da unser Meister also spricht, hinüber zum Herd, dort ist die Meisterin emsig, dann es geht auf Mittag, und neben ihr die Jungfer Christin. Ach, zier und flink, und die süßen Wangen sein lieblich vom Feuer überhaucht und blühen vor Geschäftigkeit! Die beiden Frauen lächlen einander ohnmerklich zu, also daß wir alle drei unsres Meisters Rat vor gering anschlagen und bei uns denken, der Herr Paulus wär nit gar so grimmig gewest, wann ihm unser Jungfrau Christin sein Mittagessen gekocht hätt. Gleichwohl druckts mir schier das Herz ab, und der Jakob runzlet die Stirn finster, da wir verstohlen nach dem Herd geblickt; wir waren unser drei, und die Jungfer Christin war nur eine. Der Struppe aber seufzet nit, sundern lachet hell auf, als seine Art war. Der Meister verwies ihms hart, und die Christin ergriff eilig den Krug, Wasser zu holen.

      Und mit ihr ist das Bild entwichen. Ich schreck auf als wie ein armer Landfahrer, der sich im süßen Heu verkrochen hat und nun erwacht, dann seine Sohlen brennen ihm schmerzlich. War nur ein Traum, flusterts in seiner bangen Brust – und er reibt die Augen. Trüb ists worden allumher und ein Nebelreißen hat ihn kühl genetzt. Was liegt dazwischen? Nichts, dann ein Augenaufschlagen. War er nit auf der Glatzer Reichsstraßen

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