Adda Fried. Angelika Nickel
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»Von mir aus.« Adda zog gelangweilt die Schultern hoch. Solche Kunden gab es leider auch. Sie schaute immer noch, seine Bestellung abwartend, zu ihm hin. »Ich schließe um sechzehn Uhr, bis dahin sollten Sie sich entschieden haben, was Sie möchten.«
»Pack mir zwei belegte Brötchen mit Schinken ein. Aber kein Ei drauf, dafür mehr Salat. Und ‘nen Kaffee zum Mitnehmen.«
Adda packte alles zusammen, der Mann bezahlte und ging grußlos davon.
»Solche Kunden, und das, schon am frühen Morgen.« Der Anfang Fünfzigjährige schaute dem Mann kopfschüttelnd nach.
»Solche muss es auch geben, sonst würdet ihr Lieben doch gar nicht so auffallen.«
»Du hast immer einen Spruch, den du draufsetzen kannst, wie?« Der Mann zahlte seinen Kaffee, ließ sich noch eine Currywurst zum Mitnehmen einpacken, dann ging auch er wieder zurück an seine Arbeit, während Adda dem aufkommenden Frühstücksansturm nachzukommen versuchte.
Kurz vor Mittag kehrte ein wenig Ruhe ein.
Adda ging vor den Imbisswagen, setzte sich an einen runden Holztisch und trank ihren Kaffee, während sie den Autofahrern zusah, die in die angrenzende Tankstelle einfuhren.
Im Radio wurde Regen angesagt, der auch nicht lange auf sich warten ließ, so dass der Imbiss an diesem Tag ziemlich wenig Umsatz machte. Adda auf Grund dessen, weit früher als normal, Feierabend machte und sich auf den Weg nach Hause begab.
2 - Jagdfieber
Die Titelmusik von 16:50h ab Paddington Station dröhnte durch Addas Wohnzimmer, während an ihrer Hand der Curryketchup wie Blut entlang tropfte. Adda verfolgte mit Spannung das Geschehen des alten Schwarz-Weiß-Klassikers mit Margaret Rutherford in der Hauptrolle. Für Adda ohnehin die Miss Marple Darstellerin schlechthin.
Sie biss in ihre Currywurst. »Das wär’s doch. Ich als Miss Marple! Oder Adda Fried auf Mörderjagd!«, murmelte sie mit vollem Mund vor sich hin. Die Vorstellung, dass sie, ähnlich der alten Miss Marple, auf Verbrecherfang ging, die hatte was für sich. Adda überlegte angestrengt, was sie tun könnte, um sich in diesem Metier engagieren und Fuß fassen zu können. Hastig stand sie auf, holte den Mannheimer Morgen, schlug den regionalen Teil auf; doch sie fand nichts, was auch nur annährend auf ein Verbrechen, wenn nicht sogar Mord, hingewiesen hätte.
»Mist!«, schimpfte sie. Dann kam ihr eine Idee! Wozu kannte sie Polizisten, und half zusätzlich im Polizeihundesportverein aus! Jetzt wusste sie, was zu tun war. Beim nächsten Mal, wenn sie bei den Grünen Jungs sein würde, würde sie diese ins Gebet nehmen und mal so richtig tacheless mit denen reden. Und wehe, die kamen nicht mit einem unaufgeklärten Mordfall rüber, dann könnten sie sehen, wer ihnen zur nächsten Faschingsperiode die Krapfen buk!
Ja, das würde sie tun!
Adda war euphorisch. Ihr Jagdfieber war geweckt. Sie hatte Lunte gerochen, und war gierig nach Blut, und danach, einen Fall zu klären. Zu der deutschen, der Mannheimer Miss Marple, zu werden.
Adda Fried, die Oma auf Mörderfang.
Der Schlusstakt von 16:50h ab Paddington Station erklang. Adda stand auf, schaltete die Kiste aus und ging ins Bett. Sie brauchte lange, bis sie endlich in den Schlaf fand. Zu aufgewühlt war sie in ihren Gedanken, zu bestrebt, ein neues Terrain zu betreten. Das Terrain der Verbrecherjagd!
Gleich morgen früh würde sie ihre Tochter Elfriede anrufen, und ihr von ihrem neusten Vorhaben erzählen.
3 - Gereifter Plan
»Adda, das ist der größte Blödsinn, den ich je von dir gehört habe.« Elfriede schüttelte ablehnend ihren blonden Lockenkopf.
»Lass sie doch. Wenn deine Mutter glaubt, die Miss Marple von Mannheim zu sein, dann nur zu.« Kaspar Theater nahm Elfriede seine Coke ab und setzte sich an den Stammtisch des Vereinslokals.
»Du brauchst dich gar nicht lustig über mich zu machen, Kaspar. Besser wär’s, du gäbest mir ’ne Info, ob ihr irgendetwas über einen ungeklärten Mordfall vorliegen habt«, rief Adda dem Polizisten hinterher.
»Adda, du weißt doch, dass, selbst wenn Kaspar etwas wüsste, er darüber schweigen muss.«, verteidigte Elke Theater ihren Mann.
»Papperlapapp, das ist doch nur eine Ausrede!« Adda sah ihre Tochter Hilfe suchend an. »Sag du doch auch mal was, Elfriede!«
»Was soll ich denn dazu sagen? Ich halte deine Idee genauso verrückt wie Kaspar.«
»Ihr werdet schon sehen, nicht mehr lange, und mir fällt ein Mordfall direkt vor die Füße.«
»Ganz bestimmt, wenn du übers Kabel deiner Glotze stolperst«, lachte Kaspar, »und dabei gerade der Tatort läuft.«
»Blödmann! Alter Doofkopp.«
»Nur keine Beamtenbeleidigungen, Adda!« Theater konnte fast nicht mehr vor Lachen.
»Ach, ihr könnt mich alle mal! Elfriede, fahr mich zum Imbiss. Ich muss dort noch sauber machen.« Es war Adda anzumerken, wie angestoßen sie war. Sie nahm ihren Kaffee, setzte sich an einen freien Tisch, und schmollte solange, bis Elfriede endlich Zeit hatte, und sie zum Imbiss fuhr.
»Und wenn auch alle meinen, dass ich verrückt geworden bin, denen werde ich es zeigen! Wollen doch einmal sehen, ob es nicht doch irgendwo einen unaufgeklärten Fall gibt«, schimpfte sie, während sie die Friteuse vom Fett befreite, das Fett wechselte und den Kühlschrank putzte. Adda war so wütend, dass sie den Imbisswagen von oben bis unten wienerte, schrubbte und putzte.
Vorbeigehende Fußgänger sahen ihr belustigt zu.
Als Adda sich beobachtet fühlte, hielt sie inne, sah zu den Leuten hin und rief: »Ihr werdet’s schon noch sehen, ich bin die deutsche Miss Marple. Mein Plan, der ist ausgesprochen ausgereift. Ich kriege meinen Fall, und dann muss mir jeder Abbitte leisten. Mir, Adda Fried, der Miss Marple von Mannheim!«
Einer der Passanten sah sie kopfschüttelnd an. »Und ich bin der Schah von Persien«, rief er, wandte sich seiner Freundin zu, und sagte: »Lass uns gehen, Schatz, bei der Alten ist doch ‘ne Schraube locker.«
»Das kann man nicht wissen. Manchmal stolpern ganz normale Bürger ins Verbrechen hinein. Und ich weiß, von was ich rede, immerhin lehre ich Kriminologie an der Abendschule«, kam ihr ein vorbei gehender, kleiner dicklicher Mann zu Hilfe. Der ältere Mann zog den Hut, lächelte Adda kurz zu, dann ging auch er wieder seiner Wege.
Adda putzte und schrubbte, bis Elfriede erneut kam, mitgebrachte Getränkekisten in den Imbisswagen stellte, und ihre Mutter danach nach Hause fuhr.
4 - Pommes mit Ketchup
»Wozu soll ich mir eine Pommesfabrik ansehen?«
»Damit, liebe Mutter, du auch einmal siehst, wie diese Dinger gemacht werden, die du jeden Tag verkaufst.« Elfriede hatte ihre Mutter am frühen Samstagmorgen abgeholt und