Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington. Michael Schenk

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Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington - Michael Schenk Die Pferdesoldaten

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eine der letzten Niederlassungen zwischen den großen Seen und dem Mississippi River.

      Im Gegensatz zu etlichen anderen Handelsposten, die eher einem Fort glichen, war Farrington nie befestigt worden. Die kleine Ansammlung von Blockhäusern und Hütten hatte keinen Feind zu fürchten brauchen, denn Astor achtete streng darauf, dass die Gesellschaft einen fairen Handel mit den ansässigen Indianern trieb. Waffen und Alkohol gehörten nicht zu den Handelsgütern. Möglicherweise trug dies zu dem friedlichen Nebeneinander bei.

      Vor fünf Jahren waren neue Weiße in das Gebiet gekommen.

      Ein Treck aus dreißig Planwagen, die von Rindern gezogen wurden und denen eine ganze Schar Hunde und Hühner folgte. Dieser Treck brachte Menschen nach Farrington, die sich hier ansiedeln wollten. Es waren Deutsche unter der Führung des Grafen Wilhelm von Trauenstein.

      Von Trauenstein hatte sich den Mainzer Adelsverein zum Vorbild genommen, der seit dem Jahr 1842 die Auswanderung nach Amerika förderte. In Deutschland herrschten Armut und Not, und mancher Adliger sah sich verpflichtet, dem Elend entgegen zu treten und den Notleidenden eine neue Perspektive zu eröffnen. Diese Bestrebungen wurden durchaus unterstützt. Neu gegründete Staaten wie Texas warben um Einwanderer aus Europa, um ihre Gebiete zu besiedeln. Der Adel in den verschiedenen deutschen Ländern gedachte bei seiner Unterstützung durchaus, manchen potenziellen Aufrührer auf bequeme Weise loszuwerden. Die deutschen Händler wiederum hofften, dass die neuen Siedler auf dem fernen amerikanischen Kontinent zu neuen Absatzmärkten beitragen würden.

      Der Mainzer Adelsverein hatte Texas zum Ziel und versprach den Aussiedlern 130 Hektar Land je Familie, die Versorgung mit Lebensmitteln bis zur ersten eigenen Ernte, Kirchen, Schulen und ärztliche Betreuung. Manche dieser Versprechen konnten, aufgrund der knappen Finanzmittel, nicht eingehalten werden. Dennoch siedelten bis zum Jahr 1848 bereits fast 7.500 Deutsche in Texas und gründeten Städte wie „New Braunfels“ und „Fredericksburg“.

      Der rüstige Graf von Trauenstein war ein eher bodenständiger Witwer, wurde jedoch von seiner hübschen Tochter Josefine zur Ausreise motiviert, die jeden Bericht über das ferne Land mit Begeisterung verschlang und ihren Vater förmlich mit dem Virus Amerika ansteckte.

      Graf Wilhelm von Trauenstein gründete seinen eigenen „Adelsverein“, denn ihm erschienen die nördlicheren Regionen der U.S.A. weit verlockender. Der Norden und Westen lockten mit fruchtbarem Boden, saftigen Weideflächen und üppigen Wäldern. Eine gute Grundlage für Besiedlung und Handel. Gemeinsam mit seiner Tochter warb er für die Aussiedlung und konnte eine Reihe von Familien für die Idee begeistern. So investierte er sein Vermögen in die Reise und in die Ausrüstung der Auswanderungswilligen. Er scheute nicht davor zurück, Milchkühe und Hühner aus der alten Heimat mitzunehmen. Nicht alle überlebten die strapaziöse Reise, doch nach über einem Jahr erreichte man Amerika und entschied sich, im nördlichen Teil nach einem geeigneten Ort zu suchen.

      Der beschwerliche Treck führte die Deutschen eher zufällig in die Nähe des Lake Spirit, im nordwestlichen Wisconsin, und zum alten Handelsposten Farrington. Man entschied spontan, dass hier die richtige Stelle für die neue Heimat sei. Das Land bot alles, was die Siedler zum Überleben und zu ihrer Entwicklung benötigten. Das einzige Problem schien in der Tatsache zu bestehen, dass Farrington direkt an der Grenze zum Indianerland lag.

      Im Gegensatz zu den gebürtigen Amerikanern, hatten die Einwanderer aus Deutschland kaum Vorbehalte gegen die Ureinwohner des Kontinents. Von Trauenstein sah es nicht als von Gott gegebenes Recht an, sich das Land einfach zu nehmen. Er war klug genug, um zu erkennen, dass eine friedliche Koexistenz nur möglich war, wenn man sich mit den Ureinwohnern einigte.

      Das Erscheinen der Deutschen war nicht unbemerkt geblieben und schon bald, nachdem der Treck in der Nähe des alten Handelspostens der American Fur Company lagerte, erschienen die ersten Sioux-Indianer. Mit dem fairen Handel der AFC hatten die Roten gute Erfahrungen gemacht, doch einer Schar Siedler standen sie misstrauisch gegenüber. Zu oft waren Weiße in die Indianergebiete eingedrungen und hatten sich das Land einfach genommen.

      Die Deutschen empfingen die Indianer mit offenen Armen, führten sie durch das Lager und machten ihnen Geschenke. Von Trauenstein sprach ohne Falsch, erklärte die Situation und die Sehnsüchte seiner Leute und bat höflich um ein Gespräch mit den Stammesführern.

      Schon kurz darauf erschien Häuptling Many Horses mit einer Delegation am Handelsposten. Der ergraute Chief bot einen imposanten Anblick, in reich besticktem Leder und einer weit ausladenden Federhaube. Die Haut hatte eine kupferrote Tönung und wirkte sehr dunkel, die Nase war scharf geschnitten und die Augen blickten ebenso klar, wie der Verstand des Häuptlings scharf war.

      In gewisser Weise ähnelten sich Many Horses und von Trauenstein. Der Graf war von der Sonne gebräunt und die Haut bildete einen scharfen Kontrast zu dem schlohweißen Haar und Vollbart des Adligen. Gelegentlich nutzte er ein Monokel als Sehhilfe und stützte sich auf den silbernen Knauf eines Gehstocks. Seine Stimme war sanft und kultiviert.

      Die Deutschen waren erleichtert, dass viele der Indianer, aufgrund der Handelsbeziehungen zur AFC, die Sprache der Weißen beherrschten. Oft weitaus besser, als dies für sie selber galt. Nur eine Handvoll der Siedler beherrschte, mehr schlecht als recht, das Englische.

      Das Treffen fand vor dem Lager des Trecks statt. Die rund 240 Deutschen standen vor den Wagen und sahen neugierig zu. Männer, Frauen und Kinder, die verstanden, welche Bedeutung dieses Gespräch für ihre Zukunft haben musste. Josefine von Trauensteins Wunsch entsprechend, war keiner der Siedler bewaffnet, auch wenn Gewehre und Pistolen griffbereit in den Wagen lagen. Die Lakota, von den Weißen Sioux genannt, waren zu Zehnt und hatten sich, ebenfalls der Bedeutung des Augenblicks bewusst, in ihre Festtagsgewänder gekleidet. Sie verbargen ihre Waffen nicht, doch ihre Blicke verrieten Neugierde und keine Feindseligkeit.

      Der Graf kannte sich in den Gebräuchen der Indianer nicht aus und wählte seine Tochter Josefine, Doktor Penzlau und Pfarrer Dörner als Begleiter. Die drei hatten Klapphocker bei sich, doch als sie bemerkten, dass die Gesprächspartner im Schneidersitz auf dem Boden saßen, folgten sie deren Beispiel, um auf Augenhöhe miteinander reden zu können.

      „Wir kommen in Frieden, Häuptling“, versicherte von Trauenstein, „und wir sind auf der Suche nach einer neuen Heimat. Wir hoffen auf eure Erlaubnis, uns hier ansiedeln zu dürfen und wollen die Früchte unserer Arbeit mit euch teilen.“

      Chief Many Horses kannte ähnliche Beteuerungen schon von anderen Weißen. Es gab eine ganze Reihe von indianischen Stämmen, welche solchen Versprechen geglaubt hatten und bitter enttäuscht worden waren. Dennoch hörte er aufmerksam zu, beobachtete die Körpersprache seiner Gegenüber und lauschte dem Klang der Stimmen, ob ein Unterton von Falschheit in ihnen mitschwang. Vor allem jedoch, sah er in die Augen des Grafen und dessen Begleiter.

      „Die Not hat uns aus unserer alten Heimat vertrieben“, fuhr Graf von Trauenstein mit ernster Stimme fort. „Viele leiden dort Hunger und sterben. Wir sind hierher gekommen, weil wir eine neue Heimat suchen, in der wir in Frieden leben können. Dies ist ein wundervoller Ort und hier würden wir uns gerne niederlassen und unsere Kinder aufziehen. Im Gegenzug werden wir ehrlichen Handel mit euch treiben. Wir werden Fleisch, Leder, Häute und viele Dinge mehr benötigen und wir können euch dafür Eier, Milch, Käse und andere Dinge bieten. Wir haben gute Handwerker und einen sehr fähigen Arzt.“

      „Werden auch andere kommen?“, fragte Many Horses mit ruhiger Stimme. „Wir kennen euch Weiße und die Flut, welche der ersten Welle folgt.“

      „Wir suchen ein Heim für uns, unsere Kinder und deren Kindeskinder. Wir hoffen, dass unsere Gemeinschaft wachsen wird, doch ich kann nicht sagen, ob uns andere folgen. Wir sind die einzigen Deutschen, die sich hierher auf den Weg machten, aber es kann natürlich sein, dass es Menschen gibt, die sich uns anschließen

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