Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington. Michael Schenk

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Die Pferdesoldaten 06 - Keine Gnade für Farrington - Michael Schenk Die Pferdesoldaten

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versuchte, sich in ihre Lage zu versetzen. Wie würden sich die Bewohner seines Dorfes in der alten Heimat verhalten, wenn sich immer mehr fremde Eindringlinge niedergelassen wollten? Selbst unter direkt benachbarten Dörfern gab es gelegentlich Rivalitäten. Er fühlte, dass das Schicksal der Deutschen die Indianer nicht unberührt ließ, doch ebenso, dass es eines Beweises des Vertrauens bedurfte.

      Was der Graf nun vorschlug, war ein enormes Wagnis. „Wir sind bereit, unsere Waffen abzugeben und uns unter den Schutz eures Stammes zu stellen.“

      Sitting Horse, einer der Unterhäuptlinge, zeigte seine Überraschung. „Ihr würdet eure Waffen abgeben?“

      Von Trauenstein nickte. „Wir würden allerdings gerne eine Handvoll Flinten für die Jagd behalten.“

      Many Horses blickte zu den Planwagen und Siedlern hinüber. „Und deine Deutschen sind damit einverstanden?“

      „Wenn wir dafür hier bleiben können, dann werden sie das sein.“

      Der Chief schwieg einen Moment. „Gehe, Weißhaar, und frage sie.“

      Die Gruppe der Weißen erhob sich und ging zum Lager hinüber, während die Sioux erregt miteinander diskutierten. Sie verstummten, als bei den Weißen eine kurze Diskussion entbrannte. Doch dann kehrte der Graf zurück. Vier Männer trugen Decken, die sie vor den Sioux auf den Boden legten.

      Die Indianer starrten nachdenklich auf das Sammelsurium an Waffen, welches ihnen präsentiert wurde. Überwiegend Büchsen und Flinten aus deutscher Fertigung, die sich durch die sorgfältige Verarbeitung und Ziselierung oder prachtvolle Schnitzereien von den meisten amerikanischen Waffen abhoben. Dazu kamen ein paar einschüssige Vorderladerpistolen und eine Handvoll moderner Revolver.

      „Das sind alle Waffen?“, fragte Sitting Horse.

      „Alle Schusswaffen“, bestätigte einer der Weißen, dessen Gesicht zeigte, dass er sich nicht gerne von ihnen trennte.

      „Ein paar würden wir, wie ich bereits erwähnte, gerne für Jagdzwecke behalten“, fügte von Trauenstein hinzu. „Zudem soll es in den Wäldern gefährliche Raubtiere geben.“

      Many Horses tauschte ein paar Sätze mit seinen Begleitern in der Stammessprache Lakota, bevor er sich wieder dem Graf zuwandte und auf die Ansammlung von Waffen wies. „Ihr beweist uns euer Vertrauen und so werden wir euch auch das unsere beweisen. Nehmt eure Waffen wieder an euch.“

      Nun war es an den Deutschen, überrascht zu sein. „Ihr gebt sie uns zurück?“

      Many Horses lächelte. „Dies ist ein wildes Land und ein Krieger muss in der Lage sein, seine Familie zu schützen.“

      „Und wir dürfen bleiben und hier siedeln?“

      „Solange ihr den Frieden wahrt und die zu treffende Vereinbarung einhaltet, seid ihr uns willkommen.“

      Josefine von Trauenstein war überwältigt und vergaß ihre Erziehung, die sie zur Zurückhaltung mahnte. Sie wandte sich dem Lager zu und stieß einen triumphierenden Schrei aus. „Wir dürfen bleiben!“

      Um die Lippen von Many Horses spielte ein verständnisvolles Lächeln, als der Jubel der Deutschen herüber brandete. „Lasst uns die Vereinbarung treffen und die Pfeife rauchen, Weißhaar.“

      Es gab keinen schriftlichen Vertrag. Nur die mündliche Übereinkunft. Many Horses und von Trauenstein besiegelten diese mit Handschlag und dem kreisenden Kalumet, mit dessen Rauch alles besiegelt wurde.

      Die deutschen Familien machten sich mit Eifer und der ihnen eigenen Gründlichkeit an die Arbeit. Der Graf hatte darauf geachtet, dass die Neusiedler eine Mischung aus Handwerkern, Bauern und Züchtern waren, die eine solide Basis für den Aufbau der neuen Heimat bildeten. Im Gegensatz zu anderen Deutschen verzichteten sie darauf, der Siedlung einen deutschen Namen zu geben, der an die alte Heimat erinnerte. Sie beließen es bei Farrington, denn so war der Ort auf den Karten eingetragen.

      Bald hallten das Schlagen von Äxten und das Krachen stürzender Bäume durch den Wald. Die deutschen Holzfäller kannten die Gefahren, die Holz durch Insektenbefall drohten und so wurden die Stämme sorgfältig von ihrer Rinde befreit, bevor man sie verbaute oder zu Bohlen und Brettern verarbeitete.

      Eine ganze Reihe eingeschossiger Häuser entstand. Das Erdgeschoss in typischer Blockbauweise, denn die Winter in Wisconsin waren hart und wenn man die Fugen zwischen den Stämmen sorgfältig mit Moos oder Lehm stopfte, dann bot die massive Konstruktion den besten Schutz vor der grimmigen Witterung. Das Dachgeschoss war hingegen eine Konstruktion aus dicken Balken und Bohlen, und wurde mit selbstgefertigten Holzschindeln gedeckt. Jede Familie bekam ihr eigenes Heim und der kleine Ort begann sich parallel zum Waldrand hin auszubreiten.

      Der Graf hatte einen genauen Plan entwickelt, wie „seine“ Stadt aussehen sollte. Eher untypisch verlegte er die wichtigsten Gebäude nicht ins Zentrum der Siedlung, sondern an deren westlichen Rand. Damit wollte er demonstrativ bewirken, dass die indianischen Nachbarn eine direkte „Anlaufstelle“ erhielten, denn hier entstanden das Rathaus und ein großer Gemeinschaftsbau, über dessen Vordach ein großes Schild mit der Bezeichnung „Josefine´s Saloon“ befestigt war. Neben der Kirche waren dies die einzigen zweigeschossigen Häuser der Siedlung. Die Deutschen hofften darauf, dass die Sioux die Gelegenheit zu freundschaftlichen Besuchen nutzten.

      Die Tochter des Grafen übernahm die Leitung des Saloons, der ihren Namen trug und der zugleich als Versammlungsraum der Bürgerschaft und Gemischtwarenladen diente. Gelegentlich sorgte hier die kleine Laienspielgruppe der Siedler für Tanzabende mit Musik oder führte Theaterstücke auf. Die von Trauensteins versuchten, einen Teil ihrer Kultur zu wahren und in der „Wildnis“ ein Stück Zivilisation zu führen, daher entsprach der „Saloon“ nicht dem amerikanischen Vorbild. Er war vielmehr in zwei Salons geteilt, von denen einer als Damen-Club und der andere als Herren-Club geführt wurde.

      Dem Saloon schräg gegenüber lag das Rathaus, in dem zugleich die von Trauensteins wohnten. Im Untergeschoss befand sich die Verwaltung, in dem sich der Gemeinderat traf. Dieser setzte sich aus dem Grafen als Bürgermeister, Pfarrer Dörner, Doktor Penzlau und dem Schmied Hubertus Keil, als Vertreter der Bürgerschaft, zusammen. Im Obergeschoss lagen die Privaträume des Grafen und seiner Tochter.

      Überragt wurden alle Bauten von der Kirche des Pfarrers Dörner, was allerdings nur an der Höhe des hölzernen Glockenturms lag. Dörner hatte bei der Reise auf manche persönliche Dinge verzichtet, um sein Harmonium und die kleine Glocke des alten Heimatdorfes mitnehmen zu können. Damals lächelte mancher darüber, doch der Klang beider Instrumente war etwas Vertrautes, was den Siedlern sofort ein Heimatgefühl vermittelte.

      All dies war nun fünf Jahre her und aus Farrington war eine hübsche Siedlung geworden, die inzwischen über fünfhundert Menschen ein Heim bot. In kleinen Vorgärten wuchsen Blumen und wurden Kräuter gezogen. Kühe weideten und lieferten Häute, Fleisch und Milch. Eine Reihe von Äckern wurde sorgfältig bestellt und lieferte Getreide, Gemüse und Kartoffeln. Zum Rual River hin wuchsen sogar ein paar Apfelbäume. Fast jede Familie besaß ein paar Hühner, die für Nachschub mit frischen Eiern sorgten. Brot, Brötchen und Kuchen wurden gebacken und wurden im Gemischtwarenladen von Josefine´s Saloon gehandelt.

      In dem alten Handelsposten, der von der American Fur Company aufgegeben worden war, hatte sich Pecos Bill mit seiner indianischen Frau Little Bird eingerichtet. Er war gebürtiger Texaner, hatte lange als Fallensteller gelebt und war dann, nach einem schlecht verheilten Beinbruch, Angestellter der AFC geworden. Nachdem die Gesellschaft den Posten aufgab, schlug Graf von Trauenstein dem Ehepaar vor, ihn weiter zu führen. Er sollte als

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