Bittere Wahrheit…. Inge Elsing-Fitzinger

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Bittere Wahrheit… - Inge Elsing-Fitzinger

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Schließlich, des ewigen Wartens überdrüssig, wurde sie zusehends trotziger. Alain übersah in seinem euphorischen Eifer die immer häufiger werdenden missmutigen Blicke, die provokanten Augenaufschläge, die quengelnden Vorwürfe. Zu spät erkannte er, wie sehr er seine Frau vernachlässigt hatte.

       Seitensprung, Liebesgeflüster

      „Ach Claude, was bist du doch für ein starker Bursche“, Maries seufzend lüsterne Stimme klang aus dem Pavillon, als Alain das Garagentor leise schloss.

      „Bei deinen Bedürfnissen brauche ich wohl solche Reserven, du kleine Tigerkatze. Mach schon, runter mit den Klamotten, gib Küsschen, lass mich nicht so lange warten. Wo soll ich denn hin mit meinem besten Stück, das dich immer so beglückt.“

      Alain kannte die Stimme. Der Sohn des Nachbarn. Ein Bild von einem Mann. Stets sonnengebräunt. Ein Hüne. Leidenschaftlicher Amateurboxer, der in seine Muskelpracht all seine Kapazität investierte, wenn auch der geistige Horizont reichlich dürftig blieb.

      Geplagt von Selbstvorwürfen, machte Alain auf dem Absatz kehrt, kaufte einen überdimensionalen Blumenstrauß. Geduldig wartete er, bis sein holdes Weibchen mit hochrotem Kopf, völlig außer Atem, fast nackt ins Haus huschte.

      „War die Gartenarbeit so anstrengend, Kleines“, versuchte er locker zu klingen. Es krampfte ihm das Herz zusammen.

      „Ach mein Süßer, das ist doch nicht so schlimm. Das schaffe ich mit links, da du ja ohnehin so oft weg bist“. Marie-Louise strahlte ihn an, hüpfte an ihm hoch wie ein Eichhörnchen, und küsste ihn mitten auf den Mund.

      „Ich geh nur rasch unter die Dusche. Mach mir inzwischen einen Drink, cheri.“ Ohne ein Fünkchen schlechten Gewissens, log sie ihm mit listig funkelnden Augen ins Gesicht. Alain riss die Fenster auf. Völlig hilflos stand er einem absolut fremden Phänomen gegenüber. „Sie betrügt mich. Und sie lügt.“

      In nächster Zeit überhäufte er sein honigsüßes Weibchen mit weit seine Mittel übersteigenden Geschenken. Ein Vorschuss war von Nöten. Der Chef des Besoldungsbüros versäumte nicht, den gestrengen Onkel umgehend von Alains sonderbarem Tun in Kenntnis zu setzen. Eine mehr als unerquickliche Auseinandersetzung folgte. Bernard war enttäuscht. Wohl oder übel sah sich Alain gezwungen, den Sachverhalt seines tadelnswerten Verhaltens zu erklären.

      „Solche Argumente hätte ich absolut nicht erwartet.“ In Bernards knappen Worten lag gleichermaßen Respekt und Heiterkeit.

      „Dass du der Firma wegen sogar deine ehelichen Pflichten vernachlässigst, ist schon ein starkes Stück!“ Gönnerhaft klopfte er seinem Schützling auf die Schulter.

      Alain erhielt kurz darauf eine wesentlich wichtigere Position und eine ansehnliche Gehaltsaufbesserung.

      Durch diese leitende, höchst verantwortungsvolle Stellung, hatten die Dubois nun häufig Gelegenheit an Festivitäten der Firmenleitung teilzunehmen. Dank ihrer Jugend und natürlichen Schönheit, war Marie-Louise meist Mittelpunkt solcher Abende. Sie plauderte charmant, etwas kokett, gerade noch an der Grenze des Akzeptablen, mit wichtigen Persönlichkeiten. Solcher Art verhalf sie Alain zu manch bemerkenswerter Bekanntschaft, die der Firma und ihm im Speziellen, von größtem Nutzen war. Unmerklich drängte sie sich immer weiter in sein Leben, spielte sich mit weiblicher Raffinesse bald zu seiner Managerin auf.

      Nichts Böses ahnend, völlig geblendet von ihren Fähigkeiten, war Alain stolz auf seine tüchtige Frau. Je mehr sie sich um sein Wohlergehen mühte, umso glücklicher fühlte er sich.

      „Alain, das Telefonat mit Herrn Generaldirektor Faberant. Ich habe versprochen, du setzt dich umgehend mit ihm in Verbindung.“ Maries Stimme klang spitz, beinahe befehlend.

      „Alain, heute Abend, die Einladung bei den Sénéquiers. Vergiss es um Gottes Willen nicht. Ich weiß, maßgebliche Leute werden da sein, die großes Interesse an euren Produkten haben.“

      „Alain, ich habe dir einen neuen, mitternachtsblauen Smoking gekauft. Das Galadinner bei Rumeur. Zum Sommernachtsfest bei den Chalants musst du dir unbedingt noch einen weißen anschaffen. Was denken sonst die Leute! Wir müssen doch schließlich standesgemäß auftreten. Oder?“ Ihre Stimme überschlug sich vor Eifer und Energie.

      „Das ist dann der fünfte Abendanzug innerhalb eines halben Jahres. Pure Geldverschwendung“, stöhnte Alain reichlich gestresst.

      In letzter Zeit wurde er nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt. Sein Terminkalender platzte aus allen Nähten. Seine Schlafstunden verkürzten sich drastisch. Marie war in ihrem Element, einfach nicht mehr zu bremsen.

      Unsagbare Liebe überschwemmte dennoch sein nüchternes, rationales Denken. Blind folgte er ihren Anweisungen. Circe hatte ihn in ihren Bann gezogen, und er wollte gar nicht entrinnen. Er liebte dieses heilige Wesen bedingungslos.

      Die nächsten Jahre vergingen für Alain Dubois im Fluge. Von seiner ehrgeizigen Frau geführt, verbuchte er Erfolge, die er ohne sie kaum zu hoffen gewagt hätte. Alles geschah scheinbar wie von selbst. Mit einem reizenden Lächeln, einer geringschätzigen Handbewegung, einem gezielten Augenaufschlag schaffte sie jede Schwierigkeit aus der Welt.

      Alain stürzte sich weiterhin mit vollem Einsatz in die Arbeit, kam oft erst spät abends nach Hause. Mehrmals übernachtete er in den Privaträumen seines komfortablen Büros, wenn Aufsichtsratsitzungen nicht enden wollten. Maries Reaktionen auf sein Fernbleiben hatten sich grundlegend geändert. Keine Vorwürfe mehr, keine hämischen Rügen, die ein schlechtes Gewissen wach gerufen hätten. Sie hatte nur ein Ziel vor Augen: Ihr Mann sollte Chef werden, Leiter dieses großen Unternehmens, indem er Treppchen um Treppchen höher kletterte, nicht mehr aufzuhalten war. Die Begeisterung des Chefs war keineswegs zu übersehen.

      Alain hatte Permanenterfolge. Täglich neue Verträge. Lorbeeren und Lobeshuldigungen. Absolut keine Bedenken, diese Glückssträhne könnte möglicher Weise künstlich hervorgerufen worden sein.

      Beruflich verhindert, übernahm sein geliebtes Mädchen selbstlos zahlreiche wichtige Einladungen, auf denen sie ihr gezieltes, für manche Beteiligte oft verderbliches Spiel trieb. Sie erfuhr in charmanten Plaudereien von geplanten Vorhaben, hörte von Kaufabschlüssen oder Fusionen. Informationen, die sie ihrem Gatten beim Frühstück mit betörendem Lächeln unterschob.

      Marie fand teuflischen Gefallen an solchen Eskapaden, an feuchtfröhlichen Partys, den zahlreichen Bekanntschaften, die sie mit Akribie mehrte. Oft kehrte sie erst in den frühen Morgenstunden völlig erschöpft nach Hause zurück.

      Er überhäufte das raffinierte Stück mit liebvoller Zärtlichkeit. Sie suhlte sich in seiner Fürsorge.

      „Ich bin wirklich untröstlich, dass du wieder nicht mitkommst, mon petit chou. Na vielleicht klappt es ja das nächste Mal.“

      Lachend klapperte sie durch die große Diele, warf ihm ein Kusshändchen zu, verschwand auf unbestimmte Zeit. Wildgekräuselte Locken umspielten ihr Madonnengesicht. „Wie wunderschön du bist“, säuselte Alain verklärt. Wie sehr er sie liebte, diese Fatahmorgana, durch die er in einem Meer von Glück schwamm.

      Madonna schwamm ebenfalls, ausdauernd und zielstrebig. Aus dem einst lieblichen Persönchen war eine rücksichtlose, berechnende Frau geworden, die habgierig ihrem Ziel Schritt um Schritt näher steuerte. Die Jedermann niederstreckte, der sich von ihr bedenkenlos umgarnen ließ. Sie wollte die Reichste, die Schönste, die Begehrteste, die Beneidetste sein. Dazu war ihr jede Gemeinheit recht. Berückender Charme. Charakterlose Ränkespiele. Sex.

      Niemals

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