Bittere Wahrheit…. Inge Elsing-Fitzinger

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Bittere Wahrheit… - Inge Elsing-Fitzinger

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hasste es in die Salons zu gehen. Voll konzentriert klebte sie gerade lange künstlich Wimpern ans rechte Augelid, als ich ihr Heiligtum betrat.

      „Schatz, lass uns den geplanten Ausflug nochmals überdenken“, startete ich einen letzten Versuch, das Bevorstehende abzublocken. Tut mir ehrlich leid, aber die Arbeit überrollt mich. Ich hätte keine ruhige Minute dort draußen.“

      Überrascht drehte sich Marie um. „Das ist aber jetzt nicht dein Ernst!“ Ihre Stimme klang hysterisch schrill. Die Hände flatterten. Sie sah in diesem Moment richtig komisch aus. Am rechten Lid die langen Wimpern, das linke wirkte dagegen nackt.

      „Aber ich habe doch schon verbindlich zugesagt“, kreischte sie außer sich.

      Mein Versuch, ihr den Arm um die zarten Schultern zu legen, scheiterte kläglich. Sie stieß mich brüsk zur Seite.

      „Du könntest vielleicht alleine vorfahren, ich komme später nach.“

      Wutschnaubend lümmelte sie auf dem überfüllten Schminktisch. Ihre Augen funkelten mich vernichtend durch diverse Klappspiegel an.

      „Herrgott, versteh doch. Bernard erwartet Höchstleistung von mir. Ich kann ihn nicht enttäuschen. Die Zeit drängt.“ Eindringlich und beschwörend versuchte ich sie zu überzeugen.

      „Aber mich, mich kannst du enttäuschen. Das fällt dir sichtlich nicht all zu schwer.“ Grenzenlose Unzufriedenheit wandelte sich spontan in trotzigen Zorn.

      Du weißt ja, Marie liebte Partys, Galaabende und offizielle Einladungen zu diversen Cocktails und Abendessen. Große Gesellschaften waren ihr Leben. Dort brillierte sie. Jeder, der ihr ein solches Fest vereitelte wurde zum Feind.

      „Du bist ein richtiger Miesmacher“, brüllte sie weiter. „Womöglich hast du ja ganz Anderes vor. Du willst zu irgendeiner blöden Nutte. Du langweilst dich in meiner Gesellschaft! Gib es endlich zu. Du willst mich nur erniedrigen, bloßstellen vor all meinen Freunden. Du machst mir immer alles kaputt.“ Wie meist, drehte sie den Spieß ganz einfach um. Letztendes war immer ich der Sündenbock.

      Im nächsten Augenblick konnte ich einem schweren Crèmetiegel gerade noch ausweichen. Das Geschoß traf den großen Wandspiegel hinter mir, zertrümmerte ihn in Kopfhöhe. Hätte exakt meine Schläfe getroffen, wäre ich nicht blitzschnell in die Hocke gegangen. Marie warf oft mit Gegenständen nach mir, wenn sie wütend war. Jetzt heulte sie. Tusche und Lidschatten flossen in das dicke Make-up auf ihren zarten Wangen. Gleichzeitig erfüllte mich ehrliche Reue, ihr Vorhaben so rüde torpediert zu haben. Wie wunderschön sie war, wenn auch nicht gerade im Augenblick. Wie sehr liebte ich ihren zarten Körper, ihre festen Brüste, ihre weiße Haut.

      Gott ergeben ging ich zum Garderobeschrank, fingerte einen Koffer aus dem obersten Regal. Unwillig warf ich einige Kleidungsstücke hinein. Golfdress, Reitanzug, Abendanzüge. Ein leichter Hoffnungsschimmer glimmte in mir auf, diese Tage könnten wieder so schön werden wie das Jahr zuvor.

      Ich Narr! Es war wohl der heimliche Wunsch, Verlorengegangenes zurückzuholen. Ich wollte etwas erzwingen, was schon lange nicht mehr existierte. Ein Fiasko war unausbleiblich. Ein beschämendes Fiasko. Diese fiesen Laffen, mit dem Ausdruck siecher Mondkälber in den versoffenen Augen. Laszive Kommentare, die allseits in Lachorgien ausarteten. Banale Konversation, skandiert und äußerst geheimnisvoll. Grauenhaft. Ich fühlte mich vom ersten Augenblick an völlig überflüssig. Ein lästiges Anhängsel, das man notgedrungen duldete. Auf Maries Anwesenheit wollte man sichtlich um keinen Preis verzichten. Sie genoss ihre Beliebtheit.

      Dazu kam das miese Wetter. Pechschwarze Regenwolken, Gewitter, ein tosender Sturm. Die aufgemotzte Gesellschaft drängte sich in den weitläufigen, Rauch verquollenen Räumen. Eine Schar Hammeln in ihrem Pfuhl von Selbstgefälligkeit und Verderbtheit.“ Alain war auf die Terrasse gegangen, schien den Freund völlig vergessen zu haben.

      „Reichlich frustrierst war ich am nächsten Morgen hinausgerannt in eine trostlose Landschaft. Ein trauriger Ostermorgen. Ich sah kaum zehn Meter weit. Dichter Nebel hatte sich über die Wiesen gelegt, der mir feucht und stickig fast den Atem nahm. Ich wollte allein sein, Ruhe und Frieden finden. Mühsam, Laubkränze an den Schuhen, bewegte ich mich auf das nahe Wäldchen hin. Dicke Tropfen fielen mir in den Hemdkragen, katapultierten mich aus den Wahnsinnsvisionen zurück in die Realität. Nur fort, möglichst weit fort, um keiner dieser unsympathischen, falschen Gestalten zu begegnen, die mich mit süffisant gespielter Liebenswürdigkeit und gekünsteltem Charme umgaukelten. Ein Albtraum. Der Hausherr, ein hässlicher Mensch, der mit gespielter Nonchalance jede Peinlichkeit zu vertuschen versuchte. Fleischige Lippen, fliehendes Kinn, viel zu hohe Stirn. Ein mit Goldzähnen gefüllter Mund. Wenn er grinste wirkte er noch wohlhabender, als er tatsächlich war. Ein Ekelpaket der übelsten Sorte.

      Eine hirnverbrannte Idee, Marie-Louise hier her zu begleiten? Der Karren war verfahren. Unsere Beziehung steckte in einem bodenlosen Sumpf, sank bei jedem Versuch dies zu ändern tiefer und tiefer. Es gab kein Entrinnen mehr. Stand Isabelle dann vor mir, zerfloss all meine Courage wie Sahne auf heißer Schokolade. Ich wurde zum zahmen Lamm, dankbar für jede gönnerhaft geschenkte Liebkosung. Ein Hund, der bettelte nicht verstoßen zu werden, einen Krümel ihres Wohlwollens abzubekommen. Sie triumphierte und verspottete mich, wenn auch nicht mit Worten, so mit Taten.“ Ein trauriges Lächeln begleitete Alains Lamento.

      „Mein Gemüt hatte sich durch den weiten Spaziergang wieder ins Gleichgewicht geschaukelt. Plötzlich wusste ich was zu tun war. Zurückfahren nach Paris. Vielleicht würden es doch noch schöne Ostern werden. Alleine, gute Musik, ein köstliches Glas Bojaulais, in Frieden und Stille. Mit einem Schlag war ich wieder der alte, fröhliche Alain, den ich viel mehr mochte als diesen Griesgram, der mit Gott und der Welt haderte.

       Wer ist dieses Regennixlein?

      Wie aus dem Nichts stand da ein junges Mädchen im hellen Regenmantel vor mir. Auf dem Kopf ein buntes Tuch. Die zierlichen Füße steckten in roten Gummistiefeln. Etwas ängstlich starrte sie mich mit unendlich traurigen Kinderaugen an. Diese seidene Makellosigkeit, die durchscheinende Haut der Jugend. Dieses Leuchten von Innen. Erinnerung an Marie vor langer, langer Zeit schmerzte plötzlich.

      „Na was gibt es, mein Kind! So Gott verlassen? Hast du Kummer? Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte ich sie überrascht.

      Hastig begann sie zu sprechen. „Wenn sie nach Paris fahren, nehmen sie mich dann bitte mit?“

      Verblüfft schaute ich sie an. Wie konnte sie wissen, was ich selbst erst vor wenigen Minuten beschlossen hatte. Reichlich verwirrt antwortete ich nicht sofort. Träumte ich? War ich schon völlig durchgeknallt? Existierte dieses Regennixlein gar nicht? Ich versuchte einen Schritt weiter zu gehen. Sie vertrat mir den Weg, hob flehend die Hände und bat nochmals, noch inständiger als vorher.

      „Sie fahren doch! Jetzt gleich! Nicht wahr?“

      „Ja!“ Meinte ich etwas zögerlich. Wenn sie unbedingt mitkommen wollen! In zehn Minuten bin ich bei der Nebeneinfahrt.“ Ich konnte ehrlich nicht sagen, ob ich wach war oder träumte. Eigentlich war es mir auch völlig egal. Es fühlte sich als Realität traumhaft an, als Traum wunderbar real.

      Lautlos startete ich den Wagen. Der riesige, reinrassige Schäferhund, der nachts immer frei herumlief, fand meine Abreise sichtlich in Ordnung. Nicht einmal e r versuchte mich zurückzuhalten. Beim Nebentor stand zusammengeschrumpft mein Fahrgast nach Paris.

      Als wären des Königs Häscher hinter uns her, raste ich davon. Der gelbe Mittelstreifen der Straße flog uns entgegen. Der Gefahrenzone entronnen verringerte ich die Geschwindigkeit. Erstmals schaute ich bewusst zu meiner Begleiterin. Stumm kauerte sie neben

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