Bittere Wahrheit…. Inge Elsing-Fitzinger

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Bittere Wahrheit… - Inge Elsing-Fitzinger

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wurde mein Antrag angenommen. Papa erteilte uns seinen väterlichen Segen, Mama war aufgelöst in einem Tränenmeer. Ein halbes Jahr später heirateten wir. Ana erhielt eine stattliche Mitgift, die wir in den Aufbau einer Firma in Paris investierten. Auch meine Zieheltern waren von dieser Verbindung sehr angetan.

      Das Glück schien vollkommen, als sich nach wenigen Monaten Zuwachs ankündigte. Hektik und Aufregung in Frankreich, wie in Griechenland. Telegramme flogen täglich hin und her, die Telfonleitungen liefen heiß. Anas Familie war in den letzten Wochen der Schwangerschaft herübergeflogen, um nur keinen Augenblick des großen Ereignisses zu versäumen. Auf den Tag genau machte der neue Erdenbürger seine Ankunft mit heftigen Schmerzen und stundenlangen Wehen deutlich, fast vierundzwanzig Stunden lang. Verzweifelt klammerte sich Ana an mich, hielt mich fest, krallte ihre Nägel in meine Haut, schrie.

      „Machen sie sich keine Sorgen“, hörte ich die verbindliche Stimme des Arztes. „Es wird zwar eine schwere Geburt, doch wir schaffen das gemeinsam. Sie müssen sich nur etwas gedulden. Bleiben sie bei ihrer Frau, das wird ihr alles erleichtern.“ Bernards Gesicht wurde unendlich traurig. Die Stimme versagte für Augenblicke.

      „Ana wurde bewusstlos. Unerträgliche Schmerzen hatten sie überwältigt. Plötzlich schien Eile geboten. Ein Stab von Ärzten stob um ihr Bett, drängte uns aus dem Raum. Unter einem Beatmungsgerät wurde sie in den OP gebracht. Anas Mutter erlitt einen Nervenzusammenbruch. Die Sorge um meine geliebte Frau trieb mich fast zum Wahnsinn. Es war kurz nach Mitternacht. Der Chefarzt, seine ernste Miene. Mit gesenktem Haupt und verzweifelter Gestik sprach er aus, was ich in den letzten Stunden immer wieder heftig zu verdrängen suchte.

      „Wir konnten nichts mehr tun. Ihre Frau und das Baby sind vor wenigen Minuten verstorben.“

      Bernard konnte kaum weiter sprechen. Seine Stimme brach, Tränen flossen über sein Gesicht. Starr und bleich saß er da, durchlebte diesen schrecklichsten Moment seines Lebens ein zweites Mal.

      „Ich wollte diesem Stümper an die Gurgel. Aristo hielt mich mit fester Hand zurück. Vater Karikiades fragte übermenschlich gefasst: „Wie konnte das geschehen. Beide waren doch nach Ansicht der Ärzte in bestem Gesundheitszustand?“

      „Vielleicht gerade deshalb. Wir waren überzeugt, einer natürlichen Geburt stünde nichts im Wege.“ Die Wehen hatten das Kind bereits zu tief in den Mutterhals gedrückt. Auch ein Kaiserschnitt konnte keine Lösung mehr bringen. Wir haben wirklich das Menschenmöglichste getan, sie zu retten!“

      „Erfolglos, wie man sieht, ihr Stümper. Ihr Mörder. Ihr habt mir das Liebste auf Erden weggenommen. Einfach geraubt.“ Mit meiner Beherrschung am Ende, brüllte ich all meine Verachtung, meinen Hass auf dieses Unglück, meine Verzweiflung heraus, wie ein weidwundes Tier.“ Bernard schritt langsam zum Fenster, versuchte die Fassung wieder zu erlangen.

      „Begreifst du jetzt, warum ich nie ein Wort darüber gesprochen habe? Vielleicht war es gut, all das noch einmal durchzuleben, zu erzählen, meinem Herzen die Möglichkeit zu geben zu verzeihen. Es war ein Gott gewolltes Schicksal, das mich in diese Seelenpein getrieben hatte. Seit damals haderte ich mit diesem Herrn über Leben und Tod. Ein törichtes Unterfangen, das weiß ich jetzt selbst. Aber die Verzweiflung hielt mich in ihren Fesseln gefangen. Ich dachte sie nie wieder loszuwerden. Jetzt geht es mir besser, ich fühle es.“

      Wortlos lagen sich die beiden Männer in den Armen.

      Bernard fasste sich ziemlich rasch wieder.

      „Als Ehrenmann fühlte ich mich verpflichtet Anas Mitgift zurückzugeben. Dass damit meine neu gegründete Existenz, meine gesamte Zukunftsplanung über den Jordan ginge war mir klar, aber mein Gewissen verlangte es.

      Fast gleichzeitig fingen der verzweifelte Vater und ich zu sprechen an.

      „Du behältst die Mitgift. Ich war sehr stolz auf dich und deine Entscheidung, den Betrieb aufgemacht zu haben. Dieses Werk soll erhalten bleiben. Wir lieben dich doch wie einen Sohn.“

      Ich ließ die bereitgestellte Summe in ein Darlehen umwidmen. Sobald es meine Mittel erlaubten, zahlte ich alles zurück.

      Ja, so war das damals, mein Junge. Ich schuftete wie ein Besessener, versuchte meinen Schmerz mit Arbeit zu kompensieren. Wie wir jetzt dastehen, brauche ich dir nicht zu erläutern. Das weißt du besser als jeder andere. Übrigens, mit Aristo Karikiades bin ich immer noch in enger Verbindung. Es wurde eine Freundschaft fürs Leben, die uns beiden sehr wichtig ist.“ Bernard lehnte sich zurück, hing seinen Gedanken nach.

      „So mein Junge, geh jetzt nach Hause. Versuche dein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Zum wirklichen Leben gehört absolute Aufrichtigkeit.“

      „Aufrichtigkeit?“ stammelte Alain zweifelnd. Sein Blick war forschend, die Pupillen plötzlich ganz dunkel.

      „Planen wir nicht, werden wir verplant. Kümmern wir uns nicht, dann verkümmern wir. Im Glück wie in der Trauer, in der Niederlage wie im Erfolg, ist die persönliche Aktivität ausschlaggebend für deine Gefühle. Du musst dich selbst einbringen um zu leben, letztendes um zu überleben.“ Vertrauensvoll klopfte Bernard seinem Schützling auf die Schulter.

      „Du schaffst das schon. Übrigens“, fügte er noch rasch hinzu, „was ich dir heute erzählt habe bleibt unter uns. Kein Mensch weiß davon, nicht einmal deine Mutter. Dein Vater hatte es gewusst. Adieu mein Junge, bis Morgen. Mit neuem Tatendrang, neuem Mut, wie es sich für einen Mann gehört!“

      Dieses Gespräch hatte vor einigen Wochen stattgefunden. Getröstet und voll Optimismus durchlebte Alain eine beglückende Wandlung seiner selbst. Darum stimmte er auch dem Vorschlag Marie-Louises letztendes zu, das kommende Osterfest noch einmal auf Schloss Vallouchon zu verbringen. Hier wollte er, wie ein Jahr zuvor, ihrer beider Liebe neu entfachen, die altvertraute Leidenschaft anheizen, seiner Marie all ihre schnöden Spielchen verzeihen, schlichtweg glücklich sein.

      Das Schicksal hatte es anders gewollt. Marie-Louise verfiel in Gesellschaft der leichtsinnigen Freunde blitzartig in ihr gewohntes Fahrwasser. Sie flirtete, ließ sich ungeniert eindeutige Avancen machen. Sie kompromittierte Alain auf verletzende Weise. Er war geflohen und hatte Isabelle getroffen.

      „Wenn es den Schmerz nicht gäbe, könnte man die Freude nicht schätzen.

       Vier Jahre später in Wien.

      Seit Stunden schon irrte Isabelle in dem kahlen Haus umher. Leere Gardinenstangen, kahle Wände, matte Parkettböden. Vorhänge und Teppiche waren in der Reinigung, Möbel auf kleinstem Raum zusammen geschoben, mit Tüchern und Packpapier abgedeckt. In der weitläufigen Diele hatten die Maler am Vormittag Leitern und Farbtöpfe abgestellt. Morgen sollte mit der Renovierung begonnen werden.

      Schweren Herzens hatte sie das elterliche Haus mitsamt Inventar, Ordination- und Privaträumen, an einen jungen Arzt vermietet. Ein Entschluss, den sie bis zum letzten Moment hinausgezögert hatte. Unmittelbar bevorstehende Ereignisse erforderten durchgreifende Maßnahmen. Ein großes Schild prangte an der Eingangspforte. „Neueröffnung der Ordination in zwei Monaten!“

      Ob der „Neue“ wohl so tüchtig sein würde wie einst Dr. Steiner, ihr Vater? Sie kannte den jungen Arzt kaum, hatte lediglich einige Male mit ihm telefoniert, ihm dann bei einem kurzen Abendessen den Mietvertrag unterfertigen lassen.

      Jetzt zupfte sie an lose hängenden Tapeten, wischte mit einem Lappen über die Glasflügel der großen Wohnzimmertüre, betrachtete mit starren Augen die dunklen Risse im Parkett. Immer wieder kehrte sie in ihr vertrautes Kinderzimmer zurück, wo sie zufrieden und froh war, weil niemand sie störte. Die letzten Jahre

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