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Atlacoya stand ganz oben auf dem Vorplatz seines Palastes. Stolz stand er da. Der Hüne von einem Mann, von dem alle glaubten, dass er mit seinen großen Händen ohne Probleme den Kopf eines jeden Feindes zerdrücken konnte. Und Feinde hatte Atlacoya viele. Vor allem im eigenen Land. Die hohen Abgaben waren ein Grund. Ein weiterer die Willkür der Armee, die im Endeffekt ganze hundert Jahre keinen Krieg mehr erlebt hatte. Ihre Aufgabe war vor allem der Kampf gegen Aufständische und politische Gegner. Auch Atlacoyas Vater war nicht für seine Gnade bekannt gewesen. Aber Atlacoya übertraf dessen politische Härte um Weiten. Und dennoch wurde er wie ein Gott verehrt.
«Nehataner, Volk von Nehats!», begann König Atlacoya seine Rede: «Die Götter meinten es in den vergangenen zwei Jahren nicht gut mit uns. Erst viel zu viel Regen und die Ernte verschimmelte und dann war es zu heiß und die Felder verdorrten. Unsere Kornspeicher sind so gut wie leer. Unser Volk steht in Gefahr hungern zu müssen. Die Pravin hingegen fressen sich auf ihrem kleinen Landstreifen zwischen der Wüste und dem Meer satt. Ihnen waren die Götter gnädig. Warum auch immer. Zwanzig Jahre ist es nun schon her, dass die Pravin von meinem Vater diesen kleinen Landstreifen bekommen haben und sie sich dort ansiedelten. Aber rein rechtlich gehört dieses Stück fruchtbare Land uns! Und wir werden es uns wiederholen!»
Die Soldaten jubelten.
«Wir werden in Pravin einmarschieren. Und ich sage euch, jeder Pravin, der Widerstand leistet, wird getötet. Alle aber, die sich uns unterwerfen, dürfen uns dienen.»
Erneut jubelten die Krieger, während der König eine Pause machte.
«Die Frauen und Kinder sollen unserem Volk als Sklaven dienen und die Männer Kriegsdienst leisten!»
Ein drittes Mal jubelte die Armee der Nehataner.
Und auch das Volk jubelte. Auf den Flachdächern rund um den Platz des Krieges hatten sich die Stadtbewohner, Bauern aus den umliegenden Gegenden und Händler, Steinmetze, Frauen, Kinder und Alte versammelt, um Zeuge dieses Spektakels zu werden. Es war seltsam. Gerade so als würde der ganze Zorn, den das Volk durch ihren König zu spüren bekam, sich nun auf den Nachbarn verlagern. König Atlacoya schaffte für sich ein neues Feindbild, das nicht im eigenen Land war. Das kein politischer Gegner oder Aufständischer war. Und das Volk genoss diese Verlagerung der Gewalt.
Feldherr Chantico stand neben seinem Bruder. Er liebte ihn, so gut er konnte. Er war sein Fleisch und Blut. Aber viel gemeinsam hatten sie nicht. Chantico war weder ein brillanter Stratege, was das Militär anbelangte, noch war er ein großer Krieger. Aber er tat sein Bestes um seinen Bruder zufrieden zu stellen. Die Aussicht auf einen Krieg gegen die Pravin jedoch machte ihm Angst.
«Und, wie waren meine Worte?», fragte Atlacoya. Es war keine Frage auf die er eine ehrliche Antwort erwartete, sondern vielmehr nach Bestätigung verlangte. Der König ließ kaum Kritik zu. Auch nicht durch seinen Bruder.
«Vater wäre stolz auf dich gewesen, Bruderherz!», sagte Chantico.
«Oh, er ist stolz. Dort oben in der Ewigen Sonne sitzt er neben Regnator und schaut auf uns herab. Und er schaut auf dich, mein Bruder. Auf den großen Feldherrn!»
«Ich werde mein Bestes geben!»
«Das Beste ist nicht genug für mich und mein Volk. Du musst mehr geben!», grinste Atlacoya: «Und nun lasse die Truppen abziehen!»
Chantico nickte. Er schaute hinüber zu seinem Feldmarschall und gab den Befehl den Platz zu räumen. Die Truppen sollten zurück in ihr Feldlager. Der König hatte gesprochen und war nun fertig.
3
Tornheim,
Siedlung im Ewigen Eis
Hedda hatte sich ihrer Fellkleidung entledigt und hängte sie an ihren persönlichen Haken in der Gemeinschaftsunterkunft. Die Kleidung eines Ragna war sein vermutlich wertvollster Besitz und sicherte sein Überleben in der eisigen Kälte des Ewigen Eises. Die Fellkleidung bestand aus graubraunem Rentierfell. Man jagte die Tiere im Süden nahe der Wälder der Hauptstadt Gunnarsheim. Die Felle boten einen guten Schutz vor Kälte und Nässe. Sie waren wasserabweisend und schafften zudem ein guter Windschutz. Doch das recht brüchige Haar war nicht lange haltbar. Um die dreißig Fälle benötigte eine durchschnittliche Familie in Tornheim pro Jahr. Sie dienten nicht nur als Kleidung, sondern auch als Decken. Ältere, nicht mehr ganz so gute Felle, wurden auf dem Boden der Gebäude ausgelegt und dienten in gewisser Weise als Teppich. Über die Jahre hinweg war so der gesamte Boden von Tornheim mit Fellen ausgekleidet worden.
Im Inneren der Siedlung war es angenehm warm. Traditionell trugen die Ragni innerhalb des Gebäudekomplexes lediglich ihre Unterkleidung. Dünne Hosen und Hemden aus Leinen. Man ging grundsätzlich barfuß, was angesichts des ausgelegten Fellteppichs kein Problem war.
«Wer ist der Mann?», flüsterte Hedda.
Loros schaute seine Tochter an und schüttelte dann den Kopf: «Ich weiß es nicht. Er kommt von weit her. Er ist ein Mani!»
«Aber wieso kommt er dann aus dem Norden?», fragte Hedda irritiert und schaute zu dem Fremden, der gierig den Fisch aß, den die Bewohner ihm angeboten hatten.
«Wie gesagt, ich weiß es nicht. Und jetzt geh raus und versorge die Hunde. Bringe ihnen Fisch, sie sind hungrig!»
«Kann das nicht Hodi machen?», fragte sie beleidigt.
«Er soll bei uns Männern sitzen. Das Füttern der Hunde ist Frauenarbeit!», meinte Loros streng.
Hedda schaute ihn böse an. Sie arbeitete hart und viel. Und sie fand es ungerecht, dass ihr jüngerer Bruder oft besser behandelt wurde und bei den Männern sitzen durfte. Aber dann gehorchte sie. Missmutig stapfte sie Richtung Ausgang und kam dabei an dem Mani vorbei.
«Sie ist Eure Tochter, richtig?», grinste der Fremde und packte Hedda am Arm: «Sie ist wunderschön!»
«Lasst sie!», sagte Loros.
«Verkauft Ihr sie mir?»
Loros stand auf und griff zu seinem Dolch, den er an einem Gürtel trug: «Ich weiß, dass die Mani sich Sklaven halten. Genauso wie die Nehataner, die Pravin und die Shiva. Aber wir nicht. Bei uns sind alle Ragni frei.»
«Sehr bedauerlich!», grinste der Fremde und schaute in die stahlblauen Augen von Hedda. Schüchtern wich sie seinem Blick aus. Dann ließ er sie los und schaute ihr hinterher: «Sie würde Euch viele Taler bescheren!»
«Wie gesagt, wir Ragni haben diese Unart nicht andere zu unserem Eigentum zu machen!»
«Unart?», lachte der Mani: «Es gibt sieben Völker. Aber wir haben nur einen Gott.»
«Es gibt acht Götter!», korrigierte Loros.
«Wir haben einen Gott und sieben Nebengötter. Wie wir auch nur eine Sonne und sieben Monde haben. Aber der Punkt ist, dass wir auch nur ein Gesetz haben. Und das erlaubt uns Sklaven zu halten!»
«Es