Serva I. Arik Steen
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«Die Gesetze von Regnator stehen über den Regeln und Gebräuchen der Völker!», meinte der Fremde und stand auf: «Oder irre ich mich?»
«Wir alle wissen, dass die Gesetze unseres Gottes Regnator von einem Mani aufgeschrieben wurde. Vor Hunderten von Jahren.»
«Sie sind dennoch für alle bindend!»
«Aber sie sind von einem aritonischen Wesen verfasst worden.»
«Gott Regnator persönlich hat die Worte diktiert.», sagte der Mani. Er wusste, dass die Ragni ihren Götterglauben durch Erzählungen, Mythen und Sagen aufrecht hielten, nicht durch geschriebene Worte. Die wenigsten Ragni konnten lesen oder gar schreiben.
Loros schüttelte den Kopf: «Es spielt keine Rolle. Ihr sucht doch nur einen Grund meine Tochter zu … zu kaufen! Vergesst es. Ich lasse diesen Handel nicht zu.»
Der Mani ging einmal um den Tisch herum, an dem gut zwanzig Männer saßen: «Warum sitze ich an einem der anderen Tische ringsherum? Warum nicht an eurem großen Tisch in der Mitte?» Er schaute sich um. An den anderen Tischen saßen Kinder und Frauen.
«Ihr seid keiner von uns!», sagte Loros: «Nur Männer unseres Stammes dürfen an der großen Tafel Platz nehmen.»
«Ihr seid ein zurückgebliebenes Volk!», spottete der Fremde und öffnete dann einen Beutel. Er legte drei Taler auf den großen runden Tisch.
«Was tut Ihr?», fragte das Stammesoberhaupt.
«Oh, ich darf als Fremder nicht einmal euren Tisch berühren?», grinste der bärtige Mann. Aber er scherte sich nicht um die Regeln der Ragni und zeigte auf die Münzen: «Das sind drei Silbertaler. Vielleicht hat einer der anderen anwesenden Väter eine hübsche Tochter und würde sich gerne diese drei Taler verdienen?»
Es war still im Raum. Loros schaute sich um. Ein paar der Männer schienen tatsächlich zu überlegen. Drei Silbertaler waren in der Stadt Gunnarsheim viel Wert. Er durchbrach die Ruhe, nahm die Taler an sich und drückte sie dann dem Fremden in die Hand. Bevor jemand seiner Leute antworten konnte: «Nehmt euer schmutziges Geld. Hier geht keiner auf euer Angebot ein!»
«Äußerst bedauerlich!», meinte der Fremde: «Wie dem auch sei. Ich bräuchte ein Nachtlager. Oder besser ein Ruhelager. Eine Nacht gibt es hier ja nicht.»
Loros gefiel der Ton des Mannes nicht. Man merkte deutlich, dass er das Gefühl hatte etwas Besseres zu sein. Es war tatsächlich so, dass die Mani die wohl fortschrittlichste Kultur besaßen. Dennoch waren vor Regnator, dem Gott aller Völker, alle gleich. Eine Herrenrasse gab es nicht. Aber er wollte den Fremden auch nicht verärgern: «Wir stellen Euch ein Bett zur Verfügung!»
«Das ist nett!», grinste der Fremde.
Draußen vor den Gebäuden ging Hedda auf die Hunde zu. Sie jaulten laut. Das Alphatier fing an und nacheinander stimmten die einzelnen Mitglieder des Rudels in den Gesang ein. Durch das markante Heulen festigte jeder einzelne Schlittenhund seine Zugehörigkeit zum Rudel. Zudem markierten sie damit ihr Territorium. Jetzt jedoch signalisierten sie Bereitschaft für die Jagd. Die im Grunde keine war. Denn es war Hedda, die kam und die Beute bereits erlegt hatte.
Hedda verteilte den getrockneten Fisch. Der frische Fisch des heutigen Tages war für die Ragni bestimmt. Den Hunden schien das nichts auszumachen. Gierig stürzten sie sich auf die Fleischbrocken.
Wer war dieser Mann? Hedda fröstelte bei dem Gedanken an ihn, obwohl sie warm eingepackt war. Er hatte sie kaufen wollen. Als Sklavin. So richtig war ihr nicht bewusst, was das bedeutete. Aber ein wenig konnte sie es sich denken. Aber warum? Warum kam er hierher und bot Geld für sie?
Die junge Ragni verdrängte den Gedanken. Diese Welt, in der sie lebte, war ein Paradies aus Eis und Schnee. Hier kamen normalerweise keine Fremden her. Hier gab es wenig Streit. Und wenn, dann war der schnell geschlichtet. Man musste sich zusammenraufen um zu überleben. Jede Familie half mit. Jeder einzelne Ragni trug seinen Beitrag bei. Fremde hatten hier nichts verloren.
Vor der Siedlung Tornheim gab es einen großen säulenförmigen Stein, der gut zwei Meter hoch war. Um ihn herum hatten die Bewohner lange Stäbe in den Boden gehauen. Für die Ragni war dies eine Art Sonnenuhr. Je nachdem auf welcher Seite der Stein seinen Schatten warf, wussten sie, welche Tageszeit sie hatten.
Im Grunde war die Ruhezeit der Ragni immer dann, wenn die Sonne vom Westen über den Norden nach Osten wanderte. Sagte man den Kindern, dass die Sonne bereits den Westen durchlaufen hatte, dann wussten diese, dass es Zeit für das Bett war. Nicht immer konnte man die Sonne sehen. Oft war sie durch Wolken verdeckt oder ging in einem Schneesturm unter. Dann funktionierte natürlich auch das Spiel von Schatten und Licht nicht. Aber der Sonnenstein, wie ihn die Ragni nannten, war ein wichtiges Hilfsmittel. An diesem Tag war die Sonne jedoch deutlich zu sehen.
Einundzwanzig Stunden hatte ein Tag. So lange brauchte der Planet um sich um seine eigene Achse zu drehen. Die Ragni hatten einen klaren Tagesablauf. Sieben Stunden wurde geschlafen oder zumindest geruht, sieben Stunden gearbeitet und sieben Stunden verbrachten sie für sich oder mit ihrer Familie.
Nachdem Hedda mit den Hunden fertig war, ging sie wieder hinein. Schnurstracks steuerte sie auf ihren Bruder zu.
«Du solltest nun schlafen gehen!», meinte Hedda zu ihm.
Hodi schnaubte böse. Er hatte keine Lust ins Bett zu gehen. Der fremde Mann erzählte Geschichten und einige Männer standen um ihn herum und hörten ihm zu: «Warum darf ich nicht von den fremden Ländern hören?»
«Hör auf deine Schwester!», meinte sein Vater streng und schaute dann misstrauisch in die Richtung des Fremden. Zumindest seinen Namen hatte er nun genannt. Ludwig von Battleton. Allzu viel brachte dieses Wissen Loros allerdings nicht. Dennoch hätte er zumindest vom Namen her wissen wollen, mit wem er es zu tun hatte. Aber er ging stark davon aus, dass er nicht ehrlich war.
«Du traust ihm doch nicht?», fragte Hedda.
«Bring deinen Bruder ins Bett!», meinte Loros. Er hatte keine Lust darüber zu diskutieren. Dann ließ er seine Tochter und seinen Sohn stehen und ging zu dem Fremden.
«Ihr kommt aus dem Norden!», sagte Loros. Es war eine Feststellung, keine Frage.
Der Fremde nickte: «Ja. Das ist richtig!»
«Im Norden gibt es nichts als Eis und noch mehr Eis!», meinte der Häuptling von Tornheim kritisch: «Es kommt mir einfach nicht in den Sinn, was Ihr da oben verloren hattet!»
«Ich war dort oben bei den Nomaden!», antwortete der Mann, der sich selbst Ludwig von Battleton nannte.
«Was wolltet Ihr dort oben? Fische gegen Gold tauschen? Versteht mich nicht falsch, Sir. Aber da oben gibt es wirklich nichts, was sich lohnt zu besitzen.»
«Ich verstehe, dass Ihr misstrauisch seid! Aber das ist nicht nötig. Ich bin nur ein einsamer Wandersmann, der das Land entdecken möchte!»
«Nun gut!», erwiderte Loros. Er hatte keine Lust mehr mit diesem Herrn zu diskutieren. Weil er ihm ohnehin nur das erzählte, was er auch wirklich erzählen wollte. Die Wahrheit würde er nicht erfahren: «Ich gehe schlafen, nachdem ich noch einmal meine Runde um die Siedlung gemacht habe. Ihr habt Euer Lager. Das sollte reichen!»
«Sehr großzügig!», sagte der Mani. Seine Worte hatten aber einen deutlichen ironischen Beigeschmack.