Klasse Kerle. Tilman Janus

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es ein bisschen konservativer als in Berlin, aber ich hab halt Arbeit hier gefunden, und das ist ja immer das Wichtigste. Während ich im Büro nicht viel von mir erzähle, wissen Mary und Hannes schon lange, dass ich schwul bin. Sie finden’s cool, und ich finde es cool, dass sie es cool finden.

      Gestern, am Samstag, hatte ich nichts vor, jedenfalls am Nachmittag nicht. Hannes klingelte bei mir und fragte, ob ich Lust hätte, aufs Oktoberfest zu gehen, auf die „Wiesn“, wie man in München sagt. Mary sei zu Besuch bei ihren Eltern in England, und er würde sich langweilen.

      Ich war ein bisschen knapp bei Kasse. Das Oktoberfest ist nicht gerade billig, und – ehrlich gesagt – ich mag kein Bier. Aber mit Hannes wollte ich schon gerne mitgehen. Eigentlich müsste ich ihm gefallen, denn ich sehe nicht schlecht aus, und ich weiß, dass er blond mag. Aber ich wusste auch, dass er für mich tabu war, denn da würde Mary wohl ausrasten, wenn er ihr untreu wäre, egal, ob mit einer Frau oder einem Mann. Trotzdem genoss ich es, gelegentlich mit ihm um die Häuser zu ziehen. Wir gingen also los.

      Es war schon ziemlich voll auf der Wiesn, als wir eintrafen. Wir bummelten ein bisschen herum, fuhren mit dem Riesenrad und schauten in dieses und jenes von den Bierzelten, die hier „Festhalle“ heißen. Sie sind innen schön geschmückt, meistens blauweiß, in den bayerischen Farben, aber auch mit Wölkchen und Sternen und allem Möglichen.

      Männer gab es genug zum Anschauen. Zwischen den vielen Touristen sah ich auch ab und zu echte Bayern in kurzen Lederhosen und mit Gamsbart-Hut. Da konnte ich Männerknie vergleichen! Und die Vorstellung, diese ledernen Hosenlatze mal so einfach aufzuknöpfen und zu schauen, was sich dahinter verbarg, machte mir auch Spaß.

      Hannes überredete mich doch zu einem Bier. Na, das muss schon sein, wenn man auf der Wiesn ist. Wir setzten uns in ein Festzelt und bestellten zwei Maßkrüge. Hannes trank danach noch zwei Biere und wurde ganz schön lustig. Er schunkelte mit mir, als die bayerische Blaskapelle spielte. Mir wurde ziemlich heiß, als ich Hannes so halb in meinem Arm hatte. Ich hätte ihm zu gern gezeigt, was Männer zusammen alles machen können – außer Schunkeln! Er war nämlich auch sehr gut gebaut. Seine Schwanzbeule sah wirklich zum Anbeißen aus. Ich musste an die frische Luft, sonst wäre ich ihm im ungewohnten Bierrausch doch noch an die Wäsche gegangen.

      »Wollen wir weiter?«, fragte ich.

      »Jetzt, wo es so gemütlich ist?« Er schüttelte den Kopf, hakte sich bei seinem anderen Nachbarn ein – einem völlig fremden Kerl – und sang und schunkelte weiter. Ich klinkte mich aus. Hannes schien es kaum zu merken.

      Draußen war es fast dunkel und ganz schön frisch, gut für mich zum Abkühlen. Ich schaute mich um. Gleich in der Nähe gab es eine dieser Buden, die verzierte Lebkuchenherzen verkaufen. »Ewig dein!« oder »In Liebe!« stand in rosa Zuckerschrift auf den Herzen. Ich seufzte.

      Da sah ich, dass vor einer anderen Festhalle die Menschen zusammenliefen. Ich ging neugierig hin. Eine bekannte Brauerei bot den Besuchern eine kleine Sensation: Ein langer Bierwagen, hoch beladen mit schön bemalten Fässern, wurde von einem Gespann mit sechs Pferden langsam über die Festmeile gezogen. Es waren prachtvolle, starke Kaltbluthengste, wohlgenährt und blankgeputzt. Auf dem ledernen Geschirr trugen sie mit bunten Bändern geschmückte Tannenkronen, Wappen und Wimpel. Das schwarze Zaumzeug blinkte vor lauter Silberbeschlägen.

      Das war im Formel-Eins-Zeitalter ein seltener Anblick. Die kräftigen Hengste mit den prallen Pferdeärschen hätte ich mir als Menschen gewünscht! Da fiel mein Blick auf die Kutscher. Einer von beiden hielt die Zügel, gleich mehrere in jeder Hand. Er war schon älter und wirkte sehr erfahren. Ruhig und sicher lenkte er die kraftstrotzenden Pferde durch die Menschenmenge.

      Der zweite, jüngere Kutscher war ein Traumkerl! Er trug wie der andere eine schicke rote Uniform mit goldenen Tressen und Knöpfen, dazu schwarze Stiefel und einen schwarzen Hut. Aber wie er das trug! Mit seinen dunklen Augen, der kräftigen Adlernase und dem dichten, schwarzen Schnurrbart wirkte er schön und stolz wie ein König.

      Ich starrte ihn an und vergaß Hannes vollkommen. Einmal wenigstens neben diesem Mann auf dem Kutschbock sitzen! Die Uniformhose saß ziemlich knapp. Ich sah sofort, dass er auch von seiner männlichen Ausstattung her gut zu seinen Hengsten passte. Der schöne Kerl machte allerdings gar nichts, er saß nur auf dem Kutschbock und hatte die Hände auf seine muskulösen Oberschenkel gelegt.

      Plötzlich hielt der Bierwagen an. Sofort waren die sechs Pferde von Kindern und Touristen umlagert. Kamerablitze flammten auf. Der ältere Kutscher sagte etwas zu dem jüngeren. Daraufhin stieg der Schöne vom Wagen. Ganz dicht neben mir lief er vorbei. Ich konnte trotz der Oktoberfestgerüche nach Weißwürsten, Bier und Radi seinen wundervollen Duft wahrnehmen. Er roch nach frisch gebügelter Uniform, nach einem leichten Aftershave und nach würzigem Heu – überhaupt nicht nach Pferd! Ich starrte ihm nach. Sein knackiger Hintern markierte sich in den engen, roten Hosen.

      Der junge Kutscher – er war bestimmt kaum älter als ich, also höchstens fünfunddreißig – ging am Gespann vorbei, richtete an einem der beiden vordersten Pferde das Halfter und befreite das Ohr des Tieres aus einer Lederschlinge. Dann kam er zurück. Sein Gang war leicht wiegend und kraftvoll. Ich stand mitten im Weg. Er hielt direkt vor mir kurz an, sah mir in die Augen, lächelte fast unmerklich, ging dann in einem Bogen um mich herum und kletterte wieder auf den Bock. Ich konnte mich nicht bewegen, so fasziniert und aufgeregt war ich.

      Da rief der ältere Kutscher den Pferden etwas zu und knallte mit der Peitsche. Der Wagen rollte an. Ich lief nebenher. Ich wäre bis ans Ende der Welt mitgegangen.

      Der Wagen umrundete das gesamte Festgelände. Immer wieder blieb er zwischendurch stehen, und immer wieder bildeten sich Trauben von fotografierenden Menschen. Ich wich nicht von seiner Seite. Ab und zu erhaschte ich einen Blick des jungen Kutschers.

      Endlich lenkte der Ältere die Pferde zu einer Art Stall, abseits vom Festgetümmel. Eine Kette hing vor der Zufahrt. Der Schöne stieg erneut ab und löste die Kette. Dabei sah er mich wieder an.

      »Besucher dürfen nicht in den Stall«, sagte er mit einer tief klingenden Stimme.

      »Ach bitte!«, sagte ich rasch. »Ich habe noch nie so schöne Hengste gesehen. Darf ich wenigstens beim Ausspannen dabei sein?«

      Der Junge guckte zum Alten hinauf. Der Alte knurrte irgendetwas.

      »Okay!«, meinte der Schöne.

      Ich ließ den Wagen passieren und hängte die Kette wieder ein. Glücklich folgte ich dem Gespann.

      Für den Wagen gab es eine Remise mit hohen Türen an beiden Seiten. So konnten die Pferde durchlaufen, bis der Wagen genau richtig stand, und wurden dann ausgespannt. Der Stall war nebenan. Es dauerte ziemlich lange, bis das ganze Ledergeschirr und das schmückende Beiwerk den Pferden abgenommen worden war und die Tiere sich endlich prustend ihren Futterkrippen zuwenden durften.

      Ich sah zu, wie mein schöner Kutscher sich bewegte, wie er das Lederzeug verstaute und den Pferden Hafer aufschüttete. Längst hatte er den Hut abgenommen und seine Uniformjacke ausgezogen. Sein schwarzes Haar glänzte im Licht der Stalllaternen. Seine Bewegungen waren harmonisch und geschmeidig.

      »Bis morgen, Antoine!«, sagte der Ältere irgendwann, während sich der Jüngere noch Hände und Gesicht an einem Stallwasserhahn wusch. »Du schließt ja dann noch ab!«

      »Okay! Bis morgen, Franz!«

      Der Alte verließ den Stall, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Mir war nun doch etwas mulmig zumute. Was sollte ich jetzt noch sagen? Ich müsste nun wirklich gehen. Verlegen schaute ich auf die sechs kräftigen Rösser, die friedlich schnaubend

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