Der Herr des Krieges Gesamtausgabe. Peter Urban
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Herr des Krieges Gesamtausgabe - Peter Urban страница 3
El Minas, ein Guerillero aus Navarra hatte dem jungen Portugiesen aufmerksam zugehört, doch er war skeptisch, ob es sich am Ende lohnen würde, mit den Briten zusammenzuarbeiten: „Don Antonio, was haben wir davon, diesem irischen Aristokraten Informationen zuzutragen? Er, die Franzosen oder ein spanischer Großgrundbesitzer, sie sind doch alle Unterdrücker, die uns einfache Bauern nur ausbeuten! Was kann er uns geben, wenn wir ihm helfen?”
„Spaniens Freiheit, Amigo!”
„Freiheit? Wenn die Franzosen weg sind, dann werden unsere eigenen Grundbesitzer uns wieder bis aufs Blut aussaugen! Was macht es für mich für einen Unterschied, wer mich bestiehlt?”
Der junge Portugiese sah den bärtigen Alten aus Navarra lange an. Es fiel ihm unendlich schwer, auf diese Äußerungen eines einfachen Mannes aus dem Volke eine Antwort zu geben, denn El Minas hatte im Grunde recht: Wenn die Franzosen fort waren, dann würde die spanische Grandezza die Bauern wieder plündern, so wie sie es seit Jahrhunderten tat. Doch dieses Problem konnte ein alliiertes Feldheer nicht lösen. Er beschloß, dem Navarener gegenüber einfach ehrlich zu sein: „Du hast richtig erkannt, daß es für euch keinen Unterschied macht, wer euch bestielt. Es ist auch richtig, daß der Ire ein Aristokrat und sein Ziel in diesem Kampfe nicht die Befreiung der spanischen Bauern ist. Dabei kann und wird er euch nicht helfen! Er ist von seiner Regierung auf die Iberische Halbinsel geschickt worden, um die Franzosen zu vertreiben. Wenn ihm dies gelingt, wird er in sein Land zurückkehren. Wenn er versagt, wird er auf spanischem Boden sterben! Er ist nur ein Soldat und ich bin mir selbst nicht einmal sicher, ob er überhaupt so etwas wie eine politische Überzeugung hat. Der General wird sich nicht in die inneren Angelegenheiten Spaniens einmischen. Alles, was ich zu seiner Verteidigung sagen kann, ist folgendes: Lord Wellington ist ein mutiger und aufrechter Mann! Er wird euch nicht benutzen und er wird euch nie anlügen. Wenn ihr ihm etwas gebt, dann wird er es euch auf die eine oder andere Art zurückzahlen. Sag mir deine Bedingungen! Was willst du von ihm, um gemeinsam mit uns gegen die Franzosen zu kämpfen?”
El Minas hatte diese direkte Antwort nicht erwartet. Er blickte den Portugiesen beschämt an. Verlegen kratzte er seinen langen Bart: „Ja, was will ich eigentlich? Meine Freiheit kann er mir nicht geben! Die spanischen Großgrundbesitzer kann er nicht vertreiben und die Gesetze dieses Landes wird er nicht ändern! Sag deinem irischen Generalissimo, daß die Männer Navarras ihm trotzdem helfen werden! Wir haben gesehen, wie er sich bei Talavera mit den Franzosen geschlagen hat, obwohl der Feind mehr als doppelt so stark war. Unsere Armee ist davongelaufen. Seine nicht! Die roten Röcke haben gekämpft, wie die Löwen und ihr Generalissimo hat sich vor den Kugel des Feindes auch nicht versteckt. Er ist verwundet worden und hat trotzdem sein Schlachtfeld nicht verlassen. Ich vermag einen Mann für seinen persönlichen Mut zu achten, selbst dann wenn er ein verdammter Aristokrat und Ausbeuter ist!”
El Minas Entscheidung bewegte auch die letzten, noch ein wenig wankelmütigen Guerilleros, sich auf die Seite der Alliierten zu schlagen. Don Antonio Maria Osorio Cabral de Castro versprach allen, daß die Briten sie mit Waffen und, wenn notwendig, mit Ausbildern versorgen würden. Wie auch den portugiesischen Widerstand, so hatte Lord Wellington seinem Adjutanten aufgetragen, so würde er die spanischen Guerillero in das alliierte Feldheer integrieren, sobald ausreichend Männer vorhanden waren um eigene Regimenter zu formen. Nach einem anstrengenden Monat kehrte der junge Portugiese müde, aber zufrieden nach Badajoz zurück. Er war der erste der kleinen Gruppe, der heimkehrte. Gespannt wartete er auf die anderen und darauf, welche Resultate und Neuigkeiten sie mitbrachten.
Kurze Zeit später erreichte dann ein ebensomüdes wie zufriedenes Quartett das britische Hauptquartier an der Landesgrenze zwischen Spanien und Portugal. Doch sie durften und konnten sich dem neugierigen Don Antonio noch nicht anvertrauen! Das einzige, was Hauptmann Cabral de Castro aus Pater Robertson und Oberst Grant bei einem gemeinsamen Abendessen in der Zitadelle herausbekam, war ein fröhliches Augenzwinkern. Obwohl Wellington wußte, daß auf all diese Männer, die er in geheimer Mission losgeschickt hatte, absoluter Verlaß war und niemand den anderen je verraten würde, hatte er doch beschlossen, daß außer ihm in diesem Moment keiner mit dem gesamten Plan vertraut gemacht werden sollte. Es stand zuviel auf dem Spiel, als daß er auch nur bereit war, das geringste Risiko einzugehen.
Während der Portugiese dem Benediktiner noch einmal Wein nachschenkte, in der Hoffnung vielleicht so seine Zunge zu lösen, stand Colquhoun Grant vom Tisch auf und holte Bleistift und Papier. Er schrieb ein paar Sätze nieder und streckte sie Don Antonio hin: „Anstatt uns auszufragen, wie ein altes Fischweib, mein Freund, solltest du dich lieber nützlich machen. Sag mir, was das ist?”
Der Portugiese betrachtete das Blatt, seine Stirn legte sich nachdenklich in Falten. Dann schüttelte er unzufrieden den Kopf: „Es ist verschlüsselt, irgendein Code! Doch was das bedeuten kann ... Granto, ich weiß es nicht! Darf ich den Fetzen behalten?” Der Husarenoberst nickte: „Wir haben es alle reihum versucht, aber keiner kann’s verstehen! Nicht einmal die klugen Padres von Braga, Tomar oder Santa Clara können sich einen Reim darauf machen. Mal sehen, was Sir Arthur selbst davon hält! Der hat in Indien ja offenbar die ganze Zeit mit Codes, Chiffres und Spionagenetzen gespielt. Wo der Chef nur steckt?”
Obwohl es ihm schwerfiel, nicht herauszuplatzen, zuckte Don Antonio nur die Schultern. Seit dem Abend in der Posada wußte er um die Wälle von Torres Vedras, doch Arthur hatte ihn als Freund gebeten, den Mund zu halten. Der Portugiese vermutete, daß der Ire angefangen hatte, an seinem Traum zu bauen, denn seit einiger Zeit schon gingen überall Gerüchte um, daß nun, nach dem Sieg über Österreich und dem Friedensschluß von Schönbrunn, Bonaparte selbst das Kommando über die französischen Armeen auf der Iberischen Halbinsel übernehmen würde und daß er es sich zum Ziel gemacht hatte, den schleichenden englischen Leoparden zurück ins Meer zu treiben und dem aufrührerischen Sepoy-General alle Knochen im Leib zu brechen. Der Kaiser hatte an den östlichen Grenzen seines Reiches Frieden erzwungen, seine Alte Garde marschierte auf Bayonne und es hieß, daß seine Wagen bereits auf dem Weg nach Madrid waren, um dort sein Hauptquartier vorzubereiten. Während eines ganzen Jahres mindestens, würde der Korse jetzt seine gesammelten Kräfte auf Spanien und Portugal richten können. Wellington mußten in seinem Versteck die gleichen Schreckensmeldungen zu Ohren gekommen sein!
Der bewährte Rowland Hill wartete genausoungeduldig wie die Männer des Quartetts und Don Antonio auf Arthurs Rückkehr. Er fühlte sich mit jedem Tag unwohler in seiner Haut. Der Ire hatte ihm einen großen Stoß unterschriebener, weißer Blätter in Badajoz zurückgelassen und ihn beauftragt – wie er es nannte –, Oberkommandierender zu spielen! Hill brachte täglich bange Stunden damit zu, Kuriere der Junta aus Sevilla hinzuhalten und negative Antworten seines Chefs auf Operationspläne zu erfinden. Die spanische La Mancha-Armee befand sich nun am Vorabend einer großen Aktion gegen die Adler und in den Augen Rowland Hills sicher auch am Vorabend ihrer totalen Zerstörung durch einen überlegenen und gerissenen Feind. General Areizago hatte sich ausgerechnet Marschall Soult als Gegner ausgewählt und marschierte auf Oçaña. Eine spanische Armee aus Galizien unter Del Parque bewegte sich durch die Ebenen von Leon auf Salamanca. Er würde General Marchand und das 6. Französische Armeekorps auf seinem Weg finden. Und unweit von Salamanca, in Alt-Kastilien, trieben sich die gefürchteten Dragoner des finsteren Generals Kellermann herum, zusammen mit drei Schweizer und vier oder fünf französischen Infanteriebataillonen, die General Marchand jederzeit verstärken konnten.
Auch Arthur Wellesley kannte diese Gerüchte: Sie waren ihm bis in die Berge zwischen Arruda und Torres Vedras zugetragen worden,