Du sollst nicht morden!. Dietrich Novak

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Du sollst nicht morden! - Dietrich Novak Valerie Voss, LKA Berlin

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gespielt wurde.

      Er war hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen. Eigentlich durfte sich eine Frau nicht derart unkeusch verhalten, und die Frauen seiner Konfession hätten das auch nie getan, höchstens für ihren Mann, bei hermetisch geschlossenen Vorhängen. Aber das war eben das Dilemma, ein Muslim musste warten, bis er verheiratet war, oder sich mit Frauen vertrösten, die mit ihrer Gunst und ihren Reizen nicht geizten. Deshalb gingen seine Freunde auch heimlich in Bordelle oder gaben sich mit liederlichen Mädchen und Frauen ab. Freilich dachten sie nicht im Traum daran, diese auch zu heiraten, denn ein gläubiger Muslim durfte nur eine Muslima ehelichen, eine, die völlig unberührt in die Ehe ging, oft von den Vätern ausgesucht und schon seit Kindesbeinen einem Mann versprochen, den sie erst kurz vor der Hochzeit kennenlernte.

      Er ließ gerade die rechte Hand vom Fernglas los, um sich in der Hose Erleichterung zu verschaffen, als drüben die Vorhänge zugezogen wurden. Ende der Vorstellung! In diesem Moment klopfte es an seiner Zimmertür.

      »Mehmet! Warum schließt du dich ein? Was machst du da drin?«, klang es mit schriller Stimme vom Flur her.

      »Nichts, ich will einfach meine Ruhe haben, Anne.«

      »Mach sofort auf. Das sind ja ganz neue Moden!«

      Widerwillig nahm er eine gebückte Haltung ein, um die ausgeprägte Beule in seiner Hose zu verbergen, drehte den Schlüssel herum und ließ sich auf sein Bett fallen, wo er eilig ein Kissen vor seinen Bauch hielt.

      »Warum sitzt du denn im Dunkeln? Ist dir nicht gut?«

      »Doch, bis eben war mir noch gut, sehr sogar.«

      »Wie sprichst du eigentlich mit deiner Mutter? Denk daran, dass Allah alles sieht und hört. Nur weil dein Vater nicht hier ist, weil er meint, in seiner Heimat werde er dringender gebraucht …«

      Die Frau mit der dunklen Haut und dem brünetten Haar, das sie innerhalb der Wohnung unbedeckt trug, wäre von Fremden nie als eine gebürtige Deutsche und als ehemalige Protestantin erkannt worden, zumal sie nie ohne Kopftuch das Haus verließ und peinlich darauf achtete, dass nicht einmal der Haaransatz hervorschaute.

      »Was du mit dringender gebraucht umschreibst, bedeutet, dass Vater sich um seine anderen beiden Frauen kümmern muss, die er in der Heimat zurückgelassen hat«, ereiferte sich Mehmet. »Das hast du vorher gewusst, als du dem Islam beigetreten bist. Und wie läufst du eigentlich herum? Es könnte jeden Moment jemand zu Besuch kommen …«

      »Dann kann es nur die zahlreiche Verwandtschaft deines Vaters sein, die dürfen mich ohnehin ohne Kopftuch sehen. Es heißt: Die gläubigen Frauen sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, es sei denn ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen Trieb mehr haben, den Kindern, die die Blöße der Frauen nicht beachten. Und wenn es einer deiner Freunde ist, die man allesamt nicht mehr als Kinder, die die Blöße der Frauen nicht beachten, bezeichnen kann … denen wirst du öffnen, derweil ich mich bedecke.«

      »Und wenn ein Fremder an die Tür kommt?«

      »Der wird eben einen Moment warten müssen. Außerdem, ich habe den Qur’an (Koran) auch gelesen, mein Sohn. Keine der drei infrage kommenden Verse bietet einen eindeutigen Anhaltspunkt, dass Frauen ein Kopftuch oder einen gesichtsverhüllenden Schleier tragen sollen. Die eine Stelle in Sure 24, 31 betrifft sowohl Männer als auch Frauen und zielt auf Schicklichkeit und Protzerei, indem Frauen nahegelegt wird, einen himar Schal zu tragen, der alles, bis auf das verdeckt, was bei Wahrung der Keuschheit sichtbar sein darf. Weiterhin wird Frauen nahegelegt, ihren Schmuck mit Zurückhaltung zu tragen. Aber daraus lässt sich nicht das Tragen einer Verdeckung oder gar die Verdeckung des gesamten Gesichts ableiten.

      In der Sure 33, 59 heißt es an einer Stelle, dass die Frauen ein gilbab Gewand tragen sollen, damit sie als verehelicht „erkannt“ und nicht belästigt werden.

      Die dritte Stelle befindet sich in Sure 33, 53 und bezieht sich lediglich auf die Frauen des Propheten, indem gefordert wird, dass Gäste im Hause des Propheten, wenn sie dessen Frauen um etwas bitten, dies hinter einer higab Abschirmung tun sollen. Damit war eine Trennwand gemeint und keineswegs ein Kleidungsstück. So sieht es aus. Auch ich habe meine Hausaufgaben gemacht.«

      Mehmet, der immer noch ärgerlich über die Störung seiner erotischen Fantasien war, blieb keine Antwort schuldig.

      »Fest steht, dass klassische Qur’an-Interpreten darauf beharren, dass es eine religiöse Pflicht für Muslimas ist, ein Kopftuch oder eine andere Verschleierung zu tragen. Vater will das so, und ich auch. Während seiner Abwesenheit vertrete ich ihn eh als Familienoberhaupt.«

      »Ja, ist ja schon gut. Ich wollte nur darauf hinweisen.«

      Paul Schütterer war viel früher aus dem Urlaub zurück-gekehrt als erwartet. Dementsprechend schlecht gelaunt war er, was sein gereizter Gesichtsausdruck und das nervöse Zucken um seine Mundwinkel verrieten. Sein dünnes Haupthaar gab bereits große Teile seiner Kopfhaut frei. Deshalb wurde hinter vorgehaltener Hand gerne gewitzelt: „Paul wird auch immer schütterer“. Nur heute hätte sich das niemand aus Angst vor den Folgen gewagt.

      »So früh haben wir Sie gar nicht zurückerwartet, Chef«, sagte Hinnerk und Valerie lächelte ihm freundlich zu.

      »Das kann ich mir denken«, blaffte Schütterer. »Da hat man kaum den Arsch aus der Tür bewegt, und schon tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Was habt ihr euch eigentlich beide dabei gedacht, unerlaubt in Italien zu ermitteln? Wir sind zum Gespött der Presse geworden. Die Neue Südtiroler Tageszeitung schreibt:

      „Deutsche Kommissare in zweifachen Mordfall verwickelt. Die mutmaßliche Täterin musste dabei sterben.“

      Und die Dolomiten - ehemals Der Tiroler - überschlagen sich ebenfalls.

      „Südtirolerin schießt mit der Dienstwaffe eines deutschen Kommissars auf italienische Polizisten“,

      heißt es da. Ich glaube, euch hat man ins Gehirn geschissen. Mir wird weisgemacht, einen Erholungsurlaub antreten zu wollen … ich habe leider versäumt, Ihnen vorher die Dienstwaffe und den –Ausweis abzunehmen, Herr Lange. So wie ich es bei Ihrer Kollegin Frau Voss getan habe. Und die hat nichts Besseres zu tun, als Ihnen nachzureisen. Dabei war sie kurz zuvor gerade erst selber mit einem blauen Auge davongekommen. Also, mir fehlen die Worte.«

      »Dafür war Ihre Rede ziemlich lang«, sagte Valerie, »vielleicht darf ich erklären?«

      »Nein, das dürfen Sie nicht. Es gibt nichts zu erklären. Die Tatsachen sprechen für sich. Sie wollten die Lobrecht fassen und sind ihr in die Falle getappt. Es ist nicht erst seit heute bekannt, dass diese Geisteskranken einen enormen Scharfsinn und eine abgrundtiefe Verschlagenheit entwickeln können. Um ein Haar hätte ich zwei meiner besten, aber leider auch unbelehrbaren, Mitarbeiter verloren.«

      »Chef, ich hatte Grund zur Annahme, dass Elvira Lobrecht ihre Mutter umbringen wollte«, wagte Hinnerk einen Einwand. »Das hat sie dann ja auch getan, und ihre Großmutter gleich dazu. Ich wollte verhindern, dass …«

      »Wir sind in erster Linie dazu da, Verbrechen aufzuklären«, unterbrach ihn Schütterer, »wenn wir auch noch alle, die eventuell ausgeführt werden, verhindern wollten, wären wir auf verlorenem Posten.«

      »Und

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