Du sollst nicht morden!. Dietrich Novak

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Du sollst nicht morden! - Dietrich Novak Valerie Voss, LKA Berlin

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Kollegen in Südtirol. Egal, was Sie noch an Ausreden anführen wollen, Tatsache ist, Sie haben unerlaubter Weise Ihre Dienstwaffe mit in die Ferien genommen. Und damit ist geschossen worden, sogar auf Polizisten. Wenn Sie nicht so ein unerhörtes Schwein gehabt hätten, zu dieser Zeit in einer Grube gefangen gehalten zu werden wie die Maus in der Falle, wäre es schwer zu beweisen gewesen, dass nicht Sie, sondern die Lobrecht geschossen hat. In diesem Falle hätten die Schlagzeilen dann wohl gelautet: „Deutscher Kommissar schießt auf italienische Kollegen.“ Das hätte einen Skandal erster Güte gegeben.«

      Hinnerk wagte nicht, erneut zu widersprechen, denn er hätte auf die Schmauchspuren hinweisen können, die nicht an seinen Händen, sondern an denen der Lobrecht sichergestellt worden wären, wenn nicht ohnehin die Carabinieri ihr Auge in Auge gegenüber gestanden hätten. Aber weil er genau wusste, wie sein Chef es meinte, schluckte er alles herunter.

      »Und für Sie gilt das Gleiche, Frau Voss. Auch Sie führen eine Dienstwaffe im Urlaubsort bei sich und ballern damit wild aus dem Kellerloch durch die Abdeckung. Auch Sie können von Glück sagen, dass dabei kein italienischer Polizist verletzt worden ist, denn wenigstens waren Sie so umsichtig, diese vorher zu Hilfe zu rufen.«

      »Die Lobrecht hat gedroht uns umzubringen«, sagte Valerie, »also war es Notwehr, wenn Sie so wollen. Nachdem Sie sich nun gründlich ausgekotzt haben, wäre es an der Zeit, zu erwähnen, dass mit unserer Hilfe vier Mordfälle aufgeklärt worden sind.«

      »Was erlauben Sie sich für einen Ton mir gegenüber? Die Dame entwickelt kein Schuldbewusstsein und will auch noch gelobt werden. Ich glaube, ich stehe im Wald.«

      »Meine Kollegin meint es nicht so, Sie kennen doch ihre impulsive Art.«

      »Sie brauchen sich gar nicht als Kavalier aufzuspielen. Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass Sie beide mehr als das Büro teilen …«

      »Ja, auch das Bett, wenn Sie es genau wissen wollen«, schrie Valerie und sprang auf. »Dann suspendieren Sie mich doch. Es wäre ja nicht das erste Mal. Aber mein Privatleben geht Sie einen Scheiß an.« Damit verließ sie türenknallend das Büro.

      »Also, das ist doch …« Schütterer schnappte förmlich nach Luft.

      »Entschuldigen Sie, Chef. Es war alles ein bisschen viel für Valerie in letzter Zeit.«

      »Das rechtfertigt kein derartiges Benehmen … ich werde mir überlegen, ob ich die entsprechenden Schritte einleite.«

      Hinnerk wusste, dass diese Formulierung von Schütterer gerne gebraucht wurde, aber meistens ohne Folgen blieb, trotzdem sagte er: »Bitte nicht, Chef. Ich verspreche, mich um Valerie zu kümmern. So schnell wird sie keine Dummheiten mehr machen. Aber Sie haben uns noch nicht erzählt, warum Sie früher zurück …«

      »Ach, zum Kuckuck, weil meine Frau sich den Fuß verstaucht hat. Es war ihr zu langweilig, im Hotelzimmer liegen zu müssen, deshalb wollte sie nach Hause«, antwortete Schütterer schon etwas ruhiger geworden.

      »Und wie kommen Sie an die Zeitungen? Hat man Ihnen die zugeschickt?«

      »Ach was, reiner Zufall. Auch wir waren in Italien, wenn auch in einer ganz anderen Gegend, aber dort gab es eben auch deutschsprachige Presse. Und ich glaubte, meinen Augen nicht trauen zu können …«

      Hinnerk fiel auf, dass Schütterer in einem Satz dreimal auch untergebracht hatte, ein Zeichen dafür, dass ihm die Auseinandersetzung zu schaffen machte.

      »Nicht wieder aufregen, Chef. Denken Sie an Ihr Herz.«

      »Ach, zum Donnerwetter, ich rege mich auf, wenn es mir passt. Jedenfalls werden Sie vorerst keine neuen Fälle bekommen. Darum können sich die Kollegen aus den anderen Abteilungen kümmern. Strafe muss sein. Auch gibt es genügend unaufgeklärte Fälle, an die Sie sich erneut ranmachen können. Und das gilt für Sie beide. So, Ende der Durchsage! Einen schönen Tag noch!«

      »Ihnen auch.« Hinnerk beeilte sich, aus dem Büro zu kommen, bevor es sich Schütterer anders überlegte.

      »Moment noch«, hielt ihn sein Chef an der Tür auf. »Das mit der Voss kann ich sogar verstehen. Sie ist ja ein verdammt hübsches Weibsbild. Und wenn man auf freche Klappe steht … aber sehen Sie zu, dass es hier im Haus nicht allzu sehr die Runde macht. Es wird schon genug gequatscht. Was anderes ist es natürlich, wenn Sie in Erwägung ziehen, die Beziehung zu legalisieren …«

      »Ich ziehe beziehungsweise ich erwäge, aber leider gehören zwei dazu.«

      Zurück in ihrem Büro setzte Hinnerk eine strenge Miene auf. »Wenn du den Alten derart provozierst, ereichst du das Gegenteil«, sagte er zu Valerie.

      »Wenigstens krieche ich nicht unter dem Teppich …«, antwortete sie.

      »Womit sich die Frage erübrigt, wie das Gespräch verlaufen ist«, meinte Lars.

      »Beschissen, damit du’s weißt, wir sind dazu verdonnert worden, die ungelösten Fälle zu bearbeiten. Neu hereinkommende gehen an die anderen Abteilungen.«

      »Na toll, das heißt, wir werden die nächste Zeit nicht aus diesen ach so gemütlichen vier Wänden herauskommen …«

      »Quatsch keinen Unsinn, Lars, davon, dass die Akten gewälzt werden, lassen sich die Fälle auch nicht lösen. Da heißt es ganz neu ermitteln, und das tut man gewöhnlich draußen«, mischte sich Schmidtchen ein. »Außerdem wird sich Schütterer die Sache noch mal überlegen, wenn die Mordlust in Berlin wieder ansteigt.«

      »Bravo, ein Glück, dass wir in unserer Abteilung auch Frauen haben«, grinste Valerie. »Und noch dazu so kluge wie dich Schmidtchen.«

      »Komm, Lars, hier ist unser Typ momentan nicht gefragt. Lass uns in die Kantine gehen«, sagte Hinnerk.

      »Ohne uns?«, rief Valerie, »kommt gar nicht in die Tüte. Die Akten können warten.«

      Mehmet kam an seinem Lieblings-Shisha-Café vorbei. Draußen saßen in gemütlichen Korbsesseln männliche Jugendliche mit hauptsächlich türkischem und arabischem Migrationshintergrund. Einige von ihnen taten das, was sie unter „Chillen“ verstanden, selbstvergessen am Plastikschlauch einer Shisha Wasserpfeife zu ziehen, dabei das blubbernde Wasser im verzierten Glasgefäß zu beobachten und anschließend den Rauch des Orangen-Minz-Tabak-gemischs auszublasen. Die meisten unterschieden sich vom Aussehen her kaum von Mehmet. Bei einigen war der Oberkörper lediglich etwas durchtrainierter, der Bart kunstvoll rasiert oder der Kopf gänzlich kahlgeschoren.

      »Ey Alter, was geht?«, fragte der Wortführer der kleinen Gruppe, den alle nur Boss nannten. »Komm, setz dich zu uns, Bruder.«

      Bevor es dazu kam, musste Mehmet erst alle umarmen und die aus seiner weitläufigen Verwandtschaft mit Wangenküssen begrüßen. Anders als manch andere Jugendliche beschäftigten sich Mehmets Kumpel weniger mit Computerspielen, Dart und SMS schreiben. Sie interessierten sich für Philosophen und deren Lehren, und ihr Handy nutzten sie für das Speichern der Suren des Koran oder lernten sie auswendig.

      Wenn ihnen Platon oder Kant keinen Gesprächsstoff lieferten, dann waren es die Reden des Hauptpredigers der deutschen Islamisten, oder der Dschihad, auch „Heiliger Krieg“ genannt, der gelegentlich sogar den deutschen Verfassungsschutz beschäftigte. Dabei bedeutete der Begriff Dschihad eigentlich nur Bemühung, Einsatz, Anstrengung, Kampf auf dem Wege Gottes. Deshalb wehrten sich muslimische Autoren dagegen, dass Dschihad als Heiliger Krieg oder Kriegsführung bezeichnet wurde. Derlei Übersetzungen

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