Die Kinder Paxias. Laura Feder

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Die Kinder Paxias - Laura Feder

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      Wäre sie nicht an dieses elende Bett gefesselt, einem lästigen Insekt gleich hätte sie ihn hinausgeschleudert.

      Nicht mehr als eine infame Kreatur, verdiente dieses unwürdige Subjekt weder einen ehrenvollen Tod noch eine Herausforderung zu einem Zweikampf.

      Allerdings schien Ehre in dieser fremden Welt keine Bedeutung zu haben oder zumindest anders verstanden zu werden, als es ihr, die sie ein Teil des stolzen Sternenvolkes war, von frühester Kindheit an gelehrt worden war. Iains Verhalten, angesichts dieser untragbaren Situation, verriet es ihr.

      Er schien zwar erstaunt und unwillig über diesen überfallartigen Ansturm des Kanzlers, tat jedoch zu ihrem unendlichen Erstaunen und wachsenden Zorn nichts, um diesem, stellvertretend für sie, seine Grenzen beizubringen – vorzugsweise möglichst schmerzhaft.

      Offensichtlich musste sie diese Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.

      Keine Wut war groß genug, die Schmerzen zu ignorieren, die durch ihr Bein fuhren, als sie sich weiter aufrichtete, in dem Vorhaben, sich des Alten zu entledigen.

      In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken, machten es ihr leichter, ihre aggressive Natur zu unterdrücken. Nur ihre geballten Fäuste gaben dieser weiterhin Ausdruck.

      Sie hatte einen Auftrag, sie durfte sich nicht erlauben, ihre Genesung durch unbedachte Taten zu verzögern. Es war für ihr Volk essentiell, dass sie diesen schnell – sehr schnell erfüllte. Und diese schändliche Kreatur war es in keinem Falle wert, zu einem Hindernis in ihrem Gesundungsprozess zu werden. Womöglich konnten bleibende Schäden an ihrem Bein zurückbleiben, wenn sie dem Rat der Medizinerin nicht Folge leistete und im Bett blieb, bis es ihrem Körper zuträglich war, ihre Reise fortzusetzen.

      Dennoch, ihr Zorn konnte keiner vernünftig denkenden Person mit der Fähigkeit des Sehens entgehen. Und wenn man sie bei ihrem Kampf mit Iain zuvor erlebt hatte, dann konnte man sich auch mehr als lebhaft vorstellen, zu was dieses Mädchen in der Lage war, wenn das Ausmaß ihrer Wut eine Grenze erreichte, die keinen Schmerz mehr kannte.

      Inwieweit Saya fähig war, sich zu beherrschen und ihre Gefühle zu unterdrücken, war die große Unbekannte in Colias Gleichung, so dass sie sich veranlasst sah, sich aus ihrem Stuhl zu erheben und mit mahnendem Blick auf die Männer zuzuschreiten.

      Janos bemerkte von alldem nichts, er war viel zu fixiert auf die halb sitzende Saya, um Colia oder deren stumme Warnung zu registrieren. Und auch wenn er die Angst im Nacken spürte, so konnte er sich im Gegensatz zu der fremden Gelehrten nicht zurückhalten.

      „Wie könnt Ihr es wagen?!“, schrie er erbost und trat wagemutig einen Schritt näher an das Bett, aufgebracht Iains Hand von seiner Schulter schüttelnd, die fest genug nach ihm gegriffen hatte, um als Forderung zu schweigen erkannt zu werden.

      Eine Forderung, die er um keinen Preis zu erfüllen gedachte. Stattdessen entfernte er sich einen weiteren Schritt von dem jüngeren Mann.

      „Mit welcher Berechtigung erlaubt Ihr Euch eine so vertrauliche Anrede gegenüber dem Bruder des Herrschers dieses Reiches? Ihr seid hier nicht einmal willkommen.

      Um Euch hierher zu bringen, hat sich Iain gegen den Willen seines Volkes, sich schnellstens Eurer zu entledigen, aufgelehnt und Euch trotz jeden Widerstandes in sein Gemach gebracht, um Euch von unserer Medizinerin heilen zu lassen.

      Er hat sich, um Euer Leben zu retten, selbst in Gefahr begeben, indem er nach diesem Tod bringenden Unwetter Paxia aufgesucht hat. Und nun, da Ihr wieder bei Bewusstsein seid, habt Ihr nichts anderes getan, als ihn sträflichst zu beleidigen, statt ihm auf Knien demütig zu danken, dass er Euer armseliges Dasein nicht hat verlöschen lassen.“

      Sayas Geduldsfaden riss, sie explodierte.

      „Welcher Dämon hat von dir Besitz ergriffen, dass du es wagst, mit mir, einer Sternwächterin, so zu reden?

      Bei allen Mächten Paxias, du widerliche Kreatur bist es nicht wert, dieser Welt anzugehören. Es wäre mir eine reine Freude, sie von dir zu erlösen!

      Nichts hat euer Bruderregent getan, um mich zu retten.

      Er hat mich in dieses Reich entführt, ohne dass ich ihn darum gebeten hätte, hat mich mit Drogen betäuben lassen, was in meiner Welt mehr als die Todesstrafe verdient hätte. Und er hat es zugelassen, dass du unwürdiges Nichts in dieses Gemach hast eindringen und deine Stimme gegen mich erheben können, obwohl ich augenblicklich nicht in der körperlichen Lage bin, mit einer entsprechenden Reaktion zu antworten, die in jedem Fall deine Begräbnisfeierlichkeiten zur Folge haben würden. Und ich glaube nicht, dass eine einzige Person von Wert und Ehre dabei anwesend sein würde.

      An deiner Stelle würde ich in den nächsten sechs Wochen keinen Schritt tun, ohne vorher nachzusehen, ob ich nicht in der Nähe bin. Irgendwann werde ich wieder geheilt sein, und dann bete zu Paxia, dass ich dir nicht begegne!

      Das war keine Drohung!

      Dein Bruderregent hat mich kämpfen erlebt, als ich verwundet war. Er wird dir sicher gern jede Einzelheit beschreiben, und ich kann dir versprechen, dass meine Kräfte weit über dieses kurze Erlebnis hinausgehen.

      Außerdem muss ich dir zu deinem Bedauern mitteilen, dass du dir keine Mühe mit Hinterhalten wie Giften oder sonstigen Leben verkürzenden Mitteln zu machen brauchst. Ich nehme an, Dreck wie du wird sich nicht auf einen Zweikampf einlassen wollen, sondern eher versuchen das Problem anders zu lösen.

      Du wirst feststellen, nichts von alldem wird Wirkung bei mir zeigen, da ich die Macht der Unsterblichkeit besitze …“

      An dieser Stelle wurde Sayas Ausbruch durch Colia unterbrochen, die beide Männer mit dem Schließen der Tür hinausbeförderte.

      Kapitel 3

      Schockiert?

      Überrascht?

      Begeistert?

      Erregt?

      Betroffen?

      Zusammengefasst konnte dies als zutreffende Beschreibung für Iains inneren Zustand gelten. Seitdem er seinen unwilligen Gast auf wundersame Weise gefunden und in sein Bett gelegt hatte, war es um seine Ruhe geschehen.

      Dieses Wesen hatte es in kürzester Zeit fertiggebracht, ihn in einer Weise aufzuwühlen, die er in den einhundertachtundneunzig Jahren seines Daseins, über der wunderschönen Welt mit dem klangvollen Namen Paxia, nie erlebt hatte. Selbst die Vorstellung, ihm könnte ein solches Gefühlschaos je widerfahren, war ihm bisher zu unglaublich in seiner Intensität vorgekommen.

      Was er nun brauchte, war Zeit – Zeit, um seinen inneren Frieden wiederzufinden.

      Iain war kein Mann, der mit seinen Emotionen Verstecken spielte, er verbarg nur wenig von sich seiner Umwelt gegenüber und konnte meistens sehr frei erscheinen. Es war seine entwaffnende Offenheit, mit der er es verstand, Freunde und Herzen zu gewinnen.

      Aber Offenheit brauchte Kraft und Mut. Beides Eigenschaften, die er ohne Frieden und Klarheit mit sich selbst nicht aufbringen konnte.

      Auch wenn er ein äußerst fähiger Diplomat war und nicht selten eine gewinnende Persönlichkeit an den Tag legte, mit der er hervorragend umzugehen verstand, so war es für ihn von absoluter Wichtigkeit, dass

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