Der 7. Lehrling. Volker Hesse

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Der 7. Lehrling - Volker Hesse

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sich etwa eine Meile rechts von ihm über den Abgrund!

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      Nach dem Abendessen sagte Falk zu Quentin, dass er zu seiner Arbeit als Müllerlehrling vorübergehend noch eine andere Aufgabe übernehmen müsse. „Durch den geschwollenen Knöchel kann Finja im Moment keine Besorgungen in der Stadt machen. Und daher“, sagte Falk, „musst Du Finja so lange helfen, bis sie wieder richtig laufen kann!“

      Quentin glaubte, er traue seinen Ohren nicht: Besorgungen in der Stadt machen! Da konnte er sich alles anschauen! Ein riesiger Markt, vielleicht sogar ein Wanderzirkus, Gaukler, Feuerspucker! Jetzt dachte er ernsthaft, er würde das alles nur träumen und morgen früh von seiner Mutter geweckt werden. Erst als er sich so heftig in die Wange kniff, dass ihm die Tränen in die Augen schossen, wusste er, dass alles real war.

      Falks Bemerkung brachte ihn schnell in die Wirklichkeit zurück: „Aber glaub nicht, dass Du den ganzen Tag durch die Stadt bummeln kannst. In der Mühle gibt es mehr als genug zu tun!“ „Natürlich, Meister“, antwortete Quentin brav. Er würde sicher nicht seine neue Arbeit durch Dummheiten gefährden.

      #

      Völlig außer Atem kam Milan oberhalb der Seilbrücke an. Etwa fünf Meter unter ihm ragte ein natürliches Podest aus der Wand. Auf der anderen Seite der Schlucht sah er einen ähnlichen Vorsprung. Die Brücke bestand aus vier Seilen, die zwischen den Podesten paarweise übereinander über den Abgrund gespannt waren. Zwischen den unteren zwei Seilen waren Hölzer quer befestigt. Die oberen beiden Seile dienten scheinbar zum Festhalten.

      Milan ließ seinen Blick über die Brücke schweifen. In unregelmäßigen Abständen fehlten einige Querhölzer. Sicher war die Brücke schon sehr alt. Darauf deutete auch die verwitterte, in den Stein gehauene Treppe hin, die sich zu seinen Füßen zum Podest hinunterschlängelte.

      Einen kurzen Moment zweifelte Milan, ob er sein Leben dieser alten Konstruktion anvertrauen sollte. Alternativen gab es allerdings auch nicht – jedenfalls keine, die ihm ein rechtzeitiges Eintreffen in Filitosa ermöglicht hätten.

      Also ergab sich Milan in sein Schicksal und stieg die Stufen zur Brücke hinunter.

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      Meara fiel auf den Laubhaufen, den sie sich unter einer mächtigen Blutbuche zusammengerafft hatte. Ihre Beine schmerzten, ihre Füße brannten wie Feuer. Stöhnend zog sie ihre Schuhe aus. Zum Glück hatte sie sich keine Blase gelaufen! Sie hielt die geröteten Füße in den kleinen Bach, der an ihrem Lager vorbeifloss, und seufzte erleichtert.

      Sie lauschte in den Wald hinein. Die Vögel sangen noch einmal in den Strahlen der untergehenden Sonne, bevor auch sie sich zur Ruhe begaben.

      Meara hatte ein gutes Stück geschafft. Sicher hatte sie ein Teil des verlorenen Weges vom letzten Tag wieder aufgeholt. Sie nahm ihre Füße aus dem Bach und trocknete sie ordentlich ab. Dann suchte sie sich trockenes Holz zusammen und machte ein Feuer. Verträumt sah sie dem Sonnenuntergang zu, während sie einen süßen reifen Apfel kaute, den sie unterwegs gepflückt hatte.

      #

      Träge schaukelte die Brücke im Wind hin und her. Die Seile ächzten und knirschten bei jeder Bewegung. Milan zögerte. Was, wenn die Brücke nicht hielt? Es sah aus, als hätte seit Generationen niemand mehr einen Fuß auf diese Hölzer gesetzt.

      Aber vom Warten wurde es nicht besser. Wenn er die Entscheidung noch bis zum nächsten Morgen verschob, würde er sicher niemals über dieses Überbleibsel einer Brücke gehen. Also los!

      Vorsichtig setzte Milan den Fuß auf das erste Querholz. Beide Hände hatte er fest um die oberen Seile gelegt. Wenn er jetzt den rechten Fuß anhob, dann befand er sich endgültig über der tiefen Schlucht. Alles Weitere würde davon abhängen, ob das Glück auf seiner Seite war.

      Langsam verlagerte Milan sein Gewicht auf den linken Fuß. Das Holz quittierte die ungewohnte Belastung mit einem lauten Ächzen. Aber es hielt.

      Milan nahm den rechten Fuß vom sicheren Podest und trat über den Abgrund hinaus. Sein Herz schlug wie wild. Nur nicht die Nerven verlieren! Schritt für Schritt ging er auf die andere Seite zu. Die Seile hingen unter Milans Gewicht tief durch.

      Etwa zehn Querhölzer lagen hinter ihm, als die erste Lücke kam. Jetzt musste Milan einen großen Schritt machen. Langsam ging er in die Hocke und verlagerte sein Gewicht auf das rechte Bein. Das Holz knackte bedenklich. Milan streckte vorsichtig das linke Bein aus und stellte es auf das nächste Querholz. Als er einigermaßen Halt gefunden hatte, schob er sich Zentimeter für Zentimeter über die Lücke.

      Krach! In einer Wolke gab die wurmstichige Strebe unter seinem hinteren Fuß nach und zerfiel in Splitter und Staub. Milans Hände krallten sich wie Schraubstöcke um die oberen Seile. Nur seine Geistesgegenwart rettete ihn vor dem Sturz in den Abgrund. Zum Glück hatte das vordere Querholz gehalten, auf dem sein linker Fuß stand!

      Zitternd setzte Milan seinen rechten Fuß auf das Tragseil und richtete sich langsam wieder auf. Er musste die Technik ändern. Dem brüchigen Holz wollte er keinen weiteren Schritt anvertrauen. Ab jetzt würde er nur noch die Seile benutzen und ganz auf die Querhölzer verzichten. Vorsichtig ging er weiter.

      Je weiter Milan vorwärtskam, umso mehr wich seine Unsicherheit der Gewissheit, dass er es schaffen würde. Jetzt war er fast bei der Hälfte der Brücke angekommen und blickte zurück. Wenn er auf der anderen Seite war, hatte er noch genug Licht, um vielleicht eine knappe Stunde zu marschieren. Er würde es rechtzeitig nach Filitosa schaffen!

      Mit einem Knall wie von einer Peitsche riss unter seinem Fuß das morsche rechte Tragseil und löste eine Kettenreaktion aus. Die anderen Seile waren genauso alt und brüchig und konnten der plötzlichen Belastung nicht mehr standhalten. Innerhalb eines Sekundenbruchteils rissen auch das linke und das rechte obere Seil und schließlich das linke Tragseil. In den roten Strahlen der untergehenden Sonne stürzte Milan schreiend mit den Resten der Brücke in die Tiefe.

      #

      Aminas Kopf ruckte hoch. Was war das gewesen? War jemand hereingekommen? Schnell warf sie einen Blick um sich, aber in dem kleinen Kontor, in dem sie über den Papieren der Metzgerei saß, war sonst niemand. Heruntergefallen war auch nichts.

      Merkwürdigerweise schoss ihr immer wieder das Bild von Milan durch den Kopf. War er etwa schon da? Sie lief zur Tür und schaute hinaus. Nichts. Aber das merkwürdige Gefühl, das von ihr Besitz ergriffen hatte, blieb. Verstört ging sie zu dem kleinen Herd im Aufenthaltsraum und setzte den Kessel auf. Ein Tee würde bestimmt gegen die komischen Gedanken helfen.

      Während Amina darauf wartete, dass das Wasser kochte, flackerten ihr immer wieder Bilder von Milan durch den Kopf. Dazwischen mischten sich vage Andeutungen von Schrecken und Schmerz. Aber es gab nichts Konkretes, nichts Greifbares. Dann fingen die Bilder langsam an zu verblassen. Schließlich war es vorbei.

      Amina wusste nicht, wie sie dieses Erlebnis bewerten sollte. Hatte sie das gehabt, was die älteren Magier ganz schlicht „Ahnung“ nannten? War Milan etwas passiert? War er verletzt oder in Gefahr? Amina war schon auf dem Weg zur Tür, um Adina alles zu berichten, aber dann blieb sie stehen. Was, wenn sie sich das alles nur einbildete? Sie konnte jetzt schon sehen, wie Adina sich vor Lachen den Bauch hielt. Vielleicht ging ja wirklich nur ihre Fantasie mit ihr durch …

      Als das Wasser kochte, goss Amina es in die Teekanne. Sie schüttelte noch einmal den Kopf, ging zurück zu den Listen und machte sich wieder an die Arbeit. Richtig

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