Erkläre mir das Leben. Katie Volckx

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Erkläre mir das Leben - Katie Volckx

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kannst dich voll auf mich verlassen.« Ganz bestimmt wollte ich nicht derjenige sein, der Jule unnötige Schwierigkeiten bescherte. Sie hatte ja recht, sie hatte nichts von sich gegeben, das Aufschluss gab. Tatsächlich wusste ich nicht mehr als vorher, kam mir nun sogar noch dümmer vor als zuvor. »So, nun zu dir. Was beschäftigt dich?« Die Angelegenheit mit Niko, Harro und Winter konnte nämlich nicht über Jules eigene mittelmäßige Laune hinwegtäuschen.

      »Was ... was meinst du?«, geriet sie ins Stottern und gab damit noch mehr Anlass zum Verdacht.

      »Letztes Wochenende, als wir im Kino waren, warst du auch schon so seltsam drauf. Aber da dachte ich noch, dass du vielleicht vor deinen Tagen stehst.«

      Sie schmunzelte. »Eher nicht.« Ihr Blick wich meinem aus. »Ist es mir echt so deutlich ins Gesicht geschrieben?«

      »Hey, ich bin ein Kerl. Meinst du nicht, dass das was zu heißen hat, wenn dem das schon auffällt?«

      »Ja. Scheiße.« Sie knabberte an ihrer Unterlippe und wackelte mit dem Fuß. Ich wollte mich davon ja nicht nervös machen lassen, aber ein bisschen ging es doch auf mich über. »Kann ich dir was anvertrauen?«, fragte sie nach einem Weilchen.

      War ich wirklich bereit, mir ein Geheimnis aufzuladen? Denn mir schwante, dass sie mich hauptsächlich Niko gegenüber zur Geheimhaltung verpflichten würde. Aber es war meine Neugier, die ein leichtsinniges Ja zur Antwort gab.

      »Ich bin schwanger«, verkündete sie ohne langes Federlesen und verursachte damit einen kurzen Herzstillstand bei mir.

      Als ich wieder zu mir kam und ihre Worte einigermaßen verarbeitet hatte, wurde mir klar, dass ich mich umsonst gesorgt hatte und sehr wohl mit Niko darüber sprechen könnte. Dabei schoss mir durch den Kopf, dass er auch hierzu geschwiegen hatte. Um meine Freundschaft mit Niko schien es wirklich schlecht zu stehen. Nur, warum war mir das zuvor nie aufgefallen?

      »Wieso hat Niko mir gegenüber noch nichts darüber fallen lassen?«, machte ich meiner Enttäuschung Luft. »Jetzt mal ehrlich, er und ich sind Freunde seit Kindertagen. Wie kann er das vergessen haben?«

      Jule stoppte mich in meiner Aufregung. »Er weiß es noch gar nicht, du Drama Queen.«

      »Oh«, machte ich. »Und wann gedenkst du ihn aufzuklären?«

      »Nie, hab ich mir so gedacht.«

      »Du bist doch von allen guten Geistern verlassen, Jule.«

      Sie wurde kurz still, wirkte eher sogar leidend. »Ich denke über eine Abtreibung nach. Warum sollte ich da erst groß für Aufruhr sorgen?«

      Vor Entsetzen stand mir der Mund offen. Ich musste mich verhört haben. Ja, das war es! Meine Ohren ließen mich ganz einfach im Stich. Anders konnte ich mir diesen Unfug nicht erklären. »Jule«, sprach ich leise, sanft und so fürsorglich wie es mir nur möglich war mit Herzrasen, Bluthochdruck, zitternden Händen und einer Menge Wut im Bauch, »echt jetzt? Aus welchem Grund?«

      »Ich will vorerst meine Ausbildung erfolgreich zu Ende bringen, will was in der Tasche haben ...«

      »Ehrlich Jule, du regst mich gerade total auf. Ich meine, wie wär's denn mal mit Verhütung, wenn dir so gar nicht nach Kinderkriegen ist? Meine Güte, du arbeitest doch an der Quelle.«

      »Super Argument! Meinst du, ich habe das absichtlich herbeigeführt?« Sie zeigte mir einen Vogel. Dann fingerte sie eine nächste Zigarette aus dem Päckchen und zündete sie an. Während sie den ersten Zug ausblies, erklärte sie: »Die Pille verträgt sich eben nicht mit Alkohol. Ich war unvernünftig. Na und? Passiert!«

      Ich zischelte abschätzig. »Da trifft es sich ja gut, dass wir in einem hochmodernen Zeitalter leben und du mal eben zwischen Kaffee und Kuchen das Kind ausschaben lassen kannst wie lästigen Müll.«

      Plötzlich schlug sie mit der Faust auf den Tisch, sodass sich sämtliche Leute nach uns umsahen. »Jetzt ist mal gut, Cedric! Ich habe dir das nicht erzählt, um mich dann von dir fertigmachen zu lassen.«

      Ich atmete tief durch, um wieder zur Ruhe zu kommen. »Schon gut, schon gut.« Da mich das Atmen gerade kein Stück weiterbrachte, schnappte ich nach Jules Zigarettenpäckchen, das sie auf dem Tisch abgelegt hatte, und bediente mich ohne zu fragen daran.

      Der erste Zug tat verdammt gut. Zwar wurde mir kurz schwindelig, aber ich kannte das ja schon, da es nicht mein erster Versuch war, mit dem Rauchen aufzuhören. Der Schwindel würde nicht lange anhalten.

      »Na toll, und jetzt bin ich auch noch schuld daran, dass du wieder zum Raucher mutierst.« Sie seufzte schwer. »Ich hätte einfach meine Klappe halten sollen.«

      Ich lachte heiser: »Du weißt ganz genau, dass du das nie hinkriegst.«

      »Geheimnisse hab ich noch nie ausgeplaudert«, stellte sie klar.

      »Das stimmt.« Das musste ich ihr fairerweise zugestehen. »Aber warum hast du mir das mit deiner Schwangerschaft verraten, wenn du die Schwangerschaft sowieso abbrechen willst?«

      »Muss!«

      »Was, muss

      »Es war nie die Rede von wollen. Es geht nicht ums Wollen. Ich muss!«

      »Aber du sagtest doch ...«

      Sie grätschte mir in meine Worte: »Meine genauen Worte waren: ›Ich denke über eine Abtreibung nach.‹«

      Just in dieser Sekunde musste ich feststellen, dass sie mir nur ein Spiel vorspielte. Vielmehr spielte sie sich selbst eines vor. Indem sie über die Schwangerschaft nur Nachteiliges sagte, verdrängte sie den Wunsch nach dem Kind.

      »Jule, wenn du von dem Schwangerschaftsabbruch nicht überzeugt bist, dann bekomme eben das Kind, sonst wird es dich ein Leben lang begleiten. Willst du das?«

      Nachdenklich starrte sie in die Ferne und zuckte nur mit den Schultern. Es war ihr nicht egal, sie war nur überfordert.

      »Tu mir nur einen Gefallen, ja?«

      »Der da wäre?«, murmelte sie.

      »Falls du dich für das Kind entscheiden solltest, hör mit der Qualmerei auf, klar?«

      4

      Das Wochenende stand bevor. Und wie so oft hatte Mama mich dazu abkommandiert, ihr beim Großeinkauf behilflich zu sein. Papa hatte mal wieder keine Zeit, musste Wochenenddienst im Krankenhaus in Hamburg schieben. Zwar hatte sich unser Wohnsitz geändert, jedoch nicht sein Arbeitsplatz. Darum war er kaum daheim. Er sagte, es lohne sich nicht, nur für ein paar Stunden Schlaf nach Hause zu kommen. So konnte es schon mal vorkommen, dass wir ihn zwei Wochen lang gar nicht zu Gesicht bekamen. Mama war darüber nicht so traurig, wie sie meiner Meinung nach sein sollte. Aber vielleicht war das normal in diesem Alter, schließlich waren meine Eltern nun mehr als zwanzig Jahre miteinander verheiratet, da sah man vieles scheinbar nicht mehr ganz so eng.

      Der Weg zum Supermarkt führte an meiner Schule vorbei. Ich ahnte, dass Mama daraufhin Fragen stellen würde. Wie zum Beispiel: »Hast du dich in der neuen Schule inzwischen akklimatisiert?«

      Es waren bereits vier Wochen seit Schulbeginn vergangen und ich fühlte mich mit jeder neuen Woche immer

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