Was dieses Weib so alles treibt. Monika Starzengruber
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Was dieses Weib so alles treibt - Monika Starzengruber страница 3
„Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“
Bei jedem Besuch sprach Luisa dasselbe Thema an und versuchte, Mutter zu überreden. Bis sie schließlich aufgab und sagte: „Aber erst auf Probe. Meine Wohnung mit meinen Sachen behalte ich.“
Luisa glaubte, nicht recht gehört zu haben und freute sich. Sie dachte, dass sie mit diesem Entschluss von Mutter ein Problem weniger hatte. Wie heißt es so schön? Du sollst dich nicht täuschen.
„Du willst wirklich bei uns einziehen? Kein Scherz?“
„Und du wärst damit einverstanden?“
Sie blickten sich an. Ein paar Sekunden lang war es still, zwischen den beiden. Dann war es mit Luisas Beherrschung vorbei. Lachend hob sie den Zeigefinger und drohte schelmisch: „Aber das Eine sage ich dir, ausziehen kommt nicht mehr in Frage.“
Später beschäftigte Luisa eines: Wie bringe ich es der Familie bei? Was die Kinder betraf, sollte sich eine Rückfrage als überflüssig erweisen. Sie waren Feuer und Flamme für diese Idee, was sich so anhörte: „Toll, endlich hören die blöden Besuche bei Oma auf.“ Florian legte ein bisschen mehr Herzlichkeit hinzu: "Mann, ein Superding, Oma kommt uns nicht mehr besuchen.“
Klaus konnte sich allerdings nur langsam für die Aussicht erwärmen, seine Schwiegermutter stets um sich zu haben. Jedoch ein Blick in Luisas bittende Augen genügte, um ihn schließlich dafür einzunehmen. „Wann zieht sie ein?“
„Am Freitag.“
Klaus sah dumm drein. „Doch nicht morgen.“
Luisa gab sich betreten.
„Um Himmels willen, wo willst du sie unterbringen?! Wenn es in diesem Tempo weitergeht, sind die Tapezierer nächstes Jahr noch da.“
Davon wollte Luisa nichts hören. Eine wegwerfende Handbewegung unterstrich ihre Worte: „Ach, eine Schlafgelegenheit wird sich schon finden in der kurzen Zeit. Als Mutter schließlich einlenkte doch zu uns zu ziehen, wollte ich nicht mehr warten. Sonst überlegt sie es sich womöglich wieder anders.“
Klaus zeigte um sich. „Weiß sie, was sich hier tut?“
Was für eine Frage. „Klaus, ich bin mir bewusst, dass es der ungünstigste Moment ist. Doch Mutter meinte, mit ihrer Hilfe würden wir das Haus schneller wieder in Ordnung kriegen und damit hat sie Recht. Wir können jede Hilfe brauchen.“
Er war anderer Meinung. „Mutter wird das Zuviel. Sie ist älter als du, falls dir das entgangen ist.“
Liusa wurde ärgerlich. „Vielen Dank für die Aufklärung, aber ich kenne Mutter seit meiner Geburt.“ Musste er unbedingt ein Drama aus der Situation machen? Einlenkend fügte sie hinzu: „Sie braucht ja nicht die schwersten Dinge zu erledigen. Ich finde, wenn Mutter sich das zutraut, sollten wir es ihr auch zutrauen.“
Das Argument überzeugte Klaus zwar auch nicht, doch hatte er keine Lust noch länger mit seiner Frau über eine Sache zu debattieren, die sich ohnehin von selbst zeigen und erledigen würde. In in komischer Verzweiflung resignierte er.
„Aber sagt dann nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.“
Somit war der "Familienzuwachs" beschlossene Sache.
„Nun hättest du fast den Hund überfahren!“
Florian, der noch immer sein Bestes tat und krampfhaft die Schachteln mit seinen Armen stützte, blickte vorwurfsvoll auf seine Mutter.
„Auch Hunde können nicht über die Straße laufen, wenn es ihnen gerade passt“, versuchte Luisa sich herauszureden. Dabei gab sie ihrem Sohn insgeheim Recht. Sie fuhr zu unkonzentriert. Rasant bog sie in die nächste Straße ein und hielt nach ein paar Metern den Wagen an, was Florian zwang, einen letzten, verzweifelten Kampf mit den Kartons durchzustehen. Leider nur mit halbem Erfolg. Luisa brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, dass weitere Lebensmittel sich dank der Fliehkraft selbständig gemacht hatten. Sie stöhnte. Das Geklirr und Geplumpse zerrte nicht nur an ihrem Geldbeutel.
„Ich kann nichts dafür“, fuhr Florian auf, „du bist zu wild gefahren.“
Luisa setzte eine Verschwörermiene auf: „Das behältst du aber für dich, klar?“
Florian hielt ohne zu überlegen die Hand auf. „Kostet einen Euro.“
Der Geschäftssinn ihres Jungen beeindruckte sie nicht so, wie seine Unbescheidenheit. „Du wirst mit jedem Mal teurer“, meinte sie, kletterte aus dem engen Wagen und öffnete den Kofferraum. Florian unterdessen lief einen Rennwagen nachahmend, aufs Haus zu. Luisa rief ihm nach: „Sag Marie sie soll mir helfen!“
Warum mussten Bierkisten so schwer sein, durchfuhr es Luisa, während sie eine anhob. Gleich darauf setzte sie die Kiste wieder ab, weil ihr ein roter, nasser Fleck in die Augen stach. War das Blut? Wie hypnotisiert fixierte sie den Fleck auf der Rücksitzlehne. Sie fuhr mit dem Zeigefinger darüber und kostete. Ketchup. Mit unheilvoller Ahnung im Bauch beugte sie sich vor und ächzte: „Oh, nein!“ Der ganze Sitz war verschmiert. Der rote Brei war im Überfluss vorhanden, nur von der Verpackung war nichts mehr zu sehen. Und wenn schon, mit einer zerbrochenen Ketchupflasche wollte Luisa sich nicht aufhalten, die musste warten. Weil die Armbanduhr ihr sagte, es war höchste Zeit. Jeden Augenblick konnte Klaus mit Mutter eintreffen. Und bisher war sie bloß zum Einkaufen gekommen. Von der Arbeit im Haus, die noch auf sie wartete, ganz zu schweigen. Ziehender Stress machte sich in ihr bemerkbar und der steigernde Wunsch nach zehn Armen und acht paar Beinen. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn sie ihren Großeinkauf auf einen anderen, ruhigeren Tag verschoben hätte. Dieser plötzliche Weitblick half ihr aber auch nicht, den stressigen Druck unter ihrer Haut loszuwerden. Im Gegenteil. Er steigerte sich und drohte in Panik auszuarten. Aber dann fiel ihr Marie ein und ihre Nerven beruhigten sich. Wie sie Marie kannte, hatte sie schon damit begonnen, den Tapezier-Dreck gleichmäßig zu verteilen.
Marie war das Hausmädchen und hieß eigentlich Viktoria. Aber diesen Namen fand Luisa zu lang für das Amt einer Haushaltshilfe. So kam sie auf Marie. Und da "Marie" nicht auf das zusätzliche Geld verzichten wollte, das sie bei Luisa verdienen würde, musste es ihr recht sein, fortan so zu heißen. Zweimal in der Woche, Montag und Freitag, war sie bei Luisa Mädchen für alles. Ursprünglich hätte Luisa Marie ja für drei Tage in der Woche eingestellt. Jedoch gleich zu Anfang verkündete die Gute, nicht öfter als zwei Tage erscheinen zu können, denn: Dienstag und Donnerstag sei sie bei Frau Emmerich und Mittwoch bei Regierungsrat Holte in Stellung. Samstag helfe sie an einem Kiosk aus und Sonntag gedenke sie flach zu liegen. Schließlich sei man kein Roboter. Dem war nichts hinzuzufügen, fand Luisa, und da keine andere Hilfe in Aussicht stand, machte sie Marie mit ihren zukünftigen Arbeiten im Haus vertraut. Die hauptsächlich aus Schuhe und die Fenster zu putzen, bügeln und die Böden zu pflegen bestand. Zum größten Bedauern von Marie, die nichts so sehr hasste, wie putzen und bügeln. Doch da Luisa für diese Arbeiten ebenso empfand, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich dafür zu „opfern“. Arme Marie. Aber auch arme Luisa. Denn, wenn einer glaubte, sie konnte nun wenigstens an zwei Tagen in der Woche ausspannen – weit gefehlt. Marie arbeitete zwar wie ein Pferd, jedoch ausschlaggebend war, wie sie arbeitete. Ob sie es nicht bemerkte oder nur nicht bemerken wollte, würde Luisa wohl ewig ein Rätsel bleiben. Marie besaß die Angewohnheit, um nicht zu sagen, den Tick, nie eine angefangene Arbeit zu beenden. Bügelte sie, blieben garantiert ein paar Wäschestücke ungebügelt liegen. Trotzdem pflegte sie strahlend zu verkünden: „Ich bin fertig. Diesmal noch schneller.“