An der Pforte zur Hölle. Thomas Riedel

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An der Pforte zur Hölle - Thomas Riedel

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her, meine Dienerinnen!«, sprach der Gerufene. »Die mächtige Stimme der Hölle zerschmettert die Stille der Luft und steht wie ein Monolith des Zorns auf einer Ebene sich windender Schlangen!« Er warf einen Blick in die Runde. »Oh, meine Schwestern der Nacht, ihr, die ihr mir huldigt, die ihr die heißen Winde der Hölle in euch spürt und in deren Herzen ich wohne, lasst euch anschauen!«

      Kaum hatte er ausgesprochen, erhoben sie die Tänzerinnen, wie auf ein unsichtbares Zeichen und ließen ihre Kleider fallen. Nackt wie sie waren, drehten sie sich ihm zu Gefallen im Kreis herum. Dann aber sanken sie, mit gesenkten Köpfen, wieder auf die Knie und legten die Hände demutsvoll auf ihre Oberschenkel. Auch Atropos, ihre Anführerin, hatte sich an dem Ritual beteiligt und dabei die flackernde Kerze vor sich auf den Boden gestellt.

      »Und nun zeigt mir mein höllisches Banner und reicht mir die Widerhaken, auf das ich euer Opfer aufgespießt auf ihnen ruhen lasse.«

      Die Frauen machten diese Zeremonie nicht zum ersten Mal. In einer fehlerfreien Choreographie erhoben sie sich, eine nach der anderen. Elegant drehten sie ihrem Meister den Rücken zu, nur um sich gleich darauf wieder niederzuknien. Erst jetzt bemerkte Ashley Cartwright, dass eine jede von ihnen eine rückenfüllende Tätowierung aufwies. Sie vermutete, dass es sich um das Zeichen des von Atropos Angerufenen handelte.

      Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie den elegant befrackten Mann nur von hinten gesehen. Jetzt aber wandte sich der geheimnisvolle Fremde ihr zu, … und sie zuckte zusammen. Ihr war, als würde eine eiskalte Hand nach ihrem Herzen greifen, es packen und fest umschließen.

      Rotglühende, höllisch funkelnde Augen starrten sie an, und ein satanisches Lächeln umspielte die Mundwinkel des Unheimlichen.

      Mit jeder Faser ihres Körpers fühlte sie, dass dieser Dämon gekommen war, um sie in sein Reich zu verschleppen …

      … und sie irrte sich nicht!

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      Kapitel 3

      C

      hiswick Island‹, im Stadtbezirk ›Borough of Hounslow‹, war eine der zahlreichen, idyllischen Themse-Inseln. Sie lag am westlichen Rand Londons, wo die Metropole bereits sehr ländlich wirkte. Ein wenig ähnelte sie der Insel ›Lot’s Ait‹, die 1951, mit einigen Palmen bestückt, für den Film ›African Queen‹ mit Humphrey Bogart und Katherine Hepburn herhalten musste. Im weiteren Umfeld gab es keine Häuser.

      Mit der Insel im Blick konnte ein vorbeikommender Ruderer nur erahnen, wie nahe die Millionenstadt war. Jede Hektik, jeder Stress, Autoabgase, Smog und Lärm blieben fern. Bis hierher kamen nicht einmal mehr die Lastenkähne, die inmitten der Hauptstadt den Fluss bevölkerten. Hier war die Themse schmal und floss geruhsam dahin.

      Achtundzwanzig junge Frauen und Männer, zumeist Studenten, hatten ›Chiswick Island‹ zu ihrem eigenen, kleinen Königreich gemacht. Niemand hatte sie wirklich daran gehindert, einige, der leerstehenden Holzhütten in Beschlag zu nehmen und für ihre Zwecke her- und einzurichten. Nur selten verirrte sich jemand hierher, und die Insel gab ihnen die Zuversicht, dem Moloch London zumindest vorübergehend entkommen zu sein.

      An diesem Morgen waren tiefhängende, dunkle Wolken aufgezogen und ein feiner, kühler Nieselregen hatte eingesetzt. Es war gerade sieben Uhr durch, als die Idylle der Studenten jäh von einem schrillen Pfiff gestört wurde. Ein Signal, das für sie ein ausgesprochenes Durcheinander einläutete.

      Was für die Beamten des Scotland Yard eine vorab genau geplante Operation darstellte, entwickelte sich für die achtundzwanzig Bewohner des kleinen Eilandes zum reinen Chaos.

      Mit zwei schnellen Motorbooten der Londoner ›River Police‹ wurde der Fluchtweg über die Themse blockiert, und eine Gruppe von dreißig bewaffneten Polizeibeamten stürmte über die schmale Eisenbrücke, die ›Chiswick Island‹ über einen kleinen Seitenarm mit dem Festland verband. Weitere zwanzig Beamte, die sie sich lautlos und im Schutz des Morgennebels per Boot genähert hatten, setzten auf die Insel über. Auf diese Weise wurden alle neuralgischen Punkte in generalstabsmäßig in Windesweile besetzt. Vom Festland her flammten grelle Scheinwerfer auf und tauchten das kleine Eiland in ein helles Licht.

      »Hier spricht Detective Chief Inspector Blake von Scotland Yard!«, dröhnte eine kräftige, kultivierte Männerstimme aus einem Lautsprecher. »Ich fordere Sie auf keinen Widerstand zu leisten! Die Insel wird in diesem Augenblick von Beamten besetzt! Jeder Widerstand ist zwecklos! Flucht ebenfalls! Bewahren Sie Ruhe!« Es trat eine kurze Pause ein, ehe er wiederholte: »Hier spricht Detective Inspector ...«

      Noch ein weiteres Mal folgte seine Aufforderung über Lautsprecher, während seine Kollegen bereits die kargen Hütten stürmten und jede Person verhafteten, deren sie habhaft werden konnten.

      Chuck Armstrong, James Sheppard und ›Silky‹ Brightman gehörten zu den Einwohnern der ersten Stunde auf der Insel. Etwas Derartiges, wie an diesem Morgen, hatte es in der ganzen Zeit ihres Aufenthaltes in der Kommune noch nicht gegeben. Sie hörten zwar die deutliche Ansage der Kriminalpolizei, aber sie begriffen nicht, was gerade um sie herum vor sich ging. Sie kamen auch nicht dazu, sich darüber Gedanken zu machen, denn schon stürmten drei uniformierte Beamte mit gezogenen Dienstwaffen ihre Hütte.

      Keiner von ihnen dachte in diesem Augenblick an Widerstand – dafür waren sie viel zu verwirrt. Aber sie hätten sich auch so ihrem Schicksal ergeben, denn sie besaßen ein reines Gewissen, und das Exekutiv-Organ des britischen Staates stellte für sie kein Feindbild dar.

      Natürlich hätten sie gern gewusst, was diesen Einsatz rechtfertigte, aber sie kamen nicht dazu irgendwelche Fragen zu stellen. Ehe sie etwas vorbringen konnten, hatte man sie auch schon bäuchlings auf den Boden gedrückt und die Handschellen klickten. Den jungen Frauen und Männern in den übrigen Unterkünften erging es keinen Deut besser.

      Bereits während der Aktion überzeugten sich Chief Inspector Blake und sein Kollege, Inspector McGinnis, persönlich davon, dass ihnen niemand entkommen war. Von Seiten ihrer Männer wurde nur das Nötigste gesprochen. Blake und McGinnis sorgten dafür, dass sich die überraschten und betäubten Inselbewohner noch etwas Ordentliches anziehen konnten, ehe sie abgeführt und in bereitstehende Gefangenentransporter verfrachtet wurden. Die anderen Männer des Yards halfen den Kollegen der ›Fatal Accident Inquiry‹ bei der Spurensuche in den Unterkünften.

      Die Aktion des Yards war so schnell abgelaufen, dass die Festgenommenen erst zur Besinnung kamen, als sich die Kleinbusse mit der Käfigausstattung, in der maximal sechs Gefangene Platz hatten, in Bewegung setzten. Plötzlich schrien sie alle durcheinander. Einige stellten Fragen, andere suchten nach Antworten, wieder andere schimpften lautstark und mokierten sich über die ruppige Art und Weise des Yards, in der man mit ihnen umgesprungen war.

      »Versteht das einer von euch? Das darf doch alles gar nicht wahr sein!«, knurrte Chuck. »Die haben uns doch bisher immer in Ruhe gelassen!«

      Sein Freund James war kurz davor völlig auszurasten. Ihm ging sein Temperament durch. Völlig sinnlos stemmte er sich gegen die Handschellen und rüttelte am Käfig.

      »Es würde mich nicht wundern, wenn irgendein stinkreicher Konzern die Insel gekauft hat und sie uns jetzt vergraulen wollen!« Er kochte vor Wut und fing an, mit den Fersen gegen das Gitter schlagen. »Vielleicht laufen hier demnächst lauter Schlitzaugen rum! Die Chinesen kaufen doch alles, was sie in die Pfoten

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