Håkon, ich und das tiefgefrorene Rentier (P.S. Fröhliche Weihnachten). Katie Volckx

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Håkon, ich und das tiefgefrorene Rentier (P.S. Fröhliche Weihnachten) - Katie Volckx

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das bin ich! Ich werde nicht jünger und möchte noch in diesem Leben heiraten und Sex und Kinder haben.«

      »Ganz ehrlich, Linnéa«, sie seufzte schwer, »würdest du bloß auf deine Prinzipien pfeifen, dann würdest auch du an Sex Gefallen finden.« Sie lachte hell auf.

      Woher meine Prinzipien zu diesem Thema kamen, hatte ich bis heute nicht herausfinden können. Ich war nicht besonders religiös und war Sex nicht im Geringsten abgeneigt. Für mich war Sex schlicht und ergreifend ein derart intimes Ereignis, dass ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, ihn mit jeder dahergelaufenen Niete zu praktizieren. Meinen Körper musste ein Mann sich noch verdienen. Wie sonst sollte er ihn zu schätzen wissen, statt ihn nur abzufertigen wie billiges, wesenloses Fleisch? Hinter meinen Prinzipien steckten offenbar bloße Wertvorstellungen, die rein gar nichts mit Ethik, sondern allein mit Selbstwertgefühl zu tun hatten.

      Ich vernahm, dass plötzlich jemand die Tür zur Toilette öffnete. Daraufhin machte sich meine Chefin barsch bemerkbar. »Fräulein Lysefjord?«

      Ich erschrak heftig und bekam einen roten Kopf, fühlte mich wie ein kleines Kind, das bei etwas Verbotenem ertappt worden war. Nun war ich mehr als glücklich, dass ich mich zuvor in eine der Kabinen eingeschlossen hatte und sie mich so nicht zu Gesicht bekam. Ich machte auch keine Anstalten, zu ihr herauszukommen.

      »Ja?«, rief ich zögerlich.

      »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das Telefonat beenden und sich zu mir herausbequemen würden.«

      »Ich muss Schluss machen«, raunte ich ins Mikrofon und drückte Mailin eilig fort, ohne eine Antwort abzuwarten. Ich wusste, dass es sie nicht verärgern würde, denn ein jähes Gesprächsende wie dieses war sie längst gewohnt. Noch ehe ich die Kabinentür ganz geöffnet hatte, stellte ich klar: »Ich habe noch zwei Minuten, Frau Hæreid.«

      »Herr Ertsås kann sich seine Pausen auch nicht aussuchen. Nun gehen Sie schon und helfen ihm freundlicherweise dabei, die Wacholderbäumchen hereinzutragen.«

      Håkon war da? Warum hatte sie das nicht gleich gesagt? Natürlich ließ ich mir das nicht zweimal sagen. »Das ist durchaus ein schlagendes Argument, Frau Hæreid.«

      Trotz Eile vergaß ich dieses Mal nicht, mir meinen Mantel überzuziehen und den Schal umzubinden. Auf die Handschuhe, die mich beim Schleppen ohnehin nur behindern würden, und die Mütze verzichtete ich. Als ich den Kleintransporter erreichte, war weit und breit keine Spur von Håkon zu sehen. Ich ging einmal ganz um das Fahrzeug herum, stellte mich auf die Zehenspitzen und reckte meinen Hals, um durch das Beifahrerfenster einen Blick in die Fahrerkabine zu werfen. Doch auch dort hielt er sich nicht auf.

      Gerade, als ich wieder in den Laden zurückgehen und dort nach ihm suchen wollte, um ihm in aller Deutlichkeit zu sagen, dass ich die Ware heute nicht wieder allein in den Laden befördern würde und nicht seine livrierte Dienerin war, traf mich plötzlich etwas hart am Hinterkopf.

      Ich schrie: »Aua!«, packte mir an die Stelle, an der es schmerzte, und wandte mich um.

      Es war Håkon. Er lugte hinter einem dicken Baum hervor und lachte sich ins Fäustchen. Dann bückte er sich, nahm Schnee auf, formte ihn zu einem Ball und schmetterte ihn ein weiteres Mal in meine Richtung. Doch dieses Mal verfehlte er mich um Haaresbreite und der Schneeball flog über meine linke Schulter hinweg.

      »Håkon!«, ermahnte ich ihn gackernd und ließ es mir nicht nehmen, es ihm heimzuzahlen. Auch ich nahm eine reichliche Menge Schnee auf, formte eine einigermaßen runde Kugel daraus und warf sie nach ihm. Mir war bewusst, dass meine Chance, ihn zu treffen, gleich null war, solange er sich hinter diesem Baum aufhielt. Darum stakste ich so schnell es mir eben möglich war durch den hohen Schnee auf einer großen Rasenfläche zu ihm. Währenddessen formte ich bereits den zweiten Schneeball. »Du Angsthase, komm hervor und stell dich mir verdammt nochmal wie ein Mann!«

      Er ließ sich nicht lange bitten, stürzte hinter dem Baum hervor und eröffnete das Feuer. Dieser Mistkerl! Er hatte die Zeit, die ich gebraucht hatte, um mich ihm zu nähern, genutzt, um zahlreiche Schneebälle vorzuformen. Nicht ein einziger verfehlte mich. Doch wenn er geglaubt hatte, er könnte mich mit dieser Aktion einschüchtern, hatte er sich mächtig getäuscht. Mit den Armen schirmte ich mein Gesicht grob vor den harten Bällen ab, während ich ihm die letzten Meter entgegenlief. Mein Entschluss, ihn mit meinem Schneeball zu liquidieren, war viel zu groß, um nun die Waffen zu strecken.

      Als ich ihn beinahe erreicht hatte, lief er die letzten Meter mit erhobenen Händen auf mich zu. »Ich ergebe mich«, wollte er mir ernsthaft weismachen.

      »Der Schneeball in deiner Rechten spricht eindeutig dagegen«, ließ ich mich nicht irreführen. »Lass ihn fallen!«

      Er zögerte.

      »Ich sagte, lass ihn fallen!« Ich hob meine Hand, in welcher ich meinen Schneeball hielt, und kündigte seinen Niedergang an.

      Noch immer trennte er sich nicht von seinem geliebten Ball und brach stattdessen in Gelächter aus. Das ließ ich mir nicht bieten und feuerte meinen Ball auf ihn ab, der ihn mitten auf der Brust traf. Sein Lachen erlosch abrupt und er setzte ein schockiertes Gesicht auf. Seinen Schneeball ließ er locker aus der Hand fallen, fasste sich theatralisch an die angeblich verwundete Stelle und begann, wie ein von einer Kugel Getroffener vor und zurück und wieder vor zu taumeln. Es dauerte lang, bis er schlussendlich vor mir auf seine Knie, dann rücklings in die hohe weiße Masse stürzte und sich tot stellte. Doch statt in Tränen auszubrechen, hüpfte und tanzte ich vor Freude über meinen Sieg wie Rumpelstilzchen um sein Feuer.

      Aber meine Freude währte nicht lang, denn Håkon war kein guter Verlierer, schoss mit dem Oberkörper hoch, riss mich an meinem Arm zu sich auf den Boden und seifte mein Gesicht mit einer Handvoll Schnee ein.

      Ich rief: »Hör auf!« und bog mich vor Lachen. Ich schlug gegen seine Arme und Schultern. »Stooopp!«

      Endlich ließ er von mir ab und rollte sich wieder auf den Rücken zurück. Erschöpft, aber glückstrahlend lagen wir nebeneinander. Wir rührten uns so lange nicht von der Stelle, bis wir wieder zu Atem gekommen waren.

      Mit schwerfälligen Bewegungen richtete er sich wieder auf und stellte sich auf die Füße. Dann streckte er mir seine helfende Hand entgegen: »Komm, bevor du dir einen Schnupfen holst.«

      Dankend nahm ich seine Hand in Empfang. Mit spielerischer Leichtigkeit brachte er mich in die aufrechte Position. Durch ihn fühlte ich mich leicht wie ein Schmetterling, obwohl ich wegen diverser Naschorgien, die in der Weihnachtszeit sogar monströse Ausmaße annahmen, stolze sechs Pfund zugenommen hatte.

      Ich war mir sicher, dass Frau Hæreid uns beobachtet hatte, doch ich wusste auch, dass sie vor Håkon niemals außer sich geraten und mich anherrschen würde.

      Auf dem Weg zum Transporter wagte ich die Frage, die mir unter den Nägeln brannte, zu stellen: »Warum bist du heute so spät dran?« Da er nun hier war, wurde offenbar, dass es nichts mit mir zu tun hatte. Dennoch wollte ich den letzten noch so kleinen Zweifel ausräumen.

      Er winkte ab. »Auf den Straßen ist die Hölle los. Als wäre das Schneechaos nicht genug, musste es auch noch eine Massenkarambolage auf der E39 geben. Es hat Stunden gedauert, bis die Fahrzeuge, die glücklicherweise nicht davon betroffen waren, dort endlich herauskamen. Durch die Verspätung bin ich heute noch nicht ein einziges Mal zu Atem gekommen.«

      »Das ist ja schrecklich!«

      Håkon öffnete die Flügeltüren des Kleintransporters. Sofort schlug uns der Duft von

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