Die Rache der Zarentochter. Tatana Fedorovna

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Die Rache der Zarentochter - Tatana Fedorovna

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ich bin nicht so verdorben wie diejenigen, die Rasputin töteten. Alles muss nach Gesetz und Ordnung erfolgen“, endete er.

      „Glaubst du diesen Unsinn tatsächlich?“, schrie Mutter abermals die Beherrschung verlierend.

      „Die Gesetze machen nur Menschen. Man kann sie verändern. Du bist der Zar! Mach ein Gesetz, das uns beschützt! Rasputin war ihnen egal. Wer ist der Nächste? Sie wollen in Wirklichkeit deinen Sohn, den Thronfolger meucheln! Er und das Zarentum sind ihr eigentliches Ziel. Wer soll jetzt den Zarewitsch heilen, Doktor Botkin etwa? Bist du denn immer noch blind oder dumm? Sie weihen unseren Sohn dem Tod. Töte sie, schnell oder ich fliehe mit den Kindern allein!“ Sie sah ihrem Gemahl direkt in die Augen. „Und wir sind keine Russen, sondern Deutsche! Alle deine Untertanen sehen das so!“

      Entsetzt schauten wir uns an. Die Sorgen trennten Mama und Papa. Sie wirkten in diesem Moment wie Rivalen und nicht wie ein sich liebendes Ehepaar. In ihren Appellen erahnten wir das ganze Ausmaß der Gefahr.

      „Ich werde den Arzt rufen lassen“, schlug Vater vor.

      Mama verlor vor Wut jede Zurückhaltung und spuckte in Raserei auf das Parkett des Bodens.

      „Damit der mir Laudanum gibt oder mich wegen des Aussprechen der Wahrheit für irre erklärt? Das wollen sie doch nur. Ich glaube hier keinem mehr. Warum vertraust du deinen Beratern immer mehr als uns? O, Nicky! Warum ist es so weit gekommen? Wo ist deine Liebe geblieben? Dieser Krieg hat dich verändert. Du trägst ebenso Schuld daran, dass unser Beschützer ermordet wurde. Diese Schlangen haben erkannt, dass Rasputin sie enttarnt hatte. Wir werden alle sterben, wenn du sie nicht bestrafst!“

      „Sie werden selbstverständlich ihre Strafe erhalten!“, erklärte unser Vater.

      „Dann lass sie doch sofort hinrichten! Häng das Gesindel auf!“

      „Das kann ich nicht.“

      Mama winkte konsterniert ab.

      „Ich wusste es! So bist du eben. Sie werden dich bald heiligsprechen, aber nicht wegen des Glaubens, sondern wegen Scheinheiligkeit. Die ist aber nichts anderes als deine Schwäche zu handeln. Sogar die Terroristen wissen das inzwischen!“

      So würdelos hatte ich Mama noch nie mit ihm sprechen gehört. Sie verhöhnte ihn regelrecht.

      „Das Blut klebt nun auch an deinen Händen“, flüsterte sie und blickte uns schaurig verschwörerisch an. „Das Leid ist nicht mehr aufzuhalten.“

      Sie klang, als verabschiedete sie sich schon jetzt von ihren Kindern – für immer.

      Wir waren noch mehr verängstigt. Panik erfüllte endgültig unsere Herzen. Dieser Tag gehörte zu den Schlimmsten.

      „Ich will noch nicht sterben!“, bat der Zarewitsch ängstlich.

      Ich strich ihm tröstend über sein tropfnasses Haar und konnte die eigenen Tränen nicht länger zurückhalten.

      „Olga?“ Aljoscha sah mich fragend und um Hilfe bittend an. Die Situation überforderte ihn, obwohl er durch seine Krankheit schon oft an der Schwelle des Todes gestanden hatte.

      „Ich passe auf dich auf“, flüsterte ich in sein Ohr und benetzte ihn nun auch noch mit meiner Trauer.

      „Niemand soll dir jemals Leid zufügen. Dann bekommt er es mit mir zu tun!“

      Aljoscha lächelte dankbar und drückte meine Hand.

      Auch aus Vaters unermesslich traurigen Augen ergossen sich in einem dünnen Rinnsal Tränen in seinen Bart. Er war sich seiner eigenen Unfähigkeit bewusst, fand jedoch keinen Ausweg.

      In der Tür erschien ein Staatssekretär. Irritiert nahm er die Tränen im Gesicht des Zaren wahr.

      „Majestät, Sie werden erwartet!“

      Meine Mutter winkte meinen Vater ab.

      „Geh nur zu den Verrätern, berate dich mit ihnen! Du hast mich enttäuscht! Lecke dem Gesindel ordentlich den dreckigen Arsch!“

      Wir schauten sie pikiert über die ungewöhnlich deftige Wortwahl an. Die Welt war wirklich aus den Fugen geraten.

      Papa wischte sich mit dem Uniformärmel die Tränen ab und erhob sich schwerfällig. Einige seiner Orden schepperten dabei traurig. Das Geschehen wirkte unwahr, verloren, wie hinter einem Schleier.

      Unser Vater schien mir um Jahre gealtert. Sein Gang war nicht mehr der eines russischen Zaren. Ein erschöpfter alter Mann zog ein letztes Mal in eine nicht zu gewinnende Schlacht. Sein Schwert war aus Holz, das seiner Gegner aus Stahl. Er hatte jedoch keine Wahl. Sein aufgesetztes Lächeln, das uns Kinder ermutigen sollte, war eine offensichtliche Lüge. Angst schnürte mir die Kehle zu. Papa würde uns nicht mehr beschützen können. Das wurde mit unmittelbar klar.

      Mama sah mir in die Augen und musterte dann meine Erscheinung. Sie hatte offensichtlich einen Entschluss gefasst. Ein eigenwilliger Funke leuchtete in der Trübnis ihres Blickes auf.

      „Geht jetzt bitte!“, forderte sie uns Mädchen auf. Nur den Zarewitsch drückte sie noch fester an sich.

      Was sollten wir tun? Wir erhoben uns.

      Mama wandte sich unerwartet direkt an mich: „Olga, halte dich bereit. Komm bitte allein in zwei Stunden zu mir. Ich muss noch etwas Wichtiges mit dir zusammen erledigen. Sei pünktlich!“

      Das Elixier

      Als ich nach exakt zwei Stunden zurückkehrte, war Mama ganz allein im Raum. Auch der Zarewitsch war inzwischen fort. Im Vorraum fielen mir zehn schwer bewaffnete Kosaken unserer Leibwache mit entschlossenen Gesichtern auf. Ihr Hiersein in so großer Zahl war ungewöhnlich. Niemand von ihnen wagte ein Geräusch zu machen. Sie wirkten wie große Schaufensterpuppen. Die Stille war geradezu gespenstisch. Es lag Spannung in der Luft. Was bedeutete das alles? Normalerweise hielten die Leibwächter sich überhaupt nicht in diesem Teil des Palastes auf.

      Ohne ein Wort zu sagen und scheinbar ihre letzte Willenskraft zusammennehmend, erhob Mama sich mühsam, jedoch entschlossen von dem samtenen Sofa, auf dem sie geruht hatte. Sie winkte mir. Ich folgte ihr wortlos. Was sollte ich auch sagen? Die Kosaken eskortierten uns schweigend. Tür für Tür öffnete sich. Wir stiegen über verborgene Treppen und durch Geheimtüren tiefer und tiefer. Wohin gingen wir überhaupt? Noch nie war ich in diesem im Untergrund verborgenen Teil des Palastes gewesen. Unser Palais war ohnehin recht groß, vielleicht eine der größten Residenzen der Welt.

      Zuweilen versuchte eine der dort platzierten und im Geheimen ihren Dienst leistenden Wachen uns sogar den Weg zu verweigern.

      Mama drohte dann stets: „Ich bin die Zarin! Tritt zur Seite oder du stirbst sofort!“ Unsere Leibwache fasste dann jedes Mal zur besseren Verdeutlichung die Gewehre fester. Meine Mutter und die Männer wirkten zu allem entschlossen. Die Kosaken würden schießen. Man konnte sich auf sie verlassen. Das fühlte ich genau, denn ich stand selbst einem Reiterregiment seit meinem sechzehnten Lebensjahr als Hauptmann vor und kannte die Soldaten. Das kleine Kommando bereitet mir große Freude und war ein Privileg, welches ich Vater abgetrotzt hatte, nachdem die Besetzung durch die Erkrankung des Zarewitsch vakant war. Zarensöhne erhielten stets ein eigenes Kosakenregiment, um sich als Befehlshaber zu üben. Meine Ernennung als Prinzessin

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