Genesis IV. Alfred Broi

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Genesis IV - Alfred Broi Genesis

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war, hatte sie noch nie zuvor gesehen. Zwar war der Text in ihrer Sprache verfasst, doch konnte sie ihn teilweise gar nicht oder nur mit äußerster Mühe entziffern. Esha war sich schnell ziemlich sicher, dass der Verfasser an einer Krankheit gelitten haben musste, die sich sehr negativ auf seine motorischen Fähigkeiten und somit auf seine Handschrift ausgewirkt hatte. Kein Buchstabe war jemals auf die gleiche Weise geschrieben worden. Die Worte waren mal klein und langgezogen oder groß und hochgestellt. Selten befanden sie sich auf einer geraden Linie, verliefen mal schräg nach unten oder oben oder auch in Wellenlinien auf und ab. Und nicht selten waren gerade die Anfangsbuchstaben von Worten mit ausgedehnten und ausgefeilten Verschnörkelungen versehen. Esha gab sich redlich Mühe, den Text zu entziffern, doch schon nach der ersten halben Seite gab sie entnervt auf, wobei das nicht nur an der Optik des Textes lag. „Mann!“ stieß sie hervor. „Das ist ätzend! Das kann man ja kaum entziffern. Und außerdem ist das ja nur Kauderwelsch, was dort steht! Was soll denn das?“ Sie schaute ihren Mann fragend an.

      Doch nicht er, sondern Matu antwortete ihr. „Sie haben völlig Recht. Die Schrift ist grauenhaft und der Text ergibt nicht einmal mit viel Wohlwollen auch nur einen einfachen Sinn!“ Dann schüttelte er den Kopf. „Doch irgendetwas stimmt daran nicht!“

      „Und das wäre?“ fragte Esha.

      „Da ist zum einen das Papier, auf dem der Text geschrieben wurde!“ erwiderte Shamos und beugte sich vor.

      „Borimant!“ meinte Esha.

      „Borimant!“ Ihr Mann nickte. „Ein Material, das zu keiner Zeit üblich war. Heute wird es nicht mehr benutzt, weil es wesentlich widerstandsfähigere und glattere Oberflächen gibt. Früher aber war es nahezu unerschwinglich. Borimant in der Menge für diesen Text war sicher zwei, wenn nicht gar drei Rinder wert!“

      Esha zog die Augenbrauen in die Höhe. „Wow!“

      Matu nickte. „Deshalb wurde es nur verwendet, um wirklich wichtige Texte darauf zu schreiben!“

      Esha runzelte die Stirn und atmete einmal tief durch. „Dann war der Verfasser nicht bei Sinnen!“

      „Warum?“

      „Weil er ein Vermögen für...sinnlose Worte ausgegeben hat!“

      „Mag sein!“ warf Shamos ein. „Aber verrückt war er nicht!“

      „Woher weißt du das?“

      „Weil fast die Hälfte aller Texte, die du hier siehst, von ihm sind. Und nicht einer davon ist auch nur annähernd so wirr und unverständlich wie dieser hier!“

      „Dann denkt ihr, dass dieser Text doch einen tieferen, verborgenen Sinn hat, weil der Verfasser sonst klar geschrieben und dieses für die damalige Zeit teure Material benutzt hat!“ Shamos und Matu nickten. „Deshalb habt ihr ihn auch mehrmals untersucht!“

      „Stimmt, aber leider ohne Erfolg. Der Sinn ist uns nach wie vor verborgen!“

      „Aber das diese Zeichen hier...!“ Sie deutete exemplarisch auf das Quadrat auf der Seite, die sie gerade versucht hatte zu lesen. „...sowohl in diesem Buch, als auch auf diesen Seiten hier stehen, ist doch nicht zufällig oder?“ Sie blickte die beiden hochkonzentriert an und nahm das kleine Buch in die Hand. „Außerdem...!“

      „Außerdem was?“ fragte Shamos.

      „Die Seite hier in dem Buch, auf der die Zeichen sind, ist ebenfalls aus Borimant!“

      „Ja, das ist uns auch schon aufgefallen!“ erwiderte Matu.

      „Und die Worte hier stehen nicht nur auf dem Kopf...!“ Sie klappte die Seite um und fuhr mit dem Finger über die vermeintliche Rückseite. „…sondern wurden auch spiegelverkehrt auf die Rückseite geschrieben!“

      „Was?“ Shamos war sofort überrascht und sprang auf.

      „Ja, hier!“ bestätigte Esha und reichte ihm das Buch. „Fühl selber!“

      Shamos strich mit dem Zeigefinger über das Borimant und nickte dann. „Du hast Recht! Die Schrift ist auf der Rückseite!“ Er klappte die Seite wieder um. „Und so kann man es lesen!“ Er schaute den Priester mit großen Augen an.

      Der schien in tiefen Gedanken und wurde plötzlich hektisch. „Moment mal!“ Er nahm die vier Seiten Borimant und legte sie entsprechend ihrer Seitenziffern, die sich in den unteren rechten Ecken befanden, zusammen. „Also. Auf dem Kopf!“ Er drehte die Seiten entsprechend. „Und dann spiegelverkehrt!“ Er drehte den kleinen Stapel herum, sodass die letzte Seite jetzt oben lag. Dann schob er sie sorgfältig übereinander, sprang auf und hielt sie gegen das Licht der Deckenlampe.

      „Und?“ fragte Shamos erwartungsvoll und erhob sich.

      „Ich...weiß nicht?“ Matu betrachtete die Seiten intensiv. Doch dann schüttelte er den Kopf. „Nein!“ fügte er enttäuscht hinzu. „Fehlanzeige!“ Er gab die Seiten dem Wissenschaftler, der sie ebenfalls im Gegenlicht anstarrte, sie jedoch nach einigen Momenten gleichsam enttäuscht sinken ließ und frustriert auf den Tisch warf.

      Sowohl er, als auch Matu drehten Esha den Rücken zu und ließen ihrer Enttäuschung stumm freien Lauf, sodass es sehr still im Raum wurde.

      Esha, die im ersten Moment nicht recht wusste, was sie tun sollte, trat an den Tisch und nahm die vier Seiten, die ihr Mann dorthin geworfen hatte und die jetzt verstreut herumlagen, wieder zur Hand und beschloss, sich das einmal selbst zu betrachten. Sie fügte die Seiten zusammen, drehte sie auf den Kopf, drehte sie herum und trat vor die Lampe. Sofort offenbarte sich ihr ein vollkommen neuer Text. „Oh wow!“ stieß sie überrascht aus. Sie hatte nicht mit dem gerechnet, was sie jetzt erkennen konnte, nachdem Shamos und Matu so frustriert waren. Doch ganz klar stand hier ein neuer Text vor ihr und nicht nur das. Auf wundersame Weise hatten sich all die merkwürdig geschriebenen Worte geordnet. Das Schriftbild war jetzt klar und sauber, die Worte bildeten gerade Linien. „Das ist unglaublich!“ meinte sie.

      „Was ist unglaublich?“ fragte Shamos nach einem Moment.

      „Dass ihr beide blind sein müsst, wenn ihr nicht das erkannt habt, was ich gerade sehe. Ich bin mir...ziemlich sicher, dass das hier Worte sind!“ Esha betrachtete die Seiten weiterhin aufmerksam, während sich ihr Mann und der Priester zu ihr umwandten. „Aber ich habe keine Ahnung, welche Sprache das ist!“

      „Was?“ Shamos trat zu ihr und besah die Seiten. Innerhalb eines Wimpernschlages entglitten ihm förmlich seine Gesichtszüge. „Aber das ist doch!“

      Auch Pater Matu war sichtlich überrascht. „Wie haben sie das gemacht?“ Er wartete, bis Esha ihn ansah. „Was haben sie gemacht?“

      „Gott!“ Jetzt war Esha ziemlich nervös. „Was habe ich gemacht?“ Sie lächelte fast verlegen. „Ich habe die Seiten einfach...zusammen...getan!“

      Matu sah sie verwirrt an und nahm ihr die Blätter aus der Hand. Einen Moment später drückte sein Gesicht größten Unglauben aus. „Wieso haben sie das gemacht?“

      „Was denn?“ Esha fühlte sich langsam nicht mehr wohl in ihrer Haut.

      „Die Seiten!“ Er hielt sie ihr hin. „Sie haben sie nicht in der richtigen Reihenfolge zusammengelegt!“ Er deutete auf die Seitenzahlen unten rechts. Als Shamos es sah, starrte auch er sie fragend an.

      „Aber,

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