Emilia will Fotomodel werden. Benny Bohlen

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Emilia will Fotomodel werden - Benny Bohlen

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schlich wie ein geprügelter Hund zurück.

      Über den Brandtners wohnte Sarah Magenheim, die seit vier Jahren blind war. Sie hatte ihr Augenlicht bei einem Autounfall verloren, den sie nicht verschuldet hatte. Ein Betrunkener hatte sie mit seinem Fahrzeug frontal gerammt, und ihr Wagen war in Flammen aufgegangen. Der Betrunkene war unverletzt geblieben, und als sie im Krankenhaus zu sich gekommen war, hatte sie nichts mehr gesehen.

      Seither half ihr die Familie Brandtner, wo immer sie konnte. Emilias Vater erledigte kleinere Reparaturen, Helene Brandtner half in der Wohnung von Sarah Magenheim, und Emilia kaufte regelmäßig für sie ein. Diesmal hatte es Emilia damit sehr eilig, denn anschließend wollte sie zu Rafael fahren, nach dessen Umarmung sie sich schon sehnte. Manchmal hätte sie sich von ihm etwas mehr Zärtlichkeit gewünscht und es auch gern gesehen, wenn er auch mal näher auf ihre Interessen eingegangen wäre und die Freizeit dementsprechend gestaltet hätte - aber sie sagte sich, niemand war perfekt, auch sie nicht. Er war schon okay.

      Emilia schleppte den Einkaufskorb die Treppe hinauf und läutete an der Tür, die sich kurz danach öffnete. Sarah Magenheim war eine attraktive Frau, groß und schlank. Sie hatte sich vorgenommen, ihr Schicksal fest in die Hand zu nehmen, und versuchte so viel wie möglich selbst zu erledigen.

      In ihrer Wohnung fand sie sich so gut zurecht, als könne sie immer noch sehen, und sie war, obwohl das Schicksal sie so hart getroffen hatte, nie schlecht gelaunt und für alles, was man für sie tat, dankbar.

      Da sie Emilia schon lange kannte, duzte sie sie. Sarah Magenheim war Emilias Vertraute, mit der sie über alles reden konnte. Obwohl ihre Nachbarin so alt war wie Emilias Mutter, verstanden sich die Frauen wie gute Freundinnen.

      Emilia trug den Einkaufskorb in die Küche. Die Blindheit hatte Sarah Magenheim sehr sensibel werden lassen.

      „Scheint so, als hättest du es heute eilig“, stellte sie lächelnd fest. Sie sah mit ihren großen, leeren Augen dabei in Emilias Richtung.

      „Stimmt“, gab Emilia zu.

      „Keine Zeit für ein kleines Schwätzchen?“

      „Tut mir leid …“

      „Rafael?“

      „Ja“, sagte Emilia. „Er erwartet mich bereits.“

      „Bestimmt schon sehr sehnsüchtig.“

      „Das hoffe ich“, antwortete Emilia.

      „Dann solltest du dich schnell auf den Weg machen.“

      „Zuerst müssen die Lebensmittel an ihren Platz.“

      „Traust du mir nicht zu, dass ich das selbst kann?“

      Sarah Magenheim tastete die Waren im Korb ab, und räumte die Kühlprodukte in den Kühlschrank.

      „Du machst das großartig, Sarah“, lobte Emilia. „Ich muss dich immer wieder bewundern.“

      „Nun fahr schon zu Rafael“, drängte die Nachbarin. „Aber fahr vorsichtig. Und grüß den jungen Mann von mir.“

      2

      Emilia nahm Gas weg und bog um die Ecke. Eine kleine Taubenschar stieg mit klatschenden Flügelschlägen hoch und ließ sich auf die Dächer der umliegenden Häuser nieder. Die Luft war so mild wie an einem Spätsommertag, und die Sonne zeigte - vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr - ihre Kraft.

      Das Mofa rollte über eine Bodenschwelle, die zur Verkehrsberuhigung beitragen sollte, und einige Meter danach hielt Emilia das Zweirad an. Sie stieg ab, nahm den Sturzhelm ab und schüttelte ihre lange blonde Mähne.

      An einem der Fenster im Erdgeschoß tauchte Rafael auf. Sie winkte ihm, und er winkte lächelnd zurück. Mit seinen regelmäßigen, weißen Zähnen hätte er für eine Zahncreme Reklame machen können. Emilia befestigte den Helm mit einer Kette am Mofa, und Rafael verschwand vom Fenster, um Emilia die Tür zu öffnen.

      Ein leichtes Kribbeln überlief sie, als sie eintrat. Rafael gab der Tür einen lässigen Stoß und nahm Emilia in die Arme. Er drückte sie so fest, dass ihr die Luft wegblieb. Aber nur ganz kurz. Dann küsste er sie mit hungrigen warmen Lippen.

      „Schön, dich hierzuhaben“, sagte er leise. „Ich wurde schon ein bisschen nervös. Ich hatte dich etwas früher erwartet.“

      „Ich musste noch schnell für die Sarah einkaufen.“

      „Das ist eine Entschuldigung, die ich gelten lasse.“

      „Ich soll dich von ihr grüßen.“

      „Vielen Dank! Und nun kein Wort mehr über andere, okay? Ab sofort sind es wir beide, um die sich alles dreht“, bestimmte Rafael, nahm ihre Hand und zog Emilia mit sich nach oben.

      Sein Zimmer war nicht sehr groß, aber urgemütlich. An den Wänden hingen Drucke von Miro, Kandinsky und Pollak. Im CD-Player liefen sanfte Rockklänge. Die Lamellenjalousie war heute noch nicht hochgezogen worden. Ein weiches, angenehmes Dämmerlicht erfüllte den Raum und machte ihn zu einer intimen, weltentrückten Insel.

      Rafael setzte sich mit Emilia aufs Bett und ging gleich zur Sache. Das störte sie ein wenig. Sie brauchten sich doch nicht zu beeilen, hatten alle Zeit der Welt. Emilia liebte es, wenn Rafael es langsam anging, damit sie sich voll darauf einstimmen konnte. Zärtlichkeiten waren ihr sehr wichtig, sie verzichtete nur ungern darauf.

      Sie liebte es, ihn zu berühren und von ihm liebevoll gestreichelt zu werden, mit ihm zu schmusen und die Wärme seines Körpers zu spüren. Wenn er zu schnell vorging, fühlte sie sich jedes Mal um einige sehr schöne Gefühle betrogen, deshalb bremste sie ihn ein wenig.

      Er sah sie befremdet an und fragte: „Hast du was?“

      „Nein“, antwortete sie. „Es geht mir nur ein bisschen zu schnell.“

      Er lachte. „Ich bin eben ein feuriger Liebhaber. Verlang bitte nicht, ich soll mich beherrschen, das schaffe ich nämlich nicht. Nicht, nachdem ich so lange auf dich warten musste.“

      „Aber wir haben doch so viel Zeit. Du brauchst dich nicht selbst zu überholen“, flüsterte Emilia. „Lass es uns doch genießen.“

      „Wie zwei alte Leute, die das Feuer der Leidenschaft auf Sparflamme zurückdrehen mussten, damit es noch für eine Weile reicht?“, fragte er, während er seine Hand wieder unter ihre Bluse zu schieben versuchte, was sie ihm jedoch auch weiterhin noch nicht erlaubte.

      Er durfte ihren Busen streicheln, aber die Berührung der nackten Haut musste er sich erst verdienen. Er gab nach, zog Emilia an sich und flüsterte ihr einige nette Dinge ins Ohr.

      So gefiel es ihr viel besser. Die Liebe war für sie ein Gericht, das man langsam und bewusst genießen sollte - häppchenweise, Bissen für Bissen.

      Als er gefühlvoll an ihrem Ohrläppchen knabberte, erschauerte sie, und ihre Lippen trafen sich erneut zu einem zärtlichen Kuss.

      „Ich kann dein Herz fühlen“, sagte Rafael leise. „Es schlägt sehr schnell.“

      „Deines etwa nicht?“

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