Tamora - Im Sumpf des Lasters. Thomas Riedel

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Tamora - Im Sumpf des Lasters - Thomas Riedel

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einverstanden«, erwiderte Tamora entschlossen. »Ich werde gleich bei dir vorbeischauen.«

      May lachte. »Du musst dich wohl erst überwinden?«

      »Na ja, so ganz alltäglich ist das nicht.«

      »Nun, wie auch immer … dann sag ich mal: bis gleich.«

      »Ja, bis gleich.« Tamora beendete das Gespräch. Eine Weile starrte sie nachdenklich aus dem Fenster auf die Straße hinunter. Soll ich es wirklich machen? Hm, … Aber irgendwie bin ich mir selbst gegenüber dazu verpflichtet. Ist schon ein komisches Gefühl. »Ach, alles Quatsch!«, schimpfte sie sich plötzlich laut. »Jetzt sollte ich nicht mehr groß überlegen. Es ist doch letztlich ganz einfach. Mehr als Nein sagen, kann sie ja nicht … Also, … nur zu!«

      *

      Schnell hatte sie sich frisch gemacht, angezogen und etwas aufgehübscht. Mit ihrem Wagen fuhr sie in die Londoner Innenstadt. Schon seit einigen Jahren wohnte sie etwas außerhalb in ›Twickenham‹. Das hatte zwar den Nachteil eines etwa zehn Meilen längeren Anfahrtsweges, wenn sie in die City wollte, doch hatte sie dort die ständige lästige Parkplatzsuche, der Lärm und letztlich die wahnsinnig hohe Miete gestört. Als sie die hübsche Eigentumswohnung im Vier-Familien-Haus in der ›Pope’s Avenue‹ gefunden hatte, im Ortsteil ›Strawberry Hill‹, nahe dem Golf Club, war sie vor Freude in die Luft gesprungen.

      Sie war ein eher naturverbundener Mensch und wäre es nach ihr gegangen, so hätte sie sich am liebsten irgendwo in der Wildnis, fernab jeder Zivilisation, vergraben. Sie träumte von einem kleinen Haus, guter Musik und ihrer Arbeit. Damit wäre sie schon glücklich gewesen, aber im Augenblick war all das nicht drin. Später einmal, in einigen Jahren, wenn es ihr finanziell besser ging, ja, dann wollte sie ihre Pläne verwirklichen.

      Auch an diesem Morgen war sie beruflich unterwegs. Aber das verstanden die wenigsten aus ihrem Bekanntenkreis. Sie waren mehrheitlich der Ansicht, dass Tamora ihr Geld im Schlaf verdiente oder sich danach auf der Straße nur zu bücken brauchte. Dabei ging sie einem harten Job nach, nur wollte davon kaum einer etwas wissen:

      »Du bist doch immer zu Hause und hast keinen Chef. Du kannst tun und lassen was du willst.«

      »Ihr seid mir gut«, antwortete sie dann jedes Mal. »Na, eines Tages stelle ich ihn euch vor, dann werdet ihr staunen, weil auch ich einen Boss habe.« Nein, sie nahmen es ihr nicht ab. »Also ist eurer Meinung nach, nur derjenige ein schwer arbeitender Mensch, der morgens aus dem Haus geht und in einem Büro seine Brötchen verdient?«

      »Ja.«

      »Gut, was hindert mich daran anderswo, außerhalb meiner eigenen vier Wände, ein Büro einzurichten? Das wird sogar vom Fiskus anerkannt. Dann würde auch ich aus dem Haus gehen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.« Tamora amüsierte sich köstlich. Damit hatte sie alle in die Enge getrieben.

      »Das ist noch immer ein Unterschied«, gaben einige zu bedenken.

      »Seht ihr«, riefen andere fröhlich, »jetzt gibt sie endlich zu, dass sie es besser hat als wir.«

      »In Manchem habe ich es tatsächlich besser. Ich bin keine Angestellte und in die korsetthaften Abläufe eines Betriebes eingeschnürt. Allerdings bekomme ich auch kein Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Bei mir ist wirklich einiges anders. Bezahlter Urlaub? … Wenn ich Ferien machen will, dann verdiene ich nichts.« Warum muss ich nur gerade jetzt wieder daran denken?, fragte sie sich und grübelte darüber nach. Ach ja, richtig, ich bin beruflich unterwegs: in diesem Augenblick.

      Eigentlich gab ihr Beruf sie niemals frei. Er war immer da. Andere Leute schlossen abends im Büro die Schubladen ab und hatten für viele Stunden ihre Ruhe – sogar geregelte Freizeit an den Wochenenden – und sie? Ich hätte niemals Schriftstellerin werden sollen, dachte sie spontan und fragte sich: Wie bin ich eigentlich dazu gekommen?

      Sie wollte sich gerade weiter den Kopf darüber zerbrechen, als sie im letzten Augenblick Mays Einfahrt bemerkte. Gedankenversunken wäre sie beinahe an ihr vorbeigefahren. »Noch mal gut gegangen«, murmelte sie halblaut vor sich hin. »Ich sollte während der Fahrt nicht meinen Gedanken nachhängen.« Sie nahm ihre Handtasche vom Beifahrersitz, schloss den Wagen ab und schritt über die Stufen zum Haus hinauf.

      May musste sie vom Fenster aus schon gesehen haben, denn noch bevor sie an der Tür läuten konnte, wurde ihr bereits geöffnet.

      »Komm rein! Es ist wirklich eine Seltenheit, dich zu sehen. Du machst dich ganz schön rar«, begrüßte ihre Freundin sie mit einem strahlenden Lächeln.

      »Weißt du …«, begann Tamora zögernd, »ich bin mir nicht wirklich sicher, ob es richtig ist, dass ich hergekommen bin.«

      May war einer der wenigen Menschen, der sie verstand. »Verstehe mich nicht falsch. Ich klage ja gar nicht und bin schon mit den Brotkrümeln zufrieden, die ich von dir bekomme. Es ist einfach jammerschade, dass wir uns nur so selten sehen. Aber du weißt ja, ich habe auch immer sehr viel um die Ohren. Manchmal denke ich, ich muss meine Prioritäten ändern.«

      »Du ahnst nicht, wie oft ich mir das auch schon gesagt habe«, nickte Tamora lächelnd. »Meinst du nicht, wir sollten lieber gleich nach unten gehen? Sonst ist sie am Ende noch weg und alles war vergeblich?«

      »Da mach dir mal keine Sorgen«, meinte May schmunzelnd, legte Tamora einen Arm auf die Schulter und zog sie in den Flur. »Sie lässt sich gerade eine Dauerwelle legen und du weißt ja selbst, wieviel Zeit das in Anspruch nimmt. Weißt du was? Jetzt kommst du erstmal mit und ich mache uns einen ordentlichen Kaffee. Du kannst bestimmt einen brauchen, nachdem ich dich aus dem Schlaf gerissen habe. Du hattest sicher noch keinen, oder?«

      »Stimmt, eine gute Idee«, erwiderte Tamora und folgte ihrer Freundin in die Küche.

      »Sag mal, wann hast du denn das letzte Mal mit einer Prostituierten gesprochen?«, erkundigte sich May, während sie einen Kaffeepad in die Maschine einlegte und einen Becher auf die Tassenfläche stellte.

      »Weißt du, das überlasse ich für gewöhnlich anderen, ich bleibe gern im Hintergrund. Zumeist recherchiere ich im Stillen von zu Hause aus. Das Internet ist eine echte Fundgrube. Außerdem habe ich eine umfassende Bibliothek, wie du ja weißt.«

      »Ich verstehe, du willst unerkannt bleiben«, erwiderte May.

      »Du weißt doch selbst, wie schnell sich die Leute das Maul zerreißen … Erst neulich habe ich wieder einen neuen Verehrer bekommen«, verriet Tamora ihr.

      »Echt? Schon wieder?«, May lachte herzlich.

      »Ja, tatsächlich! Diesmal ist es mein Postbote. Er wunderte sich, weil ich immer so viele Briefe von meinem Verleger bekomme. Da fragte er mich. Das Verlagshaus war ihm durch seine Frau bekannt, die wohl viel liest und deshalb wurde er aufmerksam.«

      »Und was hast du gemacht?«

      »Ach, ich habe ihm welche geschenkt, … Romane meine ich. Von den Freiexemplaren, die ich immer bekomme«, erwiderte Tamora.

      »Auch von deiner ganz speziellen Serie?«, hakte May mit einem frechen Grinsen nach.

      »Nein, natürlich nicht!«, gab Tamora lachend zurück. »Wo denkst du hin?! Ich bin doch nicht verrückt!«

      »Warum nicht?«, setzte May herausfordernd nach. »So prüde bist du doch nicht.«

      »Hat

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