Tamora - Im Sumpf des Lasters. Thomas Riedel
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Читать онлайн книгу Tamora - Im Sumpf des Lasters - Thomas Riedel страница 6
»Ganz bestimmt nicht«, lachte Tamora. »Da wird es schon eine andere Möglichkeit geben. Es interessiert mich ja wirklich, was sie zu sagen hat. Bestimmt hat sie eine Menge zu erzählen und ich habe natürlich irre viele Fragen. Wann hat man schon einmal die Möglichkeit alles aus erster Hand zu erfahren?«
»Meinst du? Ich dachte immer, darüber sei alles im Internet nachzulesen. Inzwischen haben einige der Mädchen doch sogar schon ihre Lebensbeichten veröffentlicht.«
»Stimmt, … aber direkt von der Quelle ist das eben doch was anderes«, beharrte Tamora.
»Hast du denn überhaupt soviel Zeit?«, wollte May wissen.
»Zeit oder nicht Zeit, ja, das ist die Frage«, verulkte Tamora ein Shakespeare-Zitat und schmunzelte. »In diesem Fall muss ich mir die Zeit einfach nehmen und ich nehme sie mir gern. Eine Chance wie diese kommt nicht so schnell wieder. Außerdem scheint mir unter ihrer rauen Schale eine ganz sensible Frau zu stecken, die es nicht leicht im Leben hatte.«
»Na, dann trinken wir oben solange noch einen Kaffee und quatschen etwas«, meinte May und legte Tamora freundschaftlich einen Arm um die Hüfte.
»Okay. Ich sage ihr nur schnell Bescheid.« Sie löste sich aus der Umarmung und huschte am Sichtschutz vorbei in die Kabine zurück.
Chloe hatte jetzt einen feuchten Wuschelkopf und sah irgendwie lustig aus. »Sieht irre gut aus, oder? Echt der letzte Schrei! Da braucht es gar nicht mehr viel, … nur noch etwas schneiden«, grinste die Prostituierte sie an.
»Mir würde das sicher nicht stehen«, meinte Tamora lachend.
»Und warum nicht? Du hast doch schönes langes Haar … Man muss schließlich alles Mal ausprobieren. Und, … wie sieht es mit dir aus?«
»Ich habe Zeit und bin pünktlich zur Stelle«, bestätigte sie lächelnd.
»Na, also! Das nenne ich ein Wort!«
Tamora lächelte ihr noch einmal zu und verschwand dann mit May wieder eine Etage höher.
Als eine halbe Stunde später Mays Kinder nach Hause kamen, konnte sie mit ihrer Freundin kein offenes Gespräch mehr führen. Ihr war das sogar recht, denn sie wollte noch einmal gründlich die Fragen durchgehen, die sie Chloe zu stellen gedachte.
So verging die Zeit viel schneller, als sie erwartet hatte.
***
Kapitel 3
Der hausinterne Anschluss klingelte. May nahm den Anruf an. Gleich darauf drehte sie sich zu Tamora um und sagte: »Chloe ist fertig. «
»Na, dann will ich mal zur ihr hinuntergehen.« Sie griff nach ihrer Handtasche und verabschiedete sich noch von den Kindern.
»Ich wünsche dir viel Spaß«, grinste May.
»Danke. Werde ich haben.«
*
Tamora fand Chloe wartend vor dem Friseursalon. Sie betrachtete sie und musste sich eingestehen, dass sie umwerfend aussah. Sie trug ein dunkelblaues tailliertes Kleid von Armani in Minilänge. Es war schlicht, dafür aber äußerst elegant und schien wie für sie gemacht. Hinzu kam ein kurzes passendes Jäckchen und Pumps in gleicher Farbe. Ihr Make-Up war ebenso dezent, wie die schlichte Halskette und die Ohrringe. Alles in allem machte sie mit ihrer unauffälligen Handtasche den Eindruck einer erfolgreichen Geschäftsfrau.
»Ist May deine Freundin?«, erkundigte Chloe sich wie beiläufig.
»Ja. Wir kennen uns schon eine gefühlte Ewigkeit«, erwiderte sie und erblickte das knallrote Mercedes-Cabriolet.
»Na, dann fahr mal mit deinem Wagen hinterher«, meinte Chloe und sah sie grinsend an.
Tamora nickte sprachlos.
*
Etwa zwanzig Minuten später hielten sie vor einer vierstöckigen Wohnanlage. Rundherum war ein völlig neues Viertel entstanden und Tamora musste sich eingestehen, noch nie in dieser Gegend gewesen zu sein. Neugierig sah sie sich um.
»Wenn ich dich jetzt mitnehme, gehe ich davon aus, dass du schweigen wirst«, stellte Chloe fest.
»Wohin soll ich mitgehen?«, fragte sie verunsichert.
»In meine Wohnung selbstverständlich«, lächelte Chloe. »Was hast du denn gedacht?«
»Keine Ahnung«, gestand sie. »Ich bin wohl eher davon ausgegangen, wir gehen in ein Café.«
»Ach, wozu denn«, meinte Chloe mit einer abwinkenden Geste. »Tee oder Kaffee kann ich selbst machen. Außerdem ist es viel ungezwungener, … man kann besser frei sprechen, ohne lästige Zuhörer.«
Tamora fühlte sich jetzt nicht mehr ganz wohl in ihrer Haut. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Doch sie hatte zugesagt und konnte nicht mehr zurück. Inzwischen hatte Chloe sie in den Hausflur gezogen und den Knopf am Fahrstuhl gedrückt.
»Im Haus hat keiner eine Ahnung, von dem was ich beruflich mache und das ist auch gut so. Hier lebt jeder für sich und kaum einer kennt den anderen. So etwas kann von Vor-, aber auch von Nachteil sein«, erklärte sie. »Und weil du es auf dem Türschild eh lesen kannst … Mein richtiger Name ist Violett.«
*
Wie sich herausstellte, hatte Violett ihre Wohnung in der vierten Etage – Räumlichkeiten, die es in sich hatten.
Die junge Prostituierte hatte ihr den Vortritt gelassen, war hinter ihr im Türrahmen stehen geblieben und musterte sie eindringlich. »Ja, das hast du wohl nicht erwartet, wie?«, schmunzelte sie.
Tamora drehte sich einmal langsam um ihre Achse und besah sich alles sehr genau. »Nachdem ich schon den Sportwagen bewundern durfte, habe ich mit einigem gerechnet … Ich muss gestehen, Sie haben einen ausgezeichneten Geschmack«, bemerkte sie lächelnd. »Farblich alles Ton in Ton und dazu diese wundervollen weißen Möbel. Es ist alles so hell. Besonders der farbenfrohe Klecks mit der Sitzgarnitur ist ein fabelhafter Akzent … Gefällt mir, … sehr schön, wirklich!«
»Davon habe ich immer geträumt«, erklärte Violett nicht ohne einen gewissen Stolz.
»Aber das will auch jeden Tag geputzt werden«, warf Tamora ein.
»Hast du keine Reinigungskraft?«, erwiderte sie mit einem verschmitzten Zug um den Lippen.
»Kann ich mir nicht leisten«, gestand Tamora, die, noch immer zögernd, inmitten des Salons stand.
»Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Hier gibt es keinen Zuhälter oder dergleichen, der zuschlägt und dich rauswirft. Falls du davor Angst haben solltest.«
»Nein«, erwiderte sie hastig, auch wenn ihr dergleichen gerade durch den Kopf gegangen war.
Violett schien sich köstlich zu amüsieren. »Wenn mir das mal einer gesagt hätte, dass ich freiwillig eine anständige Frau einlade, also