Der Bienenkönig. Helene Hammerer

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Der Bienenkönig - Helene Hammerer Romane aus dem Bregenzerwald

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dafür, sobald ich eine habe.“ Xaver betrachtete sich als großen Imker und züchtete jedes Jahr Königinnen, die er dann den anderen Imkern verkaufte. Die Nachfrage war jedoch so groß, dass es eine besondere Gunst war, eine davon zu bekommen. „Dann kann ich den Blütenhonig wohl vergessen“, meinte Rosina bedauernd. Der Experte wiegte den Kopf: „Bei diesem Volk schon, aber das andere ist ja stark.“ Beim dritten Volk war auch alles in Ordnung.

      Als sie fertig waren, lud sie Xaver auf einen Kaffee ein und auch Kilian setzte sich zu ihnen. Gleich fing der Bienenzüchter wieder an, gegen die englische Biene zu wettern. „Unsere Alpenbiene ist speziell für uns gezüchtet und mit der Belegstelle im Alptal haben wir eine Garantie für erstklassige Zuchtköniginnen, die alle Kriterien für eine professionelle Imkerei erfüllen“, erklärte er großspurig. Rosina fragte ihn nicht, weshalb die teure Königin, die sie im vergangenen Jahr gekauft hatte, schlecht begattet war und schon heuer ausfiel. Sie war nach wie vor auf Xavers Hilfe angewiesen. „Ich habe dem Neuen schon erklärt, dass er keine Königinnen auf die Belegstelle bringen kann und dass wir auf seine Mitgliedschaft bei unserm Verein keinen Wert legen. Aber er hat nur gesagt, dass er darauf gerne verzichtet“, ereiferte sich Xaver. „Er züchtet die englische Biene. Er wird schon noch sehen, dass er damit nicht weit kommt.“ Kilian und Rosina hörten Xaver noch eine Weile geduldig zu. Als er endlich ging, meinte Kilian: „Xaver ist ein alter Esel. Ich würde mich an deiner Stelle lieber an den jungen Mann halten.“ „So einfach ist das nicht, ich kann dem Verein nicht in den Rücken fallen“, entrüstete sich Rosina. Kilian zuckte die Achseln: „Wie du meinst.“

      Valeria kam erst zum Abendessen wieder und hatte keinen Hunger. „Ich habe mit Ludwig Honigbrote gegessen“, verkündete sie, „und Ovomaltine getrunken. Er hat gesagt, ich bin eine tolle Gehilfin.“ „Ich könnte auch manchmal eine Gehilfin brauchen“, meinte Rosina. „Ja, aber bei dir ist es langweilig“, erklärte Valli rundheraus, was ihre Mutter doch ein wenig kränkte. „Na ja, dir bei den Hausaufgaben zu helfen ist für Rosina auch langweilig“, tadelte Kilian das Mädchen auf seine bedächtige Art. Valli schaute die Erwachsenen finster an. „Ihr müsst mir immer die Freude verderben“, rief sie trotzig und lief aus der Küche. „Ich hab mich so gefreut, wieder einen Nachbarn zu haben und jetzt macht er uns nichts als Schwierigkeiten“, seufzte Rosina. „Na ja, an allem ist er nicht schuld“, warf Kilian ein und ging in die Stube zum Fernsehen.

      Die junge Frau blieb in der Küche, um einen Kuchen zu backen, denn am Sonntag wollte ihre Mutter zu Besuch kommen. Seit dem Tod ihres Vaters vor fünf Jahren, waren sich Mutter und Tochter wieder näher gekommen, da Rosina wusste, dass die Mutter sie mit ihrem unehelichen Kind aufgenommen hätte. Der erzkonservative, bigotte Mann hingegen, der zu ihrem Leidwesen ihr Vater war, und die ganze Familie tyrannisiert hatte, sprach von Schande und wollte sie nicht im Haus haben. „Mittelalter“, pflegte Gina dazu zu sagen und sie hatte Recht. Als Witwe blühte ihre Mutter zusehends auf und freute sich auf ihre stille, sanfte Art des Lebens. Unermüdlich strickte sie für ihre Enkelkinder, häkelte wunderschöne Spitzen und ging sogar bei den Jahrgänger- und Seniorenausflügen mit. Für ihren Vater war jedes harmlose Vergnügen sündhaft und verwerflich gewesen. Inzwischen hatte Rosina fast Mitleid mit ihm, wenn sie an ihre Kindheit und Jugend zurückdachte.

      6

      Ludwig ärgerte sich und zweifelte langsam daran, dass er hier am richtigen Platz war. Seine Nachbarin hatte schon so seltsam reagiert, als sie seine Bienen sah und jetzt beschimpfte ihn dieser komische Kauz von einem Imker. Wie zwei Marsmännchen vermummt verschwanden er und Rosina später in ihrem Bienenhaus, was an sich schon ein schlechtes Zeichen war. Bei seinen sanftmütigen Bienen konnte er auch in kurzen Hosen imkern und musste sich nicht von Kopf bis Fuß einpacken. Dieser Xaver hatte von Reinzucht gefaselt, dabei hatten seine Königinnen bestimmt Inzuchtschäden, wie er schon mehrfach selbst und bei Imkerkollegen festgestellt hatte.

      Frustriert ging er zurück in die Tenne, wo Heinz gerade dabei war, das Riegelwerk, das sie gemeinsam aufgebaut hatten, zu isolieren. „Wenn ich hier fertig bin, brauche ich ein Bad, es juckt mich am ganzen Körper“, grinste Heinz, als er Ludwig sah. „Mhm“, murmelte dieser, „ich stelle den Waschzuber für dich in die Küche.“ Heinz, der Ludwig seit ihrer gemeinsamen Schulzeit kannte, bemerkte dessen schlechte Stimmung. „Was wollte denn der Alte von dir?“, fragte er deshalb nach. „Er hat sich über meine englischen Bienen aufgeregt und gesagt, dass ich die ach so tolle Belegstelle nicht in Anspruch nehmen darf. Als ob ich das wollte!“ „He, reg dich nicht auf“, beschwichtigte Heinz, „ von einem alten Mann kannst du nichts anderes erwarten. Die Funktionäre der Imkervereine haben eben Stimmung gemacht. Das ist doch bei uns draußen genau gleich.“ Ludwig nickte. Er und Heinz teilten seit einigen Jahren auch das Hobby der Imkerei aber bei Heinz war es eben nur ein Hobby und bei ihm war es Berufung.

      Ludwig steckte seine Energie in das Isolieren des zukünftigen Badezimmers und bald juckte es auch ihn am ganzen Körper. Als sie am Abend fertig waren, wuschen sie sich in der alten Zinkwanne und setzten sich dann mit einem Bier zu einer zünftigen Jause in die Küche. „Irgendwie doch gemütlich, die alte Hütte“, bemerkte Heinz zufrieden, „schade, dass die Decke so niedrig ist. Auf Dauer wäre es mir zu mühsam, immer den Kopf einzuziehen.“ „Tja, du bist eben zu groß geraten“, grinste Ludwig, „mit meinen 1,83 geht es gerade noch.“ „Du gehörst eben doch zum Volk der Zwerge“, konterte Heinz. „Also, Goliath, spielen wir eine Partie“, forderte Ludwig den Freund auf und holte das Schachbrett. Drei Stunden und einige Flaschen Bier später gingen die beiden schlafen. Dank des neuen Gästebetts schlief Heinz ausgezeichnet.

      7

      Am Sonntagmorgen zeigte sich das Tal von seiner schönsten Seite, die Sonne schien strahlend von einem wolkenlosen Himmel und die Glocken der Kirche läuteten zur Messe. Im Dorf feierte man die Erstkommunion und Valli, die im Schulchor sang, musste früh in der Kirche sein, weil die Lehrerin noch kurz proben wollte. Rosina flocht ihr also nach dem Frühstück die Haare ein, anstatt sie wie sonst zu einem Pferdeschwanz zu kämmen und legte das neue Dirndlkleid und die hübsche Wolljacke zurecht, die das Säle extra dazu gestrickt hatte. Sie selbst legte ihre Tracht an. Die eisblauen Brokatärmel, das schwarze Kleid aus plissiertem Leinen mit dem hoch angesetzten Mieder und den wertvollen Goldstickereien am Halsausschnitt, das bestickte Brusttuch und den schwarzen Lackledergürtel mit der schönen vergoldeten Schnalle aus Filigranarbeit. Auch Rosina selbst zopfte sich die Haare ein, denn der Nacken musste frei sein, wenn man die Tracht trug. Um den Hals band sie noch ein schwarzes Samtband, den Bändel, und setzte die Spitzkappe auf, wie es sich für den Messbesuch gehörte. Damit sie nicht fror, trug sie ein warmes, wollenes Unterhemd und den warmen Unterrock.

      Weil seine kleine Valli sang, ging auch Kilian ausnahmsweise mit in die Kirche. Er hatte es sonst nicht so mit den „Pfaffen“, obwohl er sich mit dem Pfarrer persönlich gut verstand. Auch das Säle kam mit dem frühen Bus aus Auenfeld, um mit Rosina in Sonnleiten in die Kirche zu gehen und Valeria singen zu hören. Während Valli schon mit dem Chor probte, spazierten Kilian und Rosina also zur Bushaltestelle, um Elsa abzuholen, die bald darauf, ebenfalls in Tracht, eintraf. „Tag, Kilian, schön, dass du mit zur Kirche gehst“, begrüßte sie den alten Mann und lächelte verschmitzt. Dann gab sie ihrer jüngsten Tochter die Hand, denn im Tal pflegte man sich nicht öffentlich zu umarmen. In der Kirche setzten sich die Frauen weit vorne auf die Frauenseite, damit sie alles gut sahen und hörten und Kilian weit hinten auf die Männerseite, damit er während der Predigt ungestört schlafen konnte. Er war ja schließlich nur wegen Valli gekommen.

      Bald darauf füllte sich die Kirche, draußen spielte die Blasmusik und dann zogen die Ministranten, der Pfarrer und die Erstkommunikanten mit ihren Eltern ein. Die kleinen Mädchen in weißen Spitzenkleidern, die Buben in dunklen Anzügen. Der Kinderchor sang das erste Lied und die Messfeier begann. Die Kinder empfingen mit feierlichem Ernst zum ersten Mal die heilige Kommunion, wie es die katholische Kirche lehrte und ein Fotograf lief geschäftig

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