DAS GRANDHOTEL. Ursula Hass
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„Wir müssen die Leiche wieder in den Eiskeller schaffen“, ordnete der Hoteldirektor stereotyp an. Also ging das ganze Procedere genauso wieder los wie am vorigen Abend. Ulla Sommer und auch die umstehenden Gäste, wie Claudine Meister oder Karl Feistel, Annette Fischer und Ansgar Hoch, schauten alle nur bestürzt drein. Keiner konnte diese groteske Situation richtig einschätzen.
Aber diesmal wollte sich Ulla Sommer nicht damit zufrieden geben, dass keine Polizei gerufen werden sollte.
„Sie sagen jetzt nicht wieder, dass Sie die Polizei in Zürich nicht erreichen können!“, rief sie lautstark zum Hoteldirektor, der sich ihr zuwandte und sie mit kritischen Augen musterte, sodass sie sich richtig duckte und Angst vor diesem Blick bekam.
„Es gibt noch Handys und damit können Sie anrufen“, meinte sie nur kurz und holte schon gleich ihr Handy etwas provozierend hervor.
„Probieren Sie doch mal Ihr Handy aus, Madame!“, fügte er anzüglich hinzu. „Es geht nicht. Wir haben seit heute keine Verbindung mehr. Es hat einen heftigen Sturm gegeben und dieser Handy-Mast steht nicht mehr, er ist umgeknickt, wie eine faule Banane.“
Ulla Sommer wurde es schwarz vor ihren Augen, als sie dies vernommen hatte.
„Was können wir tun?“, brachte sie mühsam hervor.
Laurent schüttelte nur seinen Kopf und meinte, dass man gar nichts tun könne. Die Naturgewalten haben nun die Oberhand, damit müssen wir uns abfinden. Hoffentlich gehen nicht noch weitere Muren und Moränen ab und treffen direkt auf unser Hotel. Solche Naturgewalten gab es immer schon und wird es immer wieder geben. Denken Sie doch nur an die Wasserfluten im Ahrtal. Da ist kein Haus stehengeblieben. Oder in den Alpen. Wie oft musste man sein Hab und Gut zurücklassen und irgendwo neu wieder anfangen. Wenn einmal diese Gewalt über uns hereinbricht, dann sind wir Menschen gegen die Natur hilflos. Die Natur holt sich immer wieder zurück, was wir ihr entrissen haben.
„Aber wir haben doch damit gar nichts zu tun, wir haben doch der Natur nichts entrissen!“, rief sie hilflos in den Saal.
„Hier in den Bergen sind wir jeden Tag der Natur ausgesetzt und wir alle müssen eben ausharren bis das Schneegestöber und der Sturm aufhört und wir befreit werden von den Schneemassen und den Steinen. Es wird alles daran gesetzt, dass dies bald geschehen wird“, beruhigte der Hoteldirektor die Gäste.
Alsbald wurde nun auch diese Leiche in den Eiskeller gebracht und alle versammelten sich wieder im Grand Salon, wo aber inzwischen das Kaminfeuer ausgegangen und es ziemlich kalt im Raum war.
„Am besten, Sie gehen jetzt in Ihre Zimmer und wärmen sich dort auf. Vanessa und Vincent bringen Ihnen noch einen Schlaftrunk, einen heißen Tee oder einen heißen Zitronensaft, heiße Milch oder Kakao“, bemerkte der Hoteldirektor und verschwand dann hinter diesem grässlichen Vorhang mit den darauf gemalten Schlangen und Affen.
Ulla Sommer ging als erste in ihr Zimmer, wo es wirklich noch wohlig warm war, denn sie konnte den Anblick dieser Menschen nicht mehr ertragen.
„Wie sie das schaffen, dass die Zimmer noch geheizt werden, das ist mir genauso ein Rätsel, wie die beiden Morde“, sagte sie laut vor sich hin, um sich auch etwas zu beruhigen und sich Mut zuzusprechen.
Dann wollte sie auf dem Handy noch ihren Mann anrufen, aber es ging wirklich nichts mehr. Das Handy blieb so tot, wie dieser tote Arnim Hermann und dieser tote Axel Lehmann, die nun im Eiskeller ihr totes Dasein fristeten.
Irgendwann schlief sie vor lauter Müdigkeit ein. Auf einen Schlaftrunk hatte sie allerdings nicht verzichtet.
Kapitel 6
Vor ihr saßen viele Menschen. Es kam ihr vor, dass sie in einem Gerichtssaal war. Aber sie sah keine Richter und keine Staatsanwälte und keine Verteidiger in ihren schwarzen Roben. Am großen Tisch saßen nur Wichtel mit ihren Wichtelmützen, die hatten aber zum Teil andere Farben, manche waren blau, manche rot.
So rot wie die Häscher der französischen Revolution, überlegte sie. Ja, sie erkannte, dass eine gewisse Revolution im Gange war, nur wusste sie nicht welche, die badische Revolution von 1848, die Oktoberrevolution von 1918 oder gar die Französische Revolution von 1789. Gegen wen und was rebellierten die Leute oder sie? Diese Frage konnte sie nicht beantworten.
Die Leute fuchtelten in diesem Gerichtssaal mit ihren Händen wie wild herum. Nur sie saß ganz still auf ihrem Platz und war die Ruhe in Person. Vor ihr tauchte ein großer hässlicher Kopf auf, der ihr schien, als wäre er eine Teufelsfratze, die sie anblickte und zu ihr sagte: „Sie solle das Haus verlassen!“ Das Gesicht einer Frau tauchte ebenfalls auf. Und auch sie war sehr aufgeregt. Doch dieser Mann mit der Teufelsfratze ging auf diese Frau mit den blonden Haaren zu und hielt sie zurück.
Plötzlich kamen zwei Polizisten herein, es waren Männer in Uniform, das sah sie ganz deutlich und sie war froh, dass diese Männer nun gekommen waren. Aber der Mann mit der Teufelsfratze und die Frau mit den blonden Haaren gingen gleich nach draußen mit den beiden Männern und redeten wie wild auf diese beiden Polizisten ein. Sie hörte nur, dass über ölgeschädigte Wohnungen gesprochen wurde. Aber alles schon bei einem Anwalt in den besten Händen liegt.
Noch immer saß sie ganz ruhig auf ihrem Stuhl. Eine Frau saß ihr gegenüber an einem Computer und nahm überhaupt keinen Anteil oder keine Notiz von der ganzen Geschichte. Ob sie überhaupt diese ganze Situation wahrgenommen hatte? Sie, die vielleicht Schuld hatte, zumindest zum Teil an dieser Geschichte. Vielleicht hatte sie in einer Laune heraus gedacht, da könnte ja noch etwas Öl in den Tank gepresst werden. Doch weshalb hat man nicht nachgerechnet? Weshalb wurde überhaupt Öl bestellt? Es war doch genügend Öl in den Tanks. Diese unselige Ölbestellung, die nur ausgeführt wurde, damit eine gewisse Mengenanzahl zustande kam, hatte ihrem Paradies mehr als geschadet, es hatte ihr Paradies ausgelöscht, wie Wasser oder Feuer, das auf Häuser und Menschen niederprasseln kann. Die Situation in diesem Gerichtssaal war irgendwie abstrus und grotesk fand sie, die immer noch auf ihrem Stuhl brav ausharrte.
Dann kam einer der Polizisten und führte sie nach draußen auf einen Parkplatz, auf dem viele Bäume standen. Dort stand auch ihr Auto. Sie war immer noch ganz ruhig. Ein Mann auf einem Balkon gegenüber beobachtete die Szene. Der eine schwarzhaarige Polizist war nett, der andere hatte nur schlechte Laune. Nicht mal richtig schreiben konnte der. Der hatte etwas anderes vor und diese ganze Geschichte war ja auch wirklich suspekt. Weshalb wurde dieser Mann überhaupt versteckt und weshalb sagte seine Frau, dass er noch dort arbeiten würde? Weshalb das alles? Da konnte man ja direkt verrückt werden, weil überhaupt alles so unwirklich und unwahr ablief.
Immer wieder sagte sie ihr Sprüchlein, wie auswendig gelernt, auf. Doch der Polizist konnte damit nichts anfangen. Irgendwie konnte sie ihn ja auch verstehen. Aber gesehen hatte der nette schwarzhaarige Polizist alles und auch registriert, denn dann wollte er ja die Akten sehen. Diese Akten, die sich in ihrem Arbeitszimmer anhäuften, wie der Turmbau zu Babel.
Der Name des Gesuchten fiel ihr sofort wieder ein, aber er verschwand dann auch wieder aus ihrem Gedächtnis. Dann kamen die Männer mit einer weißen Uniform und einer hatte eine Spritze in der Hand, das sah sie ganz genau.
Sie