Der Nackt-Scanner. Ernst von Wegen
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Ja, sie hätte gestern erst so richtig erfahren, was Frau zu sein alles bedeuten konnte:
„Ich hatte ja nie den Mut, was zu äußern, und mein Othmar, oh Gott, der wollte ja, wenn er überhaupt wollte, immer nur...“
Othmar wollte immer nur die Missionarsstellung: rauf auf die Mutti, ein bisschen rumjuckeln, ejakulieren, fertig. Nie was anderes ausprobieren. Claudia dagegen wollte einmal „so richtig von hinten gefickt“ werden! Sorry, genauso sagte sie es. Für mich auch sprachlich interessant. Man benutzt vor allem dann drastische Ausdrücke, wenn man zu arg unter Druck gerät und sich aus der Defensive befreien möchte: der wütende Vorgesetzte, der sich „nur noch von Idioten umgeben“ sieht, der kleine Mann, der „alle Politiker in einen Sack stecken und mit dem Knüppel draufschlagen“ möchte. Und nun die frustrierte Ehefrau, die bislang bei dem Ausdruck „vögeln“ schon errötet war und nun plötzlich „so richtig von hinten gefickt werden“ wollte.
‚Ich werde bei Gelegenheit einen Essay über verbalen Gefühlsabbau schreiben‘, dachte ich.
Othmar also war „von hinten“ immer zu tierisch gewesen, unchic, irgendwie. Vielleicht sah er in dieser Stellung, was er nicht sehen wollte, wer weiß. Jedenfalls wollte Claudia das mit mir nachholen, nach dem gestrigen Erlebnis traute sie mir offenbar alles zu. Sie hatte einen runden, niedlichen Hintern, wirklich reizend, aber als sie sich auszog und in Stellung brachte, konnte ich Othmar schon verstehen: tatsächlich ein bisschen wie eine Kuh.
„Claudi“ sagte ich, „nicht so! Du musst deinen Po wie eine Zielscheibe anbieten. Und vergiss den Rest deiner Reize nicht.“ Mit einigen sanften Handgriffen verhalf ich ihr zur Verführerpose. Sie kapierte rasch, schon drückte sie mir ihr Hinterteil entgegen, ich streichelte ihre Hüften und drang ein. Meine Hände glitten vor zu ihren Schultern, ich zog langsam ihren Oberkörper hoch, Claudi stützte sich mit den Händen an der Wand ab, so dass ich ihren Bauch, ihre Brüste streicheln, ihre Kugelbrüste in meinen Handschalen wiegen konnte, Claudi stöhnte, jaaaah!, das war zu viel des Guten, schon nach wenigen Schüben entleerte ich mich.
„Oooh!“
Claudia war zu recht enttäuscht. Sie hatte gehört, in solchen Fällen würde reden helfen, aber ich legte ihr einen Zeigefinger auf die Lippen, küsste ihre Brüste und streichelte ihr Becken, bis ich wieder bereit war für ihren Wunsch, sie „von hinten zu ficken“. Nach sanft und weich vorhin, nun rasch und hart, bis auch sie ihr Ziel erreichte.
*
Am Abend wollte Katja den „Stand der Dinge“ erfahren.
„Wie meinen?“
Ja, nun, wie weit die Geschichte gediehen sei?
„Ach“ sagte ich, „irgendwie ist das doch nicht mein Ding. Mangels anderer Einfälle musste ich wieder auf Claudia zurückgreifen.“
„Nun spann mich nicht auf die Folter, lies vor!“
Katja lachte sich schlapp:
„Die hüftsteife Claudia von hinten, entzückend!“
‚Von wegen Hüftsteif‘ dachte ich, ‚Wenn du wüsstest! ‘
„Nun lies schon vor“ sagte Katja, „ich bin gespannt, wie du das aufgelöst hast.“
Lachend über die „arme Claudi“ die nicht wüsste, wie wir sie durch den Kakao zögen, spielte Katja die hüftsteife Claudia, bot mir ihren Hintern und gluckste vergnügt:
„Lass uns das eins zu eins nachvögeln“. Ich nahm all meine Kräfte zusammen und vögelte die Szene nach, eins zu eins. Danach war mein Pulver vollends verschossen, todmüde fiel ich in den Schlaf, zwei, drei Stunden lang - bis das schlechte Gewissen wieder seine Nachtschicht begann.
*
In den nächsten Tagen lauerte ich schon im Hof oder in der Garage auf den Wagen, der Nachbars Essen brachte. Ich schob es darauf, dass ich unsere Affäre weiterhin „literarisch“ verarbeiten wollte, auch auf den Reiz des Neuen, tatsächlich aber suchte ich insgeheim was ganz anderes: diese verstörende Selbstvergessenheit unseres ersten Seitensprungs, das zeitweilige Aussetzen des Verstandes! Das erschreckte und reizte mich gleichermaßen.
Aber auch Claudia kam auf den Geschmack, mit jeder Nummer wurde sie selbstsicherer. Nach einer Woche hatten wir alles durchgenudelt, wofür der arme Othmar nicht zu haben war, alles, was mit unseren nicht eben zirkusreifen Körpern möglich war, aber den Wahnsinn des ersten Mals haben wir nie wieder erreicht: nicht den gleichzeitigen Orgasmus und auch der Kontrollverlust, diese völlige Auslieferung ans Gefühl gelang mir nicht mehr. Vorerst nicht mehr.
Erreicht hatten wir immerhin etwas anderes: Aus der pummelig-süßen Claudia, aus everybody‘s Darling, die es immer allen und jedem hatte recht machen wollen, so dass sie selbst stets zu kurz gekommen war, aus jener naiven Claudia wurde eine selbstsichere Frau, die endlich wusste, was sie wollte und ihren Weg ging. Sie ließ sich scheiden zog in eine große Stadt in den Süden, machte dort ihren eigenen Erotikshop auf, war sehr erfolgreich damit, lernte einen potenten Polizeitaucher kennen, der Seen und Flüsse nach Leichen und anderen Delikten abtauchte. Sie heiratete ihn und seither betauchen die Beiden alle sehenswerten Riffs dieser Welt. Mehrmals bekamen wir eine Ansichtskarte mit lieben Urlaubsgrüßen und einem anspielungsreichen „Danke für alles“ von unserer Freundin Claudia.
Ohne Claudia Springer erschöpfte sich meine erotische Phantasie rasch wieder. Die Trennung von Othmar und ihr plötzlicher Weggang waren natürlich das Gespräch im Bekanntenkreis. Von: „Man hat ihnen nie was angesehen!“ bis „Ich hab’s schon immer gewusst“, gab es alle Kommentare. Am häufigsten hörte man: „Aber die Trennung kam dann doch sehr plötzlich!“
Süß, oder?
Trennungen kommen immer plötzlich, zumindest für die Außenstehenden. Weil man ja seine Beziehungskämpfe zu Hause im stillen Kämmerlein ausficht. Da kann es mitunter recht laut werden im stillen Kämmerlein. Zusammenraufen, nennen sie das, tatsächlich!
„Wir mussten uns auch erst zusammenraufen.“ - Mit diesem dummen Spruch trösten kampferprobte Ehepaare ihre jüngeren Leidensgenossen, wenn es mal richtig kracht.
Glauben Sie mir eins: Zusammenraufen funktioniert nicht!
Über den Kampf in die Harmonie zu gelangen, das wird nix! Zusammenraufen ist das Dahinvegetieren einer Beziehung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Dabei bleibt am Ende für beide so wenig übrig, dass die Beziehung entweder zerbricht oder beide in diesem Minimum emotional verdorren.
Claudia und Othmar Springer hatten es sieben Jahre lang verstanden, den Kampf um ihre Ehe geheim zu halten; vor ihren Familien, vor ihren Freunden und vor allem sich selbst. Die Maxime ihrer Beziehung war, allen vorzugaukeln, es wäre alles prima! Wahnsinn, oder? Da wissen zwei Leute, dass sie nicht zusammenpassen, sagen sich aber sieben Jahre lang: wir müssen uns erst zusammenraufen! Gut, nun hatten sie es endlich geschafft. Othmar heiratete bald nach der Scheidung seinen „dürren Hungerhaken“, die Inhaberin eines Reformhauses in der Fußgängerzone. Sie machen jedes Jahr zwei Mal Urlaub: im Frühling Wandern auf Rügen und im Herbst geht’s zur Weinlese nach Südtirol: ein glückliches Paar, das Regelmäßigkeiten braucht und sich vom Triebleben nicht allzu sehr bedrängen lässt.
Ich hingegen überlegte, ob ich meiner Katja wirklich alle meiner Reifeprüfungen anvertrauen sollte, denn meine liebe Frau wollte mittlerweile