Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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      Doch. Verdammt. Davor hatte sie sich immer gefürchtet! Das war Gift für ihren Job, den sie so sehr liebt; den sie in den letzten Jahren zunehmend genoss. Dieser Mann, in seinem grässlichen Schlafanzug, war ihr im Laufe des Tages und vor allem während des Abends sympathisch geworden – sogar mehr als das.

      »Reiß‘ ihm diesen dämlichen Schlafanzug vom Leib. Lass‘ deiner Frivolität freien Lauf. Zeig‘ ihm, dass du eine Hure bist!«, schrie sie in sich hinein. »Zeig‘ vor allem dir, dass du nichts anderes als eine Liebesdienerin bist; eine einfallsreiche und professionelle Hure!«

      Oft hatte sie sich gefragt, ob es unerklärliche Schwingungen gab zwischen ihr und ihren Kunden. In den meisten Fällen waren es hilfreiche Schwingungen und Signale.

      »Oh Gott, lass‘ diesen Abend und diese Nacht ebenso verlaufen, wie die vielen, vielen anderen auch«, wünschte sie sich leicht zitternd – und schaltete das Licht aus.

      Als ob dieser Mann ihre Gedanken und Wünsche mitgehört hatte, nahm er sie in die Arme. Er genoss es. Das fühlte sie.

      Viele Minuten lag sie schweigend in seinen Armen. Eine knisternde, fast unheimliche Stille waberte durch den Raum. Sie schmiegte sich an seine Schulter; empfand wohlige Wärme.

      Plötzlich fühlte sie seinen Atem. Wollte er ihr einen Kuss geben? Oder wollte er ihr etwas sagen?

      Und dann glaubte sie, diesen Satz zu hören. Er flüsterte diesen Satz. Es war ein warmes und wohliges Flüstern. Seine Stimme zitterte leicht; war bittend, fragend, ehrlich:

      »Ich würde mich unendlich glücklich schätzen, wenn du mich heiraten würdest.«

      Auf alles war Chantal an diesem Abend vorbereitet. Aber nicht auf diese Frage; nicht auf diese Szene.

      Fast ruckartig richtete sie sich im Bett auf, um fast gleichzeitig das Licht wieder einzuschalten.

      Um nichts auf der Welt wusste sie, wie sie sich in den nächsten Sekunden verhalten sollte; was sie sagen würde, sagen musste, sagen durfte.

      Nach unendlich vielen Sekunden entschied sie sich für den Angriff. Im Extremfall würde sie einen Kunden verlieren; einen sympathischen Kunden. Sie war immer bereit gewesen, mehr zu geben, als dies viele ihrer Kunden für möglich gehalten hatten. Viele Kunden hatten in den letzten Monaten nicht nur ihren Körper gespürt, sondern auch ihr Herzblut. Mitunter war sie bereit gewesen, ihnen für ein paar Stunden oder auch für ein paar Tage, Einblick in ihre Seele zu gewähren. Das kam allerdings äußerst selten vor. Aber manchmal passierte es eben. Ihre Kunden dankten es ihr. Und kamen immer wieder.

      Zunächst entschied sie sich für ein dunkles Lachen, das ganz tief aus ihrem Körper herausbrach. Danach sprang sie aus dem Bett. Breitbeinig stellte sie sich in die Mitte des Raumes.

      »Schau mich an!«, schrie sie mit ausgebreiteten Armen.

      »Ich bin eine Hure. Gutgut. Ich bin eine teure Hure. Eine interessante und vielleicht sogar eine geistreiche Hure. Aber ich bin eine Hure.«

      Harald hatte sich ebenfalls im Bett aufgesetzt. Er lachte.

      »Einverstanden. Dann liebe ich eben eine Hure. Ich habe das Gefühl, dass ich dich mehr liebe, als ich jemals einen Menschen geliebt habe.«

      Chantal zerriss ihr teures Negligé und schleuderte es durch den Raum.

      »Bin ich so hässlich, dass du noch nicht einmal versucht hast, mit mir zu schlafen?!«

      Harald stand auf, und ging auf die Nackte zu. Er nahm sie in die Arme. Er drückte sie sanft an sich.

      »Du bist wunderschön. Du hast eine wahnsinnig erotische Ausstrahlung. Gerade deshalb wollte ich nicht mit dir schlafen … bevor ich meinen ganzen Mut aufgebracht habe, um dir diese Frage zu stellen.«

      Er gab ihr einen Kuss auf die Lippen und blickte in ihre Augen.

      »Ich liebe deinen Körper. Aber noch wichtiger ist für mich diese Madam Chantal, von der du heute Nachmittag auf der Terrasse gesprochen hast. Du bist eine intelligente, fantasievolle, empfindsame und warme Frau. Du bist all das, was ich bei Isolde immer vermisst habe.«

      »Entschuldige Harald. Ich habe weiß Gott viel Fantasie. Wir kennen uns erst seit ein paar Stunden. Wir haben uns beim Abendessen angeregt unterhalten. Dann hast du deinen tollen Schlafanzug angezogen, krabbelst ins Bett – und machst mir einen Heiratsantrag. Stelle dir einmal eine solche Szene in einem Film vor. Würdest du da nicht lachen oder zumindest herzhaft schmunzeln. Bitte. Bitte. Sage mir, dass das jetzt ein Scherz von dir war. Bitte!«

      Harald starrte die Entgeisterte ratlos an.

      »Eigentlich wollte ich dir das schon während des Abendessens sagen«, sagte er leise und zuckte mit den Schultern.

      Chantal riss sich wieder los.

      »Ich habe mit … Ach was, ich habe sie nicht gezählt«, schrie sie mit wilden Handbewegungen.

      »Ich habe mit unendlich vielen Männern geschlafen. Daran würdest du doch immer denken müssen, wenn du mich in den Arm nimmst. Das würde ich sogar verstehen.«

      Tränen kullerten über ihre Wangen. Gleichzeitig versuchte sie zu lachen.

      »Das ist der Frankenwein. Der ist tückisch. Harald Lambers, du bist ein Spinner.«

      »Ich sehe das völlig anders. Isolde war eine Hure. Sie ist immer noch eine Hure. Dagegen bist du eine Heilige … zumindest für mich. Wir sollten morgen noch einmal in aller Ruhe darüber sprechen. Bist du damit einverstanden?«

      Behutsam lotste er die nackte, lachende und weinende Frau wieder ins Bett zurück. Dort schmiegte sie sich zitternd an den Verliebten.

      »Nein. Damit warten wir nicht bis morgen«, schluchzte Chantal.

      »Ich finde dich sympathisch, sehr sogar. Aber ich habe mir geschworen, niemals zu heiraten. Ich könnte nicht mehr in den Spiegel schauen. Mein Spiegelbild würde mich immer anschreien:

      »Jetzt hast du es geschafft. Bislang warst du eine Liebesdienerin, eine Konkubine oder eine gutaussehende Escort-Begleiterin. Jetzt, nach vielen Jahren, bist du eine Nutte, die nicht nur ihren schönen Körper, sondern auch ihre verdammte Seele verkauft hat. Willst du das?! Kannst du das verantworten? Kannst du mich nicht ein bisschen verstehen?«

      Stille entstand im Raum.

      »Entschuldige. Das war wahnsinnig dumm von mir, dich so völlig unvorbereitet …«

      Harald beugte sich zur immer noch zitternden Frau hinüber. Sanft streichelte er über ihre Wangen.

      »Du bist doch eine kluge Frau. Was würdest du uns in dieser blöden Situation raten?«

      Blitzartig richtete sich Chantal im Bett auf. Während sie Harald hastig sowohl das Oberteil als auch die Hose des Schlafanzuges auszog, quietschte sie fast wie ein junges Mädchen:

      »Mit einem angezogenen Mann spreche ich heute kein einziges Wort mehr. Und ich rate dir, ab jetzt auch nicht mehr zu denken. Jetzt werden zwei andere miteinander kommunizieren. Dieser Bursche da …« sie fasste zwischen die Beine des völlig verdutzten Mannes … »muss doch ausgehungert sein. Ab heute nennen wir die beiden Akteure Cäsar

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