Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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schnaufte Dr. Balduin Haberlein.

      »Am Sonntagnachmittag. Oder am Abend. Das geht.«

      Er hatte eine sonore und angenehme Stimme.

      »Entschuldigung. Wie darf ich Sie korrekt ansprechen? Oder anders: Wie möchten Sie gerne angesprochen werden?«, fragte Chantal.

      »Ich finde Ihren Namen – Madame Chantal – hinreißend, wenn ich das sagen darf. Nennen Sie mich bitte zunächst Bruder Balduin. Wie klingt das?«

      »Hinreißend Bruder Balduin«, lachte die Escort-Expertin. »Das mit dem Termin- Vorschlag am Sonntag war natürlich ein kleiner Scherz von mir. Selbstverständlich habe ich gewusst, dass insbesondere der Sonntag-Vormittag …« Sie lachte leise, und fügte hinzu:

      »Dafür entschuldige ich mich. Machen Sie bitte einen Vorschlag.«

      Der Dekan lachte jetzt auch.

      »Ich stelle mit großer Zufriedenheit fest, dass Sie Humor haben. Umso mehr freue ich mich jetzt auf unser Rendezvous.«

      Gerne kam Bruder Balduin nach Frankfurt. Ein Treffpunkt in Bayern oder Franken war aus seiner Sicht ungünstig, wie er es ausdrückte.

      Spätestens an dieser Stelle ärgerte sich Chantal darüber, bislang den Vorschlag des Rendezvous-Geschäftsführers abgelehnt zu haben, zusammen mit ihren Kolleginnen eine große Villa auf dem Lande anzumieten oder gar zu kaufen. Ihr Steuerberater hatte ihr ohnehin angeraten, ihre weiß Gott nennenswerten Einkünfte sinnvoll anzulegen. Ein solches Objekt wäre steuerlich sogar absetzbar gewesen. Auch einen Fahrdienst und einen Sicherheits-Experten durfte sie künftig nicht mehr als völlig abwegig einstufen. Politiker, Manager oder gar Geistliche mussten verständlicherweise Wert darauflegen, nicht in eine missliche Lage gebracht zu werden. Auch das wäre zum Großteil steuerlich absetzbar gewesen.

      Wie auch immer: Bruder Balduin reiste mit dem ICE an. Im InterContinental hatte Chantal eine Suite mit Blick auf den Main gebucht. Sie erwartete ihren Gast in der Hotelhalle. Es war ein sonniger Dienstag-Nachmittag im August.

      Es hatte sich als äußerst schwierig erwiesen, viel Erhellendes über Dr. Balduin Haberlein in Erfahrung zu bringen. Sie musste also improvisieren und alle ihre Antennen ausfahren. Aber worüber unterhielt man sich mit einem Dekan? Sie kicherte in sich hinein, als sie in Erwägung zog, mit ihm zu beten. Das wäre einmal etwas Neues.

      Nein. Bruder Balduin sah nicht danach aus, als sei er zum Beten gekommen. Schon von Weitem winkte er, und zog sein kleines fahrbares Köfferchen hinter sich her. Chantal hatte sich lange über die Aufnahme gebeugt, die ihr zugemailt worden war. Deshalb war sie nun nicht überrascht.

      Die Haarpracht des Dekans war einer auffälligen Glatze gewichen. Er hatte ein rundliches Gesicht, trug eine randlose Brille und einen kurz geschnittenen, grauen Vollbart. Seine relativ kleinen blauen Augen blickten Chantal frech und unternehmungslustig an.

      Er ließ es sich nicht nehmen, ihr ein kleines Küsschen auf die Wange zu hauchen.

      »Grüß Gott Madame Chantal. Suchen Sie sich einen neuen Fotografen«, sagte er.

      »Sie sind eine der schönsten Rosen, die ich jemals gesehen habe. Ich liebe Rosen über alles liebe.« Er zog die Luft tief in seine Lungen und schloss dabei die Augen.

      »Und wie sie duftet, diese Rose.«

      Chantal blinzelte den Kirchenmann gespielt irritiert an.

      »Bruder Balduin. Sie scheinen mir ein ganz Schlimmer zu sein.«

      »Und diese dunkel-samtige Stimme; wie die einer Oboe. Sie müssen wissen …«

      »… dass die Oboe Ihr Lieblings-Instrument ist. Nicht wahr?«, gluckste Chantal.

      Der lustige Dekan strich mehrere Male über seinen grauen Bart.

      »Das wird jetzt ganz ganz schwierig«, flüsterte er.

      »Im Moment habe ich das Gefühl, dass die noch so verlockendste Speise reine Zeitverschwendung wäre. Was meinen Sie, Madame Chantal?«

      »Im Grunde genommen ist diese Frage ganz einfach zu beantworten. Auf unserem Zimmer lasse ich mich überraschen, wie viel Appetit Sie mitgebracht haben. Danach stärken wir uns bei einer himmlischen Speise. Ich habe einen dezenten Tisch reserviert. Und danach … danach lasse ich mich überraschen, wieviel Fantasie Bruder Balduin noch so entwickelt. Wenn Ihnen danach ist – ich habe eine CD mit Orgelmusik eingepackt. Toccata und Fuge in d-Moll. Das Orgelstück Fantasia von Mozart. Bei Orgelmusik. Oh mein Gott. Das wäre für mich einmal eine völlig neue Erfahrung.«

      Der glatzköpfige Gast richtete seinen Blick gespielt nach oben.

      »Du meinst es heute gut mit mir. Ich überlasse es dir, ob du inzwischen einen Spaziergang machst«, flüsterte der Dekan lachend.

      Bruder Balduin hatte Fantasie mitgebracht und Kraft, viel Kraft. Chantal war einige Male leicht besorgt. Sie hatte sich in Erinnerung gerufen, dass dieser Geistliche bereits 62 Jahre alt war. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sein Herz vor lauter Glück ins Stolpern geraten wäre. Sie tröstete sich damit, dass das InterContinental auf Diskretion bedacht war. Es sei denn, der Marketingmanager des Hotels brauchte eine Schlagzeile, die selbst einigen Imamen in Turkmenistan Anlass zum Schmunzeln gegeben hätte.

      »Das nächste Mal plane ich zwei oder gar drei Tage ein«, sagte der höchst zufriedene Kirchenmann am darauffolgenden Spät-Vormittag zum Abschied.

      »In Ordnung Bruder Balduin. Interessieren würde mich schon, was ihr großer Boss da oben über ihre Freuden so denkt. Wir beide gehen doch davon aus, dass er sogar in dieser Sekunde ein wachsames Auge auf uns wirft. Blamieren sollten wir ihn auf keinen Fall.«

      Der glatzköpfige Dekan grinste über das ganze Gesicht.

      »Ich verspreche Ihnen mutig zu sein. Nachdem ich mich unter unsere größte Glocke gestellt habe, werde ich mit ihm sprechen. Wenn er dann die Glocke nicht nach unten donnern lässt, gehe ich davon aus, dass ich auch das nächste Mal mit seinem Segen komme. Ich werde ihm auf alle Fälle danken. Und selbstverständlich werde ich beten.«

      »Dann beten Sie bitte auch für mich. Einverstanden?«

      »Selbstverständlich«, sagte Bruder Balduin. Doch dieses Mal mit einer ernsten Miene.

      »Unabhängig davon würde er sich ganz bestimmt freuen, wenn auch Sie ab und zu mit

      ihm sprechen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er sich darüber freuen würde.«

      »Ich verspreche es Ihnen«, lachte Chantal.

      Noch am gleichen Tag versuchte sie ihr Versprechen, in die Tat umzusetzen. Hierbei wurde ihr bewusst, dass sie das noch nie in ihrem Leben getan hatte. Ihr fiel ein, dass sie weder ihre Mutter noch ihren Stiefvater beten sah; außer nach dem Tod des kleinen Gerard.

      Doch plötzlich … in diesem Moment … als sie ihre Hände faltete, stockte ihr Atem. Ihr

      Puls raste.

      Mit geschlossenen Augen dachte Chantal nach. Sie war eine intelligente Frau. Davon war sie überzeugt. Sie war gesund. Erst vor wenigen Wochen hatte sie sich einem Gesundheits-Check unterzogen.

      »Alles

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