Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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können noch viele, viele Männer so richtig glücklich machen.«

      Quasi als Gegenleistung machte sie diesen nicht mehr ganz jungen Professor glücklich. Nach mehreren Runden machte sie sich leichte Sorgen. Zum Abschied wollte sie ihm den Rat geben, sich … Doch er winkte lachend ab.

      »Wenn es an der Zeit ist, werde ich Sie zu mir nach Hause einladen. Ich kann mir keinen schöneren Tod wünschen. Petrus wäre mit Sicherheit irritiert, einer höchst zufriedenen und grinsenden Seele die Pforte zu öffnen.«

      Ihr Puls raste weiter. Und trotzdem musste sie noch immer lächeln.

      »Chantal, es wird höchste Zeit, dass du zu einem Seelenklempner gehst«, versuchte sie in sich hineinzulächeln.

      »Du hast doch nicht umsonst diese beschissenen Fachbücher über Psychologie gelesen. Da gibt es andere Gründe; andere Schranken. Denk nach. Denk nach! Da muss es noch andere Gründe geben.«

      Herrjeh. Da gab es doch dieses Drama. Damals. Oh ja. In ihrer Kindheit war es ein größeres Drama gewesen. Sie, oder ein Mechanismus in ihr, hatte es bewusst und nachhaltig verdrängt – weil sie damals darüber nicht sprechen wollte.

      Ihre Familie war katholisch. Wie die meisten Familien in und um Freiburg. Während ihrer Vorbereitungen auf die Kommunion hatte sie dieser Pfarrer, er hieß Pfisterer, nach dem Unterricht in die Sakristei gelotst. Er wollte sie anleiten, mit Gott zu sprechen.

      Dazu müsse sie jedoch eine reine Seele haben, hatte er damals glaubhaft geflüstert. Der kleine Slip würde dabei nur im Wege sein - sagte er damals. Er half ihr dabei, ihn auszuziehen. Sie zitterte wie Espenlaub. Sie war nicht aufgeklärt. Das machte man damals nicht. Aber dass da etwas ganz und gar nicht stimmte, wurde ihr wenige Minuten später bewusst. Schreiend und tränenüberströmt stürzte sie aus der Kirche. Der kleine Slip blieb in der Sakristei zurück. Viele Stunden traute sich nicht nach Hause. Selbstverständlich hatte sie nicht den Mut, mit ihrer Mutter zu sprechen. Über solche Sachen sprach man damals nicht. Unabhängig davon: Wer hätte ihr auch geglaubt. Ein Pfarrer, ein Lehrer, ein Richter oder andere Honoratioren machten so etwas nicht. Niemals. Das musste ihre Freundin Hannah, die kleine Lügnerin, erfahren. Hannah war ihre einzige und beste Freundin.

      Nach der Kommunion, Chantal war das einzige Mädchen, dass damals weinte, setzte sie keinen Fuß mehr in eine Kirche. Warum? Darüber hatte sie später nie wieder nachgedacht.

      Oh Gott. Und in der vergangenen Nacht hatte sie mit einem Geistlichen geschlafen. Es hatte ihr sogar Freude bereitet. Und nun, heute, versuchte sie zu beten.

      Sie kam sich plötzlich vor wie ein kleines Mädchen. Sie wusste nicht mehr, wie man das macht. Sie versuchte sich, damit zu beruhigen, dass sie die Natur mit all diesen Herrlichkeiten liebte und bewunderte; dass sie nie hinterlistig war, niemand betrogen oder bestohlen hatte. Vielmehr hatte sie mit Inbrunst Liebe gegeben – und natürlich auch empfangen. Das hatte Gott oder die Schöpfung so eingerichtet. Also konnte dies alles nicht falsch sein. Okay okay. In Gottes Namen. Dafür hatte sie Geld bekommen. Aber das hatte sie sich verdient. Das war ihr Job.

      Zwei Wochen später; Chantal hatte ihre Rendezvous-Liste „abgearbeitet“, führte Harald sie zu einem Hochhaus in der Wintersbachstraße am Bornheimer Hang. Sie respektierte seine Bitte, in den nächsten zehn Minuten keine Fragen zu stellen.

      Mit einem gespielten Pokerface drückte er auf den Knopf zum 22. Stock. Der Aufzug fuhr leise und rasch nach oben. Dort angekommen, holte er einen Schlüssel aus seiner Jackentasche.

      »Zuerst will ich dir den Ausblick zeigen«, sagte er mit einem Lächeln. Gemeinsam betraten sie den Balkon. Es war ein sonniger Tag im August.

      »Wahnsinn. Das ist ja eine wahnsinnig schöne Aussicht«, entfuhr es Chantal.

      In Richtung Süden, am Fuße des Hochhauses, lag der Günthersburgpark. Weiter dahinter sah sie den Frankfurter Zoo, die Innenstadt, den Main, Sachsenhausen und Offenbach. Da waren die vielen anderen Hochhäuser. Der Blick reichte heute bis nach Neu-Isenburg und den Flughafen Frankfurt. Und weiter im Westen konnte sie das Main-Taunus-Zentrum erkennen. Noch weiter, in Richtung Nordwesten, war im Dunst der Taunus auszumachen.

      »Das ist himmlisch. Gehört diese Wohnung Dir? Das würde mich nicht überraschen.«

      »Du musst mir schon etwas mehr zutrauen mein Engel.« Harald ließ sich Zeit. Offensichtlich wollte er es spannend machen.

      »Öffne deine Hand«, bat er.

      Chantal zuckte artig mit den Schultern. Sie öffnete ihre rechte Hand. Plötzlich fühlte sie etwas Hartes, Stählernes in ihrer Hand. Blitzschnell erkannte sie einen Schlüssel. Sie sah, wie Harald ihre Hand mit seinen beiden Händen sanft und theatralisch zudrückte.

      »Das ist ab sofort deine Wohnung«, sagte er leise.

      In diesem Moment erschloss sich ihr der Sinn dieser Worte nicht so recht. Wie in Trance ließ sie sich durch die Wohnung führen. Sie war riesig. Sie war wunderbar eingerichtet. Im Schlafzimmer erkannte sie dieses große Doppelbett und den riesigen Spiegelschrank. Jaja. Jetzt dämmerte es ihr, warum Harald diese Möbel mit seinem Smartphone aufgenommen hatte. Und dann … dann fühlte sie ihre Beine nicht mehr.

      Das Bett war weich. Sie spürte, wie Harald über ihre Wangen strich.

      »Entschuldige bitte«, flüsterte er. »Ich habe mich wie ein Schuljunge benommen. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass dir das so nahegehen könnte. Ich wollte dir eine große Freude bereiten. Das habe ich dir doch versprochen. An diesem Abend. Im Taxi. Du kannst dich doch daran erinnern?«

      Er legte sich zu ihr auf das Bett. Er zog sie sanft an sich.

      »Sag‘ mir, dass du dich wenigstens ein bisschen freust. Zumindest ich habe mich wie ein Pennäler gefreut, als ich das hier eingerichtet habe.«

      Chantal gab Harald einen herzhaften Kuss.

      »Du bist ein Barbar. Deine Chantal so zu erschrecken.« Sie setzte einen Schmollmund auf. »Um ehrlich zu sein. Ich hätte nicht gedacht, dass mich etwas so umhaut. Mach‘ dir also keine Vorwürfe.«

      Stille entstand im Raum.

      »Wie groß ist die Wohnung eigentlich? Die muss ja ein Vermögen gekostet haben. Du Spinner. Für eine Konkubine so viel Geld auszugeben.«

      »Sag so etwas nie wieder. Bitte. Du bist inzwischen ein Teil meines Lebens. Quatsch. Du bist der wichtigste Teil meines Lebens geworden. Das musst du mir glauben.«

      Kapitel 5

      Chantal verglich die Zeit mit den vielen Musikstücken, die sie zusammen mit Harald genossen hatte. Sie lässt dich träumen, wie bei Peer-Gynt. Sie lässt dich über den Tau des Morgens gehen. Sie lässt dich sogar über den Wolken schweben. Doch die Zeit hat auch Bässe und dunkle, rabenschwarze Töne. Bislang war sie von großen Paukenschlägen verschont geblieben. Eine Stimme in ihr sagte, dass sie sich in den kommenden Jahren auf einige Veränderungen einstellen musste. Die Zeit würde dann den Schmerz sanft wie mit einer Decke aus Schnee zudecken, und auf den nächsten Frühling warten. Das hoffte Chantal zumindest. Die Zeit sprudelt dich hinweg, nimmt dich mit, donnert dich hinab über die Felsen – wie bei Smetana. Dann trägt sie dich wieder auf den Wellen dahin. Aber die Zeit ist auch ein Schurke, ein Dieb ein hässlicher Geselle. Auch das musste Chantal in den nächsten Jahren ertragen.

      Doch

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