Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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trug sie auf Händen. Doch, und da machte Chantal sich nichts vor, hing er ab und zu in den Seilen … wenn er wusste, dass sie an einem Wochenende wieder einmal „unterwegs“ war; mit einem anderen Mann in irgendeinem Bett lag; irgendwo in Deutschland. Manchmal begleitete sie ihre Kunden auch ins Ausland; war eben mal schnell in London, Monaco, an der Riviera – oder weiß der Teufel wo. Aber Harald, ihr Anker, hatte diese Qualen bislang nie spüren lassen. Dafür liebte sie ihn.

      Harald war ihr wichtig. Für ihn nahm sie sich Zeit; legte sich sogar mit dem Geschäftsführer der immer größer gewordenen Escort-Gesellschaft an. Mit Harald fuhr sie in die Toskana. Dort wanderten sie durch die Weinberge bei Montaione. Ihr Weg führte sie an viele Schauplätze der Musikstücke von Edward Grieg, Smetana, Mozart und Strauss. Er mietete ein Haus an einem der unendlichen vielen Seen in Kanada. In den Süden zog es Harald nicht. An den Winterabenden lagen sie, oft nackt, vor dem Kamin, hörten Musik und tranken Rotwein.

      Sie gab ihm Kraft für sein Unternehmen. Zumindest hatte er dies viele Male gesagt. Eines Tages lud er sie sogar ein, um ihr jede Ecke dieses Unternehmens zu zeigen. Er und seine Chemiker waren erstaunt, wie schnell Chantal alle Zusammenhänge erfasste.

      Es sollte ihr Geheimnis bleiben, dass sie einige Geschäfte, große Geschäfte, angebahnt hatte – auf ihre ureigene Weise. Das glaubte sie Harald schuldig zu sein.

      Noch nie zuvor hatte sie mit einem Chinesen geschlafen, der nur ihretwegen einige Male nach München flog. Er, Mister Lin-Lin, bestand darauf, dass sie bei der Einweihung eines Joint-Venture-Unternehmens in Tianjin anwesend war. Eine jüngere Chinesin, Lin-Lin gab vor, dass sie seine Schwester sei, beäugte Chantal äusserst interessiert. Sie konnte damals nicht wissen, dass diese Frau noch eine Rolle in ihrem Leben spielen sollte; allerdings nur eine indirekte Rolle.

      Harald weinte vor Glück beim Erstauftrag eines großen Unternehmens in Lyon. Marlon Larousse war ein ekelhaftes Wesen. Aber das musste Harald nicht wissen.

      Vor einem halben Jahr bat der Rendezvous-Geschäftsführer Chantal zu einem Grundsatzgespräch, wie er es nannte, nach München. Er bat sie inständig, nicht so viele Anfragen abzulehnen. In seiner bayerischen Art begann er ihr sogar zu drohen. Sie gab ihm einen Kuss auf den Mund und lachte:

      »Moosbacher, du Schelm. Was meinst du, was passiert, wenn ich zusammen mit fünf meiner besten Freundinnen zur Konkurrenz gehe. Du solltest künftig deine Zähne mit Wasser und nicht mit Weizenbier putzen. Sei lieb. Und denke vor allem nach, bevor du wieder einmal den bayerischen Raufbold spielen willst.«

      Selbstverständlich entschuldigte sich Sepp Moosbacher. Chantal brauchte ab und zu ihre Auszeit. Zwei Dates pro Woche. Ab und zu ein Wochenende. Mehr hatte sie sich nicht vorgenommen. Mehr sollten es unter keinen Umständen werden.

      Doch immer wieder musste sie für einige Stammkunden eine Ausnahme machen.

      Da war vor allem Eric Conzen. Er war Inhaber einer Hotel-Gruppe in Wiesbaden. Seine

      Frau wollte seit Jahren nichts mehr von Sex wissen. Ab und zu bat sie den Lebenslustigen sogar, endlich mal wieder zu seiner Chantal zu gehen. Denn danach war er wieder wie ausgewechselt.

      Ähnlich verhielt es sich bei Ronald Rehfeldt, dem Geschäftsführer einer Sektfirma. Er litt unter den Allüren seiner Frau. Ihr gehörte das Unternehmen. Das ließ sie ihn allzu oft wissen. Ronald war trotz seiner 55 Jahre ein äusserst anstrengender Liebhaber. Er spielte wöchentlich mehrere Male Tennis und Golf.

      Und da waren noch ihre lieben Freundinnen – Iris und Manuela. Auch sie verdienten Pflege. In letzter Zeit saßen sie wieder oft beieinander. Lachend und quietschend tauschten sie Erfahrungen aus. Dass ihr sowohl Iris als auch Manuela einiges sorgsam verschwiegen, hätte sich Chantal niemals vorstellen können.

      Mit zwei Bereichen hatte sich Chantal noch nie persönlich auseinandergesetzt. Domina-Dienste waren ihr bislang ein Gräuel. Schließlich wollte sie Freude bringen. Einem Kunden bewusst Schmerzen zufügen? Das überstieg ihre Fantasie. Darüber hinaus, das war der Hauptgrund ihrer Ablehnung, war es ihr wichtig, ihre Seele nicht unnötig zu belasten. Für diese Dinge war sie einfach nicht geschaffen.

      Vor einigen Wochen hatte ihr Iris gebeichtet, sich sukzessive dieser dunklen Welt verschrieben zu haben. Ihre Erzählungen öffneten nun Chantal völlig neue Welten und Sichtweisen.

      Da schlurfte zum Beispiel der Vorstandsvorsitzende eines Konzerns im Zweireiher heran. Dessen Aufgabe war es, Ziele zu erfüllen. Seelenlose Durchsetzungsfähigkeit war gefragt. Ohne sich dessen bewusst zu sein, knechtete er auch seine Familie; konnte einfach nicht abschalten. Frau und Kinder hielten ihn deshalb auf Abstand; hassten ihn sogar. Im Laufe der Jahre hatte dieses, im Grunde genommen bedauernswerte Wesen, alles unternommen, damit seine Seele, wie mit Säure, zerfressen wurde. Er, und viele andere Teufel in Menschengestalt, wollten deshalb dafür bestraft, erniedrigt und ebenfalls geknechtet werden.

      »Morgen habe ich ein solches Gespenst bei mir«, sagte Iris mit einem bitteren Lachen. »Willst du dir das mal anschauen?«

      Sie hatten bereits einige Gläser Wein getrunken. Chantal war deshalb so leichtsinnig gewesen, die starke Frau zu mimen.

      »Vielleicht kann sogar ich noch etwas lernen«, hatte sie gegluckst.

      Oh ja. Sie lernte etwas dazu. Für Neugierige, auch das gehörte zum Konzept ihrer Freundin, gab es ein Loch in einem Bild.

      Genau genommen blickte sie durch das Auge eines lachenden Teufels; eines Bildes, das an der Wand der Folterkammer angebracht war.

      Zuerst erkannte sie Iris nicht. Sie hatte sich in eine hauteng anliegende Lederkleidung gezwängt, die in hochhackigen Stiefeln mündete. Für ihren stattlichen Busen, daran erkannte sie ihre Freundin, gab es eine Aussparung. Im Grunde genommen war es ein extrem ordinärer Anblick, der durch eine schwarze Maske noch verstärkte wurde. Bereits das war eine schaurige Szene. Doch damit nicht genug. In ihrer rechten Hand schaukelte eine Lederpeitsche mit vielen, langen Enden. Mit der linken Hand führte sie an einer dicken Leine einen nackten Mann herein. Nein. Er ging nicht. Er kroch. Und er war korpulent. Sein Bauch schleifte fast am Boden.

      »Du hast dich heute wieder einmal wie ein Schwein verhalten. Richtig?!«, schrie sie und schlug auf den Rücken des dicken Mannes ein. Die Peitschenhiebe klatschten vernehmlich.

      »Jaja. Ich war ein Schwein. Ich gebe es zu. Du musst mich bestrafen.«

      »Was war das? Ich habe dich nicht verstanden? Du grunzt bereits wie ein Schwein.«

      »Schlag‘ mich. Bestraf‘ mich. Ich hab’s verdient«, schrie das dicke Wesen.

      Und wieder schlug die Lederfrau zu. Viele Male klatschte es vernehmlich. Die Striemen zeichneten sich auf dem Rücken des Mannes ab. Er wandte sich und schrie:

      »Ja. Ja. Jaaaa! Ich liebe dich.«

      »Du sollst mich nicht lieben. Du sollst mich hassen. Sag‘ es. Ich will es hören.«

      Und wieder klatschen die Peitschenhiebe.

      »Ja. Ja. Ich hasse dich. Ich hasse dich. Jaaa.«

      Chantal vergrub die Augen in ihre Hände. Dieses gruselige Schauspiel wollte sie sich nicht länger ansehen. Nach vielen Sekunden, in denen sie das Klatschen der Peitsche immer und immer wieder hörte, zwang etwas in ihr, doch wieder durch dieses kleine Loch zu starren.

      Sie sah, dass die Lederfrau ihren rechten Stiefel unter den Bauch des Mannes schob. Weit nach hinten. Und erneut klatschte es; lauter;

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