Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier
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Folgende Gründe sind insbesondere geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen/Richters zu rechtfertigen:[4]
– | Vorherige Behandlung des Betroffenen,[5] |
– | Verstoß gegen gerichtliche Weisungen und Überschreitung der Befugnisse, |
– | Abweichung vom Beweisbeschluss,[6] |
– | Nichtzulassen eines fachlichen Beraters des Betroffenen bei der Exploration,[7] |
– | unsachliche Reaktion auf angekündigte Kritik[8] oder auf ein vorgelegtes Privatgutachten,[9] |
– | unbesonnene Erklärungen über den Verfahrensausgang, |
– | unbedachte Sympathie-/Antipathieäußerungen, |
– | auffällige Mimik oder Gestik gegenüber einer Partei, |
– | Unterstellungen und Mutmaßungen, |
– | Äußerungen zu Rechtsfragen,[10] |
– | Äußerungen zu Fragen, die außerhalb der Beweisthemen liegen. |
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Keine Befangenheit des Sachverständigen lag vor bei
– | scharfer Reaktion, die durch massive Kritik an Leistung und Person des Gutachters provoziert wurde,[11] |
– | Zuziehung desselben Sachverständigen in Berufungs- wie Vorinstanz,[12] |
– | Unterlassen des Beiziehens von Krankenakten,[13] |
– | Vorabinformation der zuständigen Behörden über besondere Gefahrensituationen[14]. |
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Der Sachverständige hat sich strikt an die Beantwortung der gerichtlich vorgegebenen Beweisthemen halten. Stellungnahmen zu Rechtsfragen fallen nicht in die Kompetenz eines Sachverständigen und haben zu unterbleiben. Der Sachverständige ist Gehilfe des Gerichtes. Es ist nicht seine Aufgabe, juristischen Problemen nachzugehen.
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Deshalb ist es in einem Betreuungsverfahren unerlässlich, vor einer Begutachtung die Person des Sachverständigen der betroffenen Person bekannt zu machen, um ihr die Möglichkeit zu geben, nach Maßgabe der § 30 FamFG, § 406 ZPO den Sachverständigen abzulehnen.[15] Erfolgt eine Ablehnung des Sachverständigen durch den Betroffenen, ist diesem in der Regel rechtliches Gehör zu gewähren.[16]
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Verursachte der Sachverständige grob fahrlässig oder vorsätzlich die Unverwertbarkeit seines Gutachtens entfällt sein Entschädigungsanspruch nach § 9 JVEG.[17] Grobe Fahrlässigkeit setzt über die bei einfacher „leichter“ Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB maßgebende objektive Sorgfaltspflichtverletzung hinaus auch subjektiv zurechenbares schweres Verschulden voraus.
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Hinweis
Für die anwaltliche Überprüfung von Verfahrensfehlern im Rahmen einer Betreuungsanordnung ist also stets im Rahmen einer Akteneinsicht abzuklären, ob der Betroffene von dem Gericht über die Person des Sachverständigen unterrichtet worden ist.
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Ist der Ablehnungsgrund zum Zeitpunkt der Ernennung des Gutachters noch nicht bekannt, kann eine Partei den Sachverständigen auch später noch ablehnen. Die Ablehnung muss dann jedoch unverzüglich nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes, spätestens nach Ablauf einer angemessenen Frist erfolgen. Erfolgt sie dann nicht, ist die Ablehnung wegen Verfristung unzulässig, § 406 Abs. 2 ZPO.[18] Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die Frist zur Ablehnung nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss.[19]
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Hinweis
Der Begründung eines Befangenheitsantrages gegen einen Sachverständigen sind enge Grenzen gesetzt. Die Begründung eines Befangenheitsantrages ist schwierig und die Regelungen werden durch die Gerichte restriktiv gehandhabt. Im Rahmen einer anwaltlichen Vertretung ist von daher die Weichenstellung bei der Auswahl des Sachverständigen vorzunehmen. Es ist offensiv ein geeigneter Sachverständiger vorzuschlagen. Es ist im Interesse des Mandanten, mit einem renommierten Neurologen oder Psychiater Kontakt aufzunehmen, um dessen Bereitschaft zu eruieren, ein Sachverständigengutachten zu erstellen.
Anmerkungen
OLG München Beschl. v. 6.2.2012, 31 Wx 31/12.
BGH MDR 1988, 316; MDR 2013, 739 = NJW-RR 2013, 851; OLG Saarbrücken GesR 2005, 207 m.w.N.
Ehlers Medizinische Gutachten im Prozess, 3. Aufl. 2005, Rn. 26.
Im Einzelnen: Völker Die Ablehnung des Sachverständigen im ZPO-/FGG-/FamFG-Verfahren, FPR 2008, 287.
Thomas/Putzo/Reichold § 406 ZPO Rn. 2.
OLG