Handbuch Betreuungsrecht. Sybille M. Meier
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Ohnehin kann nicht genug betont werden, dass das anwaltliche Vorgehen bei einer bereits vorhandenen negativen Begutachtung des eigenen Mandanten von hoher Sorgfalt geprägt sein muss. Die Gutachten sind in der Regel verfahrensentscheidend, und gelingt es nicht, das Gericht von Fehlern in der Begutachtung durch eine qualitativ gute Argumentation zu überzeugen, so wird es unausweichlich zu einer Betreuungsanordnung kommen.
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Checkliste Einholen eines Sachverständigengutachtens
1. | Welche Qualifikation hat der Sachverständige? Wies der Sachverständige auf seine fehlende Schweigepflicht hin vor der Begutachtung? |
2. | Wurde die Person des Sachverständigen dem Betroffenen zuvor bekanntgegeben? |
3. | Liegen Ablehnungsgründe bezüglich des Sachverständigen vor? |
4. | Wurde zur Gutachtenvorbereitung ein richterlicher Beweisbeschluss erlassen? |
5. | Wurde das Sachverständigengutachten dem Betroffenen vollständig, schriftlich und rechtzeitig übermittelt? |
6. | Wurde das Gutachten durch den Richter sorgfältig und kritisch geprüft? |
7. | Weist das Gutachten Mängel auf, siehe vorstehende Checkliste? |
8. | Falls kein Psychiater mit der Gutachtenerstellung beauftragt wurde: Erläuterte das Gericht dessen Sachkunde im Beschluss? |
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Es kann für einen Anwalt sinnvoll sein, dem Mandanten anzuempfehlen, ein Privatgutachten auf zunächst eigene Kosten einzuholen. In Sozialgerichtsverfahren und in Arzthaftungssachen handelt es sich hierbei um ein übliches Vorgehen, vgl. § 109 SGG. Der Inhalt des Privatgutachtens sollte von einer kritischen Auseinandersetzung mit den Vorbefunden und dem Gerichtsgutachten mit den Mitteln der medizinischen Wissenschaft geprägt sein. Dem Privatgutachter ist zur Vorbereitung seines Gutachtens das Gerichtsgutachten zur Verfügung zu stellen. Das BSG und der BGH qualifizieren Privatgutachten als von besonderer Sachkunde getragenes Parteivorbringen.[7] Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, Widersprüche zwischen dem Privatgutachten und dem Gerichtsgutachten aufzuklären.[8] Der Anwalt sollte dem Privatgutachter in einem Anschreiben die abweichenden Auffassungen des Mandanten beschreiben. Die Vergütung des Privatgutachters erfolgt nach § 631 BGB, nicht nach dem JVEG. Trug das Privatgutachten zur Klärung des Sachverhalts bei, ist ein Kostenantrag zu stellen. Bei Beeinflussung der Entscheidung tritt Erstattungspflicht ein.[9]
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Der Anwalt ist verpflichtet, die Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten zeitnah zu formulieren, § 411 Abs. 4 ZPO. Bei Unklarheiten, Ungereimtheiten im Gutachten ist ein Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachten zu stellen, §§ 397 Abs. 2, 402, 411 Abs. 3 ZPO. Die frühere Rechtsprechung dahingehend, der Antragsteller müsse sachdienliche Fragestellungen ankündigen, andernfalls das Gericht die Ladung des Sachverständigen ablehnen könne, ist verfassungsrechtlich nicht haltbar und verstößt gegen das Recht auf rechtliches Gehör, Art. 103 GG.[10] Das Gericht kann allenfalls wegen Verfahrensverschleppung bzw. Rechtsmissbrauch einen Ladungsantrag des Sachverständigen ablehnen. Die verfassungsrechtlichen Hürden hierfür sind freilich hoch.
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Im Termin, in dem der Sachverständige sein Gutachten erläutert, ist seitens des Anwalts auf Folgendes zu achten:
– | Wie gut ist der Sachverständige auf den Termin vorbereitet? Hat der Sachverständige Unterlagen dabei, anhand deren die Erläuterung erfolgt? |
– | Sind die Erläuterungen verständlich oder flüchtet sich der Sachverständige in ein „Fachchinesisch“? |
– | Wie reagiert der Sachverständige auf Vorhalte? Verärgerte, ungehaltene Reaktionen deuten auf fehlende Souveränität des Sachverständigen hin. |
– | Achtet der Sachverständige auf eine präzise Protokollierung seiner Aussagen durch den Richter? |
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Vorgehen nach der Sachverständigenanhörung:
– | Antrag auf schriftsätzliche Stellungnahme zur Beweisaufnahme |
– | Antrag auf Unverwertbarkeit von Gutachten, bei denen der Akteninhalt dem Sachverständigen nicht bekannt war. |
Anmerkungen
BGH FamRZ 2014, 1916.
BVerfGE 62, 392,