Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Wird eine Holding-SE[11] gegründet, kommen verschiedene Entstehungszeitpunkte für die Vor-SE in Betracht. Zum einen könnte auch hier auf die Beschlussfassungen der Gründungsgesellschaften bzw. die Beurkundung des Gründungsplans abgestellt werden, zum anderen aber auch auf den Zeitpunkt, in dem der im Gründungsplan vorgesehene Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile eingebracht wurde. Für den letztgenannten Zeitpunkt könnte Art. 33 Abs. 2 SE-VO sprechen, der normiert, dass die Holding-SE nur dann gegründet ist, wenn ein Mindestprozentsatz der Gesellschaftsanteile eingebracht wurde. Gleichwohl greift diese Argumentation zu kurz, denn die Einbringung[12] von Gesellschaftsanteilen setzt notwendig das Bestehen eines Rechtsträgers voraus, der Inhaber dieser Anteile wird. Die Vor-SE entsteht also auch bei der Holding-SE in dem Zeitpunkt, in dem die Gründungsgesellschaften einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss gefasst haben und der Gründungsplan notariell beurkundet wurde.[13] Im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 SE-VO handelt es sich aber um eine auflösend bedingte Vor-SE, die automatisch und liquidationslos erlischt, wenn die festgelegte Mindesteinbringungsquote nicht erreicht wird.
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Wird eine SE durch Umwandlung[14] oder im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme[15] gegründet, kommt es gar nicht zur Entstehung einer Vor-SE, denn die formwechselnde bzw. aufnehmende AG wandelt sich ohne Zwischenschritte in eine SE um.[16] Da bis zur Eintragung der SE die alte AG fortbesteht, ist kein Raum für eine Vor-SE.[17]
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2. Rechtliche Qualifikation der Vor-SE, Organe der Vor-SE
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In Deutschland ist die Vor-SE ebenso wie andere Vorgesellschaften[18] als Gesellschaft sui generis zu qualifizieren,[19] wenn es sich um eine Mehrpersonen-Vorgesellschaft handelt. Diese Einordnung hat jedoch keine praktischen Auswirkungen, da die Rechtfolgen von Art. 16 Abs. 2 SE-VO vorgegeben werden. Entsprechend der Mehrpersonen-Vorgesellschaft ist auch die Einmann-Vorgesellschaft zu behandeln.[20]
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Die Vor-SE handelt durch ihr Leitungsorgan bzw. Verwaltungsorgan, je nach dem, welches System für die SE gelten soll. Da weder § 76 AktG noch § 41 SEAG eine Eintragung voraussetzen, ist das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan unbeschränkt vertretungsberechtigt.[21] Lediglich im Innenverhältnis sind diese Organe gehalten, nur die Eintragung zu betreiben und allein die hierzu notwendigen Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Dies folgt aus dem für die Gründer mit der Unterbilanzhaftung verbundenen Risiko. Nur wenn die Gründer ausnahmslos zustimmen, ist das Leitungs- bzw. Verwaltungsorgan auch im Innenverhältnis berechtigt, Handlungen vorzunehmen, die über das Betreiben der Handelsregistereintragung und damit unmittelbar zusammenhängender Geschäfte hinausgehen. Überschreiten die Organe ihre im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen, haften sie gegenüber der Gesellschaft nach § 93 AktG, gegebenenfalls i. V. m. § 39 SEAG.
Anmerkungen
Vgl. Art. 16 Abs. 1 SE-VO, § 3 SEAG.
Art. 16 Abs. 2 SE-VO.
Vgl. bspw. Art. 12 Abs. 2, 3, Art. 33 Abs. 2, 3 SE-VO.
Ebenso Schäfer NZG 2004, 785, 790 f.; Lutter/Hommelhoff/Bayer Art. 16 SE-VO Rn. 6 ff.; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 SE-VO Rn. 21; MünchKomm AktG/Schäfer Art. 16 SE-VO Rn. 4 f.; abw. El Mahi S. 35. Ausführlich zur Vor-SE auch Casper Der Konzern 2007, 244.
Vgl. auch Schindler 3.1.2.2; Habersack/Drinhausen/Diekmann Art. 16 SE-VO Rn. 30 ff.; Manz/Mayer/Schröder/Schröder Art. 16 SE-VO Rn. 2 ff.
Art. 2 Abs. 1, 17 Abs. 2 b SE-VO.
Einzelheiten s. o. Rn. 36 f., 82.
So auch für die entspr. Konstellation nach deutschem Verschmelzungsrecht Lutter/Drygala UmwG, § 4 Rn. 24.
Art. 2 Abs. 3 SE-VO.
Art. 3 Abs. 2 SE-VO; auch im Fall einer Einmanngründung ist von dem Entstehen einer Vorgesellschaft auszugehen, vgl. MünchKomm AktG/Pentz § 41 Rn. 79; a. A. Hüffer § 41 Rn. 17a ff. m. w. N.
Art. 2 Abs. 2 SE-VO.
Zu dem missverständlichen Wortlaut des Art. 33 Abs. 1 SE-VO („Mitteilung, ob eine Einbringung beabsichtigt ist“) vgl. oben Rn. 170.
Es ist allerdings zweifelhaft, wer die ersten Gesellschafter der Vor-SE sind. Sachgerecht ist es, die Gründungsgesellschaften als erste Gesellschafter der Vor-SE einzuordnen, denn den Gesellschaftern der Gründungsgesellschaften fehlt bis zur Einbringung jeder Bezug zur Vor-SE.
Art. 2 Abs. 4 SE-VO.
Art. 2 Abs. 1, 17 Abs. 2 a SE-VO.