Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Auf der dritten Hierarchiestufe folgen sodann die Rechtsvorschriften, die von den Mitgliedstaaten in Bezug auf die SE eingeführt wurden, also namentlich in Deutschland das SEAG (Art. 9 Abs. 1 c i SE-VO). Enthält auch das in Bezug auf die SE verabschiedete Recht keine einschlägigen Regelungen, greift auf der vierten Stufe das nationale Aktienrecht (Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO). Auch wenn das deutsche Aktienrecht in der Hierarchiestufe erst an vorletzter Stelle Geltung beansprucht, wird die SE mit Sitz in Deutschland gleichwohl maßgeblich vom deutschen Aktienrecht mit geprägt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die SE-VO (und damit gleichsam die dort enthaltenen Ermächtigungen an den Satzungsgeber bzw. an den nationalen Gesetzgeber) nur Teilbereiche der SE umfasst. Hinsichtlich des ungeregelten Bereichs verbleibt es beim deutschen Aktienrecht. Auf der letzten und fünften Hierarchiestufe folgt sodann die Satzung der SE. Den Verweis auf die Satzung hätte es im deutschen Recht eigentlich nicht bedurft, da dieses Ergebnis auch über Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO, § 23 Abs. 5 AktG erreicht würde.
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Diese – schon in der theoretischen Darstellung – komplexe Normenhierarchie wirft immer wieder die Frage auf, wie weit der Regelungsbereich der einzelnen Hierarchieebenen reicht. Denn erst dann, wenn auf einer Ebene eine Rechtsfrage ungeregelt ist, können die nachgelagerten Hierarchieebenen zur Anwendung gebracht werden. Zusätzlich wird die Situation dadurch verkompliziert, dass auch auf den einzelnen Hierarchieebenen Regelungslücken ggf. im Wege der Analogie geschlossen werden können.[6] Die Frage der Normenhierarchie wird im Folgenden anhand der jeweiligen Problemkreise vertieft.
3. Sprache
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Die Satzung der SE kann in der Sprache des Sitzstaates oder aber auch in jeder anderen Sprache abgefasst werden.[7] Eine Abfassung etwa in Englisch bietet sich beispielsweise wegen der Internationalität der SE an. Zu beachten ist lediglich, dass der beurkundende Notar entsprechend sprachkundig ist (§ 5 Abs. 2 S. 2 BeurkG) und für die Handelsregisteranmeldung eine beglaubigte Übersetzung beigefügt werden muss.[8] Dies ermöglicht es, die Satzungen innerhalb eines europäischen Konzerns auch sprachlich zu vereinheitlichen.
4. Satzungsstrenge
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Die SE mit Sitz in Deutschland unterliegt ähnlich wie die deutsche AG[9] dem Grundsatz der Satzungsstrenge. Das hiermit dem Satzungsgeber Gestaltungsfreiheit genommen wird, mag rechtspolitisch zu kritisieren sein,[10] ist aber de lege lata hinzunehmen. Die für die SE geltende Satzungsstrenge entspricht indessen nicht vollständig der für die AG geltenden Satzungsstrenge. Dies ist wiederum der Normenhierarchie des Art. 9 Abs. 1 SE-VO geschuldet.[11] Da Bestimmungen in der Satzung der SE in bestimmten Fällen (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO) den Vorschriften des nationalen Rechts, also damit insbesondere § 23 Abs. 5 AktG, vorgehen, sind diese Satzungsbestandteile nicht am – in der Normenhierarchie darunter angesiedelten – deutschen Recht zu messen. In der Sache ändert dies allerdings wenig: Art. 9 Abs. 1 b SE-VO räumt nur denjenigen Satzungsbestimmungen Vorrang vor dem nationalen Recht ein, deren Aufnahme in die Satzung von der SE-VO ausdrücklich zugelassen ist. Da diese Regelungsermächtigungen an den Satzungsgeber eng begrenzt sind, erhält der Satzungsgeber insoweit keinen maßgeblichen Gestaltungsspielraum. Da alle übrigen Bestimmungen am Maßstab des nationalen Rechts, also insbesondere an § 23 Abs. 5 AktG zu messen sind, gilt der Grundsatz der Satzungsstrenge fast gleichermaßen auch für die SE. Dementsprechend ist es irreführend, wenn insoweit von „doppelter Satzungsstrenge“[12] gesprochen wird, denn Art. 9 Abs. 1 b SE-VO stellt keinen Prüfungsmaßstab für Satzungsbestimmungen dar bzw. begrenzt den Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers nicht, sondern regelt ausschließlich die Normenhierarchie.
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Für die Gestaltung der Satzung einer SE gilt damit folgendes: Abweichungen der Satzung von den gesetzlichen Bestimmungen sind nur dann möglich, wenn solche Abweichungen ausdrücklich zugelassen sind. Ist die Abweichung durch die SE-VO ausdrücklich gestattet (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), bildet nur diese und nicht das nationale Recht den Prüfungsmaßstab, so dass in diesen Fällen auch von den nationalen Regelungen abgewichen werden kann. Als Beispiel für diese Fallkonstellation kann auf Art. 55 Abs. 1 HS 2 SE-VO verwiesen werden. Dieser gestattet dem Satzungsgeber ausdrücklich, von den nationalen Bestimmungen abzuweichen, so dass eine etwaige Satzungsbestimmung den nationalen Bestimmungen in § 50 SEAG, § 122 Abs. 1 AktG vorgeht und gerade kein Verstoß gegen den Grundsatz der Satzungsstrenge vorliegen würde, obwohl die entsprechende Satzungsbestimmung von den nationalen Vorschriften abweicht. Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind insoweit zulässig, als weder die SE-VO noch das nationale Recht abschließende Regelungen treffen.[13] Für die Frage, wann eine abschließende Regelung vorliegt, ist auch zu prüfen, ob sich dies aus einer ergänzenden Auslegung oder Rechtsfortbildung ableiten lässt.[14]
4 › I › 5. Auslegung der Satzung
5. Auslegung der Satzung
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Wie Satzungen von SE auszulegen sind, ist noch nicht abschließend geklärt. In der Literatur werden insoweit verschiedene Ansätze diskutiert. Neben der Möglichkeit die Satzungsbestimmungen nach europäischen Grundsätzen[15] auszulegen, wird die Auslegung der Satzung nach rein nationalen Auslegungsmethoden[16] oder eine gespaltene Auslegung, je nach dem welche Satzungsbestimmung betroffen ist, diskutiert. Eine h.A. hat sich bislang noch nicht etabliert.[17]
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SE-Satzungen enthalten zwangsläufig sowohl Regelungen, die auf europäischem Recht basieren (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), wie auch Bestimmungen, die sich nach nationalem Recht richten (Art. 9 Abs. 1 c ii SE-VO). Dementsprechend würde es naheliegen, unterschiedliche Auslegungsgrundsätze anzuwenden. Bei Regelungen, die auf der SE-VO beruhen (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), müsste sich die Auslegung nach europäischen