Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
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Jede der 208 Vorschriften ist eingehend und mit zahlreichen rechtsvergleichenden Hinweisen auf nicht nur die Rechte der Mitglied-, sondern auch von Drittstaaten sorgfältig kommentiert. Allgemeinen Vorschriften (Firma, Rechtspersönlichkeit, Kapital, Sitz, Zuständigkeit des EuGH) in Titel I folgen Regeln über Gründung (Titel II), Kapital, Kapitalerhöhung und -herabsetzung sowie Schuldverschreibungen (Titel III), Struktur (Titel IV), Rechnungslegung (Titel VI), Sitzverlegung (Titel VIII) und Auflösung (Titel IX), dazu Regelungen über „die Vertretung der Arbeitnehmer in den Organen der SE“ (Titel V) und konzernrechtliche Vorschriften (Titel VII). Bestimmungen über Umwandlung (Titel X) und Fusion (Titel XI) runden das umfassende Bild ab.
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Mit Recht betont Sanders,[8] dass es das Ziel der Arbeiten war, eine „neue Gesellschaftsform aus einem Guss zu entwerfen“, die „den Bedürfnissen der Wirtschaft auf europäischer Ebene zu dienen“ habe. Keinesfalls sei der „Vorentwurf“ eine „Ansammlung aller denkbaren, in den nationalen Rechten geltenden Lösungen“. Mutig stellte sich der Entwurf auch Problemen, die auf europäischer Ebene außerordentlich umstritten waren und es noch sind, deren Lösung aber für das Vorhaben als unerlässlich betrachtet wurde: die in der Gemeinschaft der sechs Gründerstaaten nur in Deutschland bestehende Mitbestimmung als die Mitverantwortung der Arbeitnehmer einer Großgesellschaft bei der Aufsicht über die Unternehmensführung und das Konzernrecht als die Summe der Beziehungen zwischen herrschendem und abhängigen Unternehmen, die Publizitätserfordernisse sowie der Schutz der Minderheitsaktionäre und der Gläubiger der abhängigen Gesellschaften – Regelungen, die sich bis heute in der Europäischen Union nicht haben durchsetzen können, obwohl ihre Verwirklichung als gerechter Ausgleich zwischen den beteiligten Interessen dringend geboten ist.
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Dass der „Vorentwurf“ die parallel laufenden Arbeiten zur Harmonisierung der nationalen Gesellschaftsrechte, insbesondere der Aktienrechte nach Art. 54 Abs. 3 g EGV (heute Art. 50 Abs. 2 g AEUV) berücksichtigte, verstand sich von selbst.
Anmerkungen
BGBl II 1956, 1791.
An der Gründung von SAARLOR war Bärmann maßgeblich beteiligt, der schon 1957 einen Artikel über „Supranationale Aktiengesellschaften?“ – bezeichnenderweise mit Fragezeichen – im Archiv für die civilistische Praxis (AcP) 156, 156-211, veröffentlicht hatte.
Thibierge Le statut des sociétés étrangères, in: Le statut de l'étranger et le Marché Commun, 1959, 270 ff., 352, 360 ff.
Bericht im AWD 1960, 1.
Dok. SEK/1966/1250 v. 24.4.1966, Sonderbeilage zum Bulletin 9/10 – 1966 der EWG.
V der Groeben AG 1967, 1; s. auch Gessler BB 1967, 381; v. Caemmerer S. 54 ff.; Hauschild S. 81 ff.
Veröffentlicht durch die Kommission in der Kollektion Studien, Reihe Wettbewerb Nr. 6, 1967.
Kollektion Studien, Reihe Wettbewerb Nr. 6, 1967, 15.
1 › II. Der Verordnungsvorschlag der Kommission 1970
II. Der Verordnungsvorschlag der Kommission 1970
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Im März 1969 beschloss die Kommission auf Vorschlag von der Groebens die Ausarbeitung eines umfassenden Textes. Als Rechtsgrundlage hierfür hatte man zunächst an das klassische Mittel eines völkerrechtlichen Übereinkommen mit integriertem Einheitsgesetz (loi uniforme) gedacht, wie sich dies durch Art. 220 3. Spiegelstrich EGV (nicht in den AEUV übernommen) anbot, der ein solches Übereinkommen zur Ermöglichung der grenzüberschreitenden Fusion von Gesellschaften vorsah. Das Problem der bei dieser Rechtsform an sich mangelnden einheitlichen Gerichtsbarkeit hätte sich durch die Begründung einer solchen für den EuGH mithilfe eines Protokolls herbeiführen lassen, wie dies bereits bei dem Brüsseler Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen von 1968 geschehen war. Auf Initiative eines engen Mitarbeiters von der Groebens, Schwartz, setzte sich jedoch die Auffassung durch, dass ein solches großes Gemeinschaftsvorhaben, wie es die „Europäische AG“ darstellte, nur auf Gemeinschafts- und nicht auf Völkerrecht gegründet werden könne. So entschied sich die Kommission für die Heranziehung des bislang wenig beachteten Art. 235 EGV (jetzt Art. 352 AEUV), dessen Anwendbarkeit seiner Tatbestandsmäßigkeit nach nicht zweifelhaft sein konnte, aber kühn war, und schlug dem Rat als gemeinschaftsrechtliche Rechtsform eine „Verordnung“ i. S. d. Art. 189 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 288 Abs. 2 AEUV) vor.
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Grundlage der nunmehr in den Händen der Dienststellen der Kommission liegenden Arbeiten mit Sanders als Berater war selbstverständlich dessen „Vorentwurf“ – mit einer Ausnahme: Hatte Sanders zwar einen Titel über die Mitbestimmung aufgenommen, so hatte er sich doch darin für eine territorial begrenzte, nur am jeweiligen Sitz der SE geltende Regelung ausgesprochen. Dies betraf ausschließlich Deutschland, da nur dieser Mitgliedstaat eine solche kannte, während in Frankreich seit 1945 die sehr viel eingeschränktere Form der Entsendung von zwei Arbeitnehmervertretern in den „conseil d'administration“ ohne Stimmrecht galt.
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Die Kommission entschloss sich für den Vorschlag einer umfassenden Regelung dieses Problems, wie dies dem Charakter der „Europäischen AG“ als Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung entsprach, und verpflichtete den damaligen Rektor der Ruhr-Universität und Vorsitzenden der Reformkommission zur Mitbestimmung Biedenkopf als Sachverständigen. Biedenkopf erarbeitete ein vorzügliches Konzept einer europäischen Mitbestimmung, das in vier sehr unterschiedlichen Alternativen den Unternehmen zur Wahl gestellt werden sollte. Die hier niedergelegten Überlegungen, insbesondere die Alternative einer Vereinbarung von Ad-hoc-Lösungen zwischen den beteiligten Interessen, haben noch heute Gültigkeit.
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Am 24.6.1970 nahm die Kommission den so erarbeiteten Verordnungsentwurf an und legte ihn dem Rat am 30.6.1970 vor.[1]
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Der Vorschlag gliederte sich in 15 Titel: In ihnen wurden nicht nur alle gesellschaftsrechtlichen