Unternehmenskauf bei der GmbH. Stephan Ulrich
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1.4 Berücksichtigung von Finanzierungsaufwendungen
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Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen der Ziel-GmbH ist fester Gegenstand der steuerlichen Due Diligence, da der Gesetzgeber den Abzug steuerlicher Betriebsausgaben unter bestimmten Voraussetzungen deutlich einschränkt. Damit sollen Gewinnverlagerungen eingegrenzt werden. Zur Steueroptimierung versuchen häufig Konzerne, das internationale Steuergefälle auszunutzen und durch hohe Fremdfinanzierungen ihre inländische Steuerlast zu mindern.[37]
Wurden für offene Veranlagungszeiträume die maßgeblichen steuerlichen Vorschriften nicht beachtet, kann es im Rahmen von Betriebsprüfungen zu einer nachträglichen Steuerbelastung der Ziel-GmbH kommen.
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Die für den Steuerabzug maßgeblichen Vorschriften finden sich in der Zinsschrankenregelung der §§ 4h EStG; 8a KStG.[38]
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Zunächst ist im Rahmen der steuerlichen due diligence vorrangig zu klären, ob der Netto-Zinsaufwand in der Vergangenheit zutreffend ermittelt wurde. Der sachliche Umfang wird dabei durch das BMF-Schreiben v. 4.7.2008 vorgegeben.[39] Zu beachten ist, dass Dividenden, Steuerzinsen nach § 233 f. AO, Skonti, Boni und Zinsen aus der Auf- und Abzinsung von Rückstellungen keine Berücksichtigung finden.
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Wurde von der Zielgesellschaft die Escape-Klausel nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. c EStG in Anspruch genommen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Klausel tatsächlich erfüllt sind. Ist das nicht der Fall, wurde der in Abzug gebrachte Zinsaufwand zu Unrecht als Betriebsausgabe berücksichtigt.
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Im Zusammenhang mit der Escape-Klausel ist zu klären, welche Konzernstrukturen bestehen und wie die Zielgesellschaft in diese Strukturen eingebunden ist. Da die Anwendung der Escape-Klausel bei Körperschaften an weitere in § 8a Abs. 3 KStG definierte Voraussetzungen gebunden ist, sollte der Umfang des Zinsaufwands aller Konzerngesellschaften erfragt werden. Ferner sollte der Erwerber eine Übersicht der bestellten Sicherheiten durch Nicht-Konzerngesellschaften oder diesen nahestehende Personen einfordern.
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Zu beachten ist, dass bereits eine schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei einer Konzerngesellschaft zur Versagung der Escape-Klausel bei allen Konzerngesellschaften führt. Die Überschreitung der 10 %-Grenze eines Konzernunternehmens infiziert somit den ganzen Konzern.
Die Konzerneigenkapitalquote ist auf Basis der Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS/IAS festzustellen, wobei auf den vorangegangenen Abschlussstichtag abzustellen ist. Wird der Abschluss der Zielgesellschaft nach anderen Rechnungslegungsstandards aufgestellt, muss für Zwecke der Vergleichbarkeit eine Überleitung der Zahlen auf den Konzernrechnungsstandard erfolgen.
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Schließlich ist zu beurteilen, ob Zinsvorträge bereits untergegangen sind. Nach der Gesetzesformulierung in § 4h Abs. 5 S. 1 EStG geht bei Betriebsaufgabe oder Übertragung der Zinsvortrag unter. Bei Aufgabe oder Übertragung eines Teilbetriebs soll nach Auffassung der Finanzverwaltung[40] der Zinsvortrag anteilig untergehen. Bei Umwandlungen geht der Zinsvortrag gem. § 20 Abs. 9 UmwStG nicht auf die übernehmende Gesellschaft über. Im Rahmen der steuerlichen Due Diligence ist zu klären, ob derartige Vorgänge zu einer Versagung von Zinsvorträgen führen können.
2. Bilanzielle Aspekte
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Die Analyse der Steuerbilanz der Zielgesellschaft ist in der Praxis bedeutend, denn sie dient neben der Aufdeckung allgemeiner und wirtschaftlicher Steuerrisiken auch dazu, steuerliche Gestaltungspotentiale zu erkennen. Hierzu werden die Jahresabschlüsse der vergangenen drei bis fünf Jahre kritisch gewürdigt. Wurden keine eigenständigen Steuerbilanzen erstellt, werden hierzu die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse und die entsprechenden steuerlichen Überleitungsrechnungen gem. § 60 Abs. 2 EStDV herangezogen. Ergänzend sind auch weitergehende Unterlagen wie die Berichte zur Jahresabschlussprüfung oder die Betriebsprüfungsberichte relevant. Im Rahmen der steuerlichen Due Diligence stellen die nachfolgend genannten Bereiche übliche Schwerpunkte dar.
2.1 Anlagevermögen
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Wird in der Steuerbilanz der Zielgesellschaft ein in der Vergangenheit erworbener Geschäfts- oder Firmenwert unter dem immateriellen Vermögen ausgewiesen, stellt dieser steuerliches Abschreibungspotential für den Erwerber dar. Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Ausdruck für die Gewinnchancen, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind.[41] Nach den steuerlichen Vorschriften wird der Geschäfts- oder Firmenwert über eine Nutzungsdauer von 15 Jahren abgeschrieben. Ob dieses Abschreibungspotential vollumfänglich genutzt werden kann, muss im Rahmen der Due Diligence beurteilt werden.
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Steuerliche Risiken ergeben sich aus der Ermittlung des aktivierten Geschäfts- oder Firmenwertes, aber auch aus dessen Werthaltigkeit zum Zeitpunkt der Prüfung. Nicht auszuschließen ist, dass ein Verkäufer durch gezielte Umstrukturierungsvorgänge in einem Unternehmensverbund einen Goodwill geschaffen hat, der von den Finanzbehörden nicht akzeptiert wird. Dieses Risiko besteht, wenn die Aktivierung des Goodwills in einem Wirtschaftsjahr erfolgt ist, das noch nicht der Festsetzungsverjährung unterliegt. Im Rahmen von Betriebsprüfungen werden derartige Sachverhalte insbesondere aufgegriffen, wenn keine außenstehenden Dritten an Unternehmenstransaktionen beteiligt waren, da dann zulässige Gestaltungsspielräume durch den Ansatz überhöhter Kaufpreise überschritten worden sein könnten.
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Die steuerliche Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes lässt dem Bilanzierenden keinen Gestaltungsspielraum, da sie zwingend über 15 Jahre erfolgen muss. Die Abschreibung darf auch dann nicht nach einer kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden, wenn im Einzelfall Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als 15 Jahre sein wird.[42] Diese relativ lange Abschreibungsdauer geht zum Zeitpunkt der Prüfung möglicherweise nicht mehr mit dem tatsächlichen Buchwert des Goodwills konform. Die mit dem Geschäftswert abgebildeten Geschäftsbeziehungen (Kundenstamm), die Innovationskraft oder auch das Ansehen eines Unternehmens sowie sonstige Faktoren können bereits nach kürzerer Nutzungsdauer aufgebraucht sein. Diesen Verbrauch mag der Verkäufer bewusst nicht in seiner Steuerbilanz dargestellt haben, zumal die maßgeblichen Beurteilungsfaktoren hier schwer zu greifen sind. Sofern sich die Zahlung für den Geschäfts- oder Firmenwert als Fehlmaßnahme erwiesen hat oder sein Wert unter den Buchwert gesunken bzw. der Geschäftswert nicht mehr vorhanden ist, ist eine Teilwertabschreibung zulässig. Wichtig ist hierbei der Nachweis, dass es sich um eine nachhaltige Minderung des