Unternehmenskauf bei der GmbH. Stephan Ulrich
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Ein weiterer Fokus der steuerlichen Due Diligence liegt im Bereich des Sachanlagevermögens und zwar in der Analyse des Abschreibungspotentials und der vorhandenen stillen Reserven des bilanzierten Sachanlagevermögens. Grundlage der Analyse sind Informationen wie das Anlagennebenbuch, (Immobilien-)Bewertungsgutachten von Sachverständigen sowie die Investitionspläne der letzten drei bis fünf Jahre und die Planung der Anschaffungen in Folgejahren.
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Anhand dieser Informationen gilt es, die in der Vergangenheit betriebene steuerliche Abschreibungspolitik zu würdigen und zukünftige Risiken zu erkennen. Diese bestehen darin, dass der Verkäufer in der Vergangenheit erhöhte stille Reserven gebildet hat, die bei einer Veräußerung in Folgeperioden den Veräußerungsgewinn erhöhen. Diese stillen Reserven können aus Sonderabschreibungen nach § 7g EStG oder aus Teilwertabschreibungen resultieren. Eine in der Vergangenheit aufgrund technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung vorgenommene Teilwertabschreibung unterliegt bei Wegfall des Abschreibungsgrundes dem Wertaufholungsgebot.[43]
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Sofern der Verkäufer dem Wertaufholungsgebot im Einzelfall nicht gefolgt ist, kann sich hieraus eine Diskussion im Rahmen zukünftiger Betriebsprüfungen ergeben. Das Risiko besteht in einer steuerlichen Zuschreibung und einer Erhöhung der Ertragsteuerbelastung, wobei zu beachten ist, dass es sich bei der Zuschreibung um einen cashflow-unwirksamen Vorgang handelt.
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Ein besonderes Augenmerk ist auf die Ausnutzung steuerbilanzpolitischer Spielräume bei der Bilanzierung und Bewertung von Immobilien zu legen. Diese stellen in der Regel die wertvollsten Vermögenswerte eines Unternehmens dar und sind daher häufig Gegenstand steuerlicher Gestaltungsüberlegungen. Bereits im Zeitpunkt des Erwerbs eines bebauten Grundstücks stellt sich die Frage, wie der gezahlte Kaufpreis auf die erworbenen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist. Der Gesetzgeber fordert, dass die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der Teilwerte auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu verteilen sind. Die Ermittlung dieser Teilwerte stellt sich in der Praxis schwierig dar, wobei bestimmte Richtgrößen wie der Bodenrichtwert zur Ermittlung des Bodenwertes herangezogen werden. Der Erwerber eines bebauten Grundstücks möchte i.d.R. einen Großteil der Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten auf die abnutzbaren Wirtschaftsgüter wie das Gebäude oder die miterworbenen selbstständigen Betriebsvorrichtungen verteilen. Insbesondere dann, wenn der gewählte Aufteilungsmaßstab noch nicht Gegenstand steuerlicher Betriebsprüfung war, kann der Erwerber erhebliche Nachteile erleiden, denn der Aufteilungsmaßstab könnte durch den Betriebsprüfer verworfen werden und steuerliches Abschreibungsvolumen verloren gehen.
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Neben dem Anschaffungsvorgang führt häufig auch die Weiterentwicklung der erworbenen Immobilie zu steuerlichen Diskussionen mit dem Betriebsprüfer. Sofern wesentliche Instandhaltungsmaßnahmen an Immobilien vorgenommen würden, kann dies zu einer Aktivierungspflicht dieser werterhöhenden Aufwendungen führen, wenn diese über den gewöhnlichen Instandhaltungsaufwand hinausgehen.[44] Hat der Verkäufer in der Vergangenheit derartige Aufwendungen getätigt, diese aber nicht aktiviert, wurden dadurch stille Reserven gelegt. Die Steuerlast aus der Realisierung solcher stillen Reserven träfe bei Veräußerung der Immobilie den Erwerber.
2.2 Umlaufvermögen
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Gemessen an der Relation zur Bilanzsumme stellen die Vorräte bei produzierenden Unternehmen eine weitere wesentliche Bilanzposition dar. Aus der Sicht eines Erwerbers ist es von Interesse, Zusammensetzung und Werthaltigkeit des bilanzierten Vorratsvermögens zu hinterfragen. Grundsätzlich werden Vorräte nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder mit dem niedrigeren Teilwert bilanziert. Der Ansatz zum niedrigeren Teilwert erfolgt aber nur dann, wenn am Bilanzstichtag dauerhafte Wertminderungen objektiv feststellbar sind und der Steuerpflichtige Nachweise zur sachgerechten Schätzung des niedrigeren Teilwertes vorlegen kann.[45]
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Sofern ein Unternehmen Vorratsbestände in der Vergangenheit abgewertet hat, besteht grundsätzlich zu jedem Bilanzstichtag die Verpflichtung, diese auf eine Wertaufholung zu überprüfen. Für den Erwerber besteht ein steuerliches Risiko darin, dass abgewertete Bestände mit den niedrigeren Teilwerten bilanziert wurden, obwohl die Gründe für die Teilwertabschreibung nicht mehr gegeben sind. Die Betriebsprüfung wird sich auf derartige Sachverhalte konzentrieren und die Einhaltung des Wertaufholungsgebotes prüfen.
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Für die Analyse des Vorratsvermögens werden insbesondere Nachweise zu Inventuren, zum Bewertungsansatz aus der Kostenrechnung, zu Verkaufsstatistiken mit Angaben zu realisierten Verkaufserlösen oder Planungsrechnungen zu realisierbaren Verkaufserlösen sowie Auftragsbestandslisten herangezogen. Hierbei sollte auch überprüft werden, in welchem Umfang von Verbrauchsfolgeverfahren bei der Bewertung Gebrauch gemacht wird. Verbrauchsfolgeverfahren dienen der Bewertungsvereinfachung. Je nach Preisentwicklung können sie dazu führen, dass stille Reserven in den Vorräten aufgebaut werden. In jedem Fall muss der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit beachtet werden; Abweichungen dürfen nicht ohne Zustimmung des Finanzamtes vorgenommen werden.[46]
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Die Werthaltigkeit der ausgewiesenen Forderungen sowie mögliche Wertaufholungen stehen ebenfalls im Vordergrund der Analyse. Wie bei der Vorratsbewertung führen dauerhaft wertmindernde Umstände zu Teilwertabschreibungen. Um den Umfang und die Risiken derartiger Abwertungen beurteilen zu können, sind insbesondere die aktuelle Offene-Posten-Liste, die Altersstrukturliste oder auch Aufstellungen zu Einzelwertberichtigungen und eine Zusammenstellung der Forderungsausfälle der letzten drei Geschäftsjahre einzusehen.
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Darüber hinaus wird man in Abhängigkeit vom Umfang des Forderungsbestandes das Ermittlungsverfahren zur Kalkulation der Pauschalwertberichtung untersuchen. Materiell handelt es sich hierbei um eine von den Finanzbehörden akzeptierte, vereinfachte Form der Teilwertermittlung von Forderungen. Die Höhe des Pauschalwertberichtigungssatzes ist häufig auch Diskussionsgegenstand mit Betriebsprüfern, sofern nicht ausgehend von den tatsächlichen Forderungsausfällen vergangener Jahre wertberichtigt wurde.
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Unter den sonstigen Vermögensgegenständen werden i.d.R. auch Steueransprüche ausgewiesen, die aus der laufenden Besteuerung oder aus Körperschaftsteuerguthaben aus der Umstellung des Körperschaftsteuersystems resultieren. Die Werthaltigkeit dieser Ansprüche ist anhand der Steuererklärungen und –bescheide zu überprüfen.
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Im Hinblick auf verdeckte Gewinnausschüttungen sind Forderungen gegen Gesellschafter und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern einer besonders intensiven