Der Trotzkopf. Emmy von Rhoden

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Der Trotzkopf - Emmy von Rhoden

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elegant eingerichteten Raum um, und mit einemmal stieg ein ängstlich-banges Gefühl wegen Bob in ihr auf. Fast wünschte sie, des Vaters Willen gefolgt zu sein. Nun wollte der Unartige auch noch hinunter auf den Boden, und diesen Wunsch konnte sie ihm doch unmöglich erfüllen. Wie durfte sie es wagen, das Tier auf den kostbaren Teppich zu setzen!

      Die Tür öffnete sich, und Fräulein Raimar trat ein. Sie begrüßte Herrn Macket mit großer Liebenswürdigkeit, dann blickte sie mit ihren stahlgrauen Augen, die einen zwar strengen und ernsten, aber sehr gewinnenden Ausdruck zeigten, auf Ilse. Das Mädchen trat dicht an den Vater und ergriff seine Hand.

      »Sei willkommen, mein Kind!« Mit diesen Worten begrüßte die Vorsteherin Ilse und reichte ihr die Hand. »Ich denke, du wirst dich bald bei uns heimisch fühlen.« Als sie den Hund sah, fragte sie: »Hat er dich begleitet?«

      Ilse blickte hilfesuchend auf ihren Vater, der dann auch für sie das Wort nahm. »Sie mochte sich nicht von ihm trennen, Fräulein Raimar«, sagte er mit verlegenem Lächeln; »meine Tochter hoffte, Sie würden die Güte haben, ihren kleinen Kameraden mit ihr aufzunehmen.«

      Das Fräulein lächelte. Es war das erstemal, daß ihr ein solches Anliegen zugemutet wurde. »Es tut mir leid, Herr Oberamtmann«, sagte sie, »daß ich den ersten Wunsch Ilses rücksichtslos abschlagen muß. Sie wird verständig sein und einsehen, daß ich nicht anders handeln kann. – Stell dir einmal vor, liebes Kind, wenn alle meine Pensionärinnen mit dem gleichen Wunsch kämen, dann wären bald zweiundzwanzig Hunde im Institut! Welch einen Lärm würde das geben! Möchtest du das Tier gern in deiner Nähe behalten, so wüßte ich einen Ausweg. Mein Bruder, der Bürgermeister hier, wird deinen Hund gewiß aufnehmen, wenn ich ihn darum bitte; dann kannst du deinen Liebling täglich sehen.«

      Der Oberamtmann lachte. »Sie haben recht, Fräulein Raimar«, sagte er, »und wir hätten das selbst vorher bedenken können. Ihre große Güte, den Hund bei Ihrem Bruder unterzubringen, wird Ilse mit vielem Dank annehmen, nicht wahr?«

      Das Mädchen schüttelte den Kopf »Fremde Leute sollen Bob nicht haben, Papa; du nimmst ihn wieder mit nach Moosdorf!«

      Herrn Macket setzte die taktlose Antwort seiner Tochter in nicht geringe Verlegenheit, aber Fräulein Raimar nahm geschickt die Führung des Gesprächs wieder in die Hand. Mit ihrer Erfahrung erkannte sie sofort das Trotzköpfchen. Sie tat, als merke sie Ilses Unart nicht. »Du hast ganz recht«, bemerkte sie freundlich, »es ist das beste, dein Vater nimmt das Tier wieder mit in die Heimat. Du würdest durch den Hund vielleicht doch mehr zerstreut, als mir lieb wäre. – Soll ihn das Mädchen in das Hotel zurücktragen, wo Sie abgestiegen sind, Herr Oberamtmann?«

      »Ich will ihn selbst hintragen, nicht wahr, Papachen?« fragte Ilse und hielt Bob ängstlich fest.

      »Ich wünsche nicht, daß du es tust, liebe Ilse«, wandte Fräulein Raimar ein. »Ich möchte dich gleich zu Mittag hierbehalten, um dich den übrigen Pensionärinnen vorzustellen. Ich halte es so für das beste. – Es tut nicht gut, Herr Oberamtmann, wenn ein Kind, sobald der Vater oder die Mutter es mir übergeben haben, noch einmal in das Hotel zurückkehrt. Der Abschied wird ihm dadurch nur noch schwerer gemacht!«

      »Nein, nein«, rief Ilse zitternd vor Aufregung, »ich bleibe nicht gleich hier! Ich will mit meinem Papa so lange zusammen sein, bis er abreist. – Du nimmst mich mit dir, nicht wahr, Papa?«

      Es wurde Herrn Macket heiß und kalt bei ihrem Ungestüm, indes half ihm auch diesmal Fräulein Raimar über die peinliche Lage hinweg. »Gewiß, mein Kind«, entgegnete sie mit Ruhe, »dein Wunsch soll dir erfüllt werden. – Darf ich Sie bitten, Herr Oberamtmann, heute mittag mein Gast zu sein? Es würde mich sehr freuen.«

      Ilse warf ihrem Vater einen flehenden Blick zu, der ungefähr ausdrücken sollte: »Bleib nicht hier, nimm mich mit fort! Ich mag nicht hierbleiben bei dem bösen Fräulein, das mich schlecht behandeln wird.«

      Leider verstand Herr Macket den Blick anders; er hielt ihn für eine stumme Bitte, die Einladung anzunehmen, und sagte zu.

      Die Vorsteherin erhob sich und zog an einer Klingelschnur. Dem eintretenden Mädchen trug sie auf, Fräulein Güssow zu rufen, die wenige Augenblicke später in das Zimmer trat.

      Fräulein Güssow war die erste Lehrerin im Institut und wohnte im Hause. Weit jünger als die Vorsteherin, war sie eine sehr anmutige, liebenswürdige Erscheinung von sechsundzwanzig Jahren. Sämtliche Schülerinnen und besonders die Pensionärinnen schwärmten für sie; sie verstand es, durch gleichmäßige Güte die jungen Herzen für sich zu gewinnen.

      »Wollen Sie die Güte haben, Ilse auf ihr Zimmer zu bringen, damit sie dort ihren Hut ablegen kann«, sagte die Vorsteherin nach der gegenseitigen Vorstellung.

      »Gern«, erwiderte die junge Lehrerin und trat auf Ilse zu. »Komm, liebes Kind!« sagte sie freundlich und ergriff das Mädchen bei der Hand. »Jetzt werde ich dir zeigen, wo du schläfst. Du hast ein schönes, großes Zimmer. Du wohnst nicht allein; Ellinor Grey, ein sehr liebes Mädchen, wird deine Stubengenossin sein. Du möchtest gern gleich mit ihr bekannt werden, nicht wahr?«

      Ilse überhörte die Frage. Sie sah ihren Vater ängstlich an und fragte: »Du gehst doch nicht fort, Papa?« Als er sie darüber beruhigte, folgte sie Fräulein Güssow.

      »Aber den Hund mußt du wohl hierlassen; du kannst ihn doch nicht mit hinauf in dein Zimmer nehmen!« sagte Fräulein Raimar.

      Fräulein Güssow dachte weniger streng als die Vorsteherin. Sie fand es nicht so schlimm, wenn Ilse ihren Hund im Arm behielt.

      »Hast du ihn so lieb?« fragte sie, als sie mit dem jungen Mädchen den Gang hinunterging.

      »Ja«, entgegnete Ilse, »ich habe Bob sehr, sehr lieb, aber ich darf ihn nicht hierbehalten.« Sie legte ihre Wange auf den Kopf des Hundes und kämpfte mit dem Weinen.

      »Gräme dich nicht darum, mein Kind!« tröstete Fräulein Güssow. »Das ist nicht so schlimm. Du findest hier etwas viel Besseres. Du sollst einmal sehen, wie bald du Bob vergessen wirst! Wir haben zweiundzwanzig Pensionärinnen im Institut; du wirst manche liebe Freundin unter ihnen finden. Hast du Geschwister?«

      »Nein«, sagte Ilse, die bereits zu Fräulein Güssow Vertrauen faßte.

      »Nein, siehst du, es fehlen dir die Gespielinnen. Gib den Hund getrost deinem Vater wieder mit zurück! Du wirst ihn nicht vermissen.«

      Sie stiegen eine Treppe hinauf und kamen auf einen großen hellen Vorplatz, auf den eine Anzahl Türen mündete. Die Lehrerin öffnete eine Tür und trat mit Ilse in ein geräumiges Zimmer, das nach dem Garten führte. Die Fenster waren geöffnet, und ein Apfelbaum streckte seine Zweige fast zum Fenster herein.

      Die Einrichtung war nicht kostbar, aber hell, hübsch und zweckmäßig. Nur das Notwendigste befand sich in dem Zimmer: zwei Betten, zwei Wäsche- und zwei Kleiderschränke, ein großer Waschtisch und einige Stühle.

      Als Fräulein Güssow mit Ilse eintrat, erhob sich schnell ein junges Mädchen von ungefähr siebzehn Jahren, das mit einem Buch in der Hand am Fenster gesessen hatte. Es war ein schlankes, zartgebautes Wesen mit goldblondem, in einem Knoten aufgesteckten Haar und blauen Augen. Wenn sie lachte, erschienen schelmische Grübchen in ihren Wangen. Es war Ellinor Grey, eine Engländerin.

      »Hier bringe ich dir Ilse Macket, Nellie. Ich denke, du wirst dich ihrer liebreich annehmen.«

      »O ja, ich werde ihr sehr lieben!« antwortete Nellie und reichte der Neuangekommenen die Hand. »Bleibt die Hund auch hier?« fragte sie.

      »Nein«, sagte Fräulein Güssow.

      »O

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