Der Waldläufer. Gabriel Ferry

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Der Waldläufer - Gabriel  Ferry

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die seine Vorfahren so ruhmvoll getragen hatten. Ich wollte einen Thron erobern, und diesen Thron, einmal erobert, wollte ich – vor zwanzig Jahren noch ein unbekannter Edelmann, jetzt aber gesättigt von Ehren und Reichtümern – zu einem Almosen machen für den der spanischen Monarchie verlustig gegangenen Erben! Werdet Ihr nun glauben«, fügte er mit einem von ruhigem Stolz strahlenden Lächeln hinzu, »daß Estévan de Arechiza an andere die Schätze der Schönheit und die beneideten Reichtümer der Tochter eines mexikanischen Hacenderos ohne Bedauern verschwenden kann?«

      Der mexikanische Senator mit dem engen Horizont, den egoistischen Plänen blieb vernichtet, zerschmettert sowohl vor dieser kühnen Sprache des unbeugsamen Europäers als vor diesem gigantischen Plan und konnte nur rufen, indem er mit Ehrfurcht die Hand drückte, die ihm der edle Spanier entgegenstreckte: »O Don Estévan – mit Eurer Erlaubnis werde ich auch ferner Euch diesen bescheidenen Titel geben —, ich erröte über meinen Argwohn, und für das Glück, das Ihr mir bietet, für die Aussicht, die Ihr mir zu eröffnen geruht, gehört Euch mein Leben und mein Herz; aber …«

      »Noch ein Argwohn?« fragte Don Estévan lächelnd.

      »Nein, aber eine Besorgnis. Habt Ihr den jungen Mann beobachtet, dem der Zufall uns hat begegnen lassen? Ein heimliches Vorgefühl sagt mir, daß Doña Rosarita vielleicht in ihn verliebt ist; er ist jung, schön, und sie scheinen sich seit langer Zeit zu kennen.«

      »Was?« unterbrach ihn Don Estévan. »Dieser junge, zerlumpte Bauer erregt Euren Verdacht?«

      »Ich gestehe«, sagte der Senator, »daß ich mich nicht habe überwinden können, die Augen Doña Rosaritas zu überraschen, die zuweilen mit sonderbarem Ausdruck auf ihn gerichtet waren.«

      »Faßt wieder Mut; ich weiß durch Don Agustin ganz bestimmt, daß das Herz seiner Tochter von jeder Liebe frei ist und daß ihre Eitelkeit sich in dem Gedanken gefällt, eines der einflußreichsten Mitglieder des Senats von Arizpe zum Gemahl zu nehmen. Was diesen jungen Taugenichts anlangt, der ganz den Stolz eines spanischen Bettlers zu haben scheint, so soll er überwacht werden, und es wäre nur ein geringes Hindernis aus dem Weg zu räumen, wenn er etwa die Anmaßung gehabt haben sollte, sich sein Ziel so hoch zu stecken.«

      Bei diesen Worten schien das Gesicht Don Estévans einen Augenblick sorgenvoll, und er konnte sich nicht enthalten, hinzuzufügen: »Ich habe ihn ebenfalls beobachtet. Eine merkwürdige Ähnlichkeit hat bei mir abermals die Quelle vieler Schmerzen geöffnet … Aber denken wir nicht mehr an eingebildete Besorgnisse, und laßt mich Euch genauer, als ich es bis jetzt getan habe, das Ziel bezeichnen, nach dem ich strebte; unsere Mittel zum Handeln; was ich von Euch erwarte auf der Bahn, die Ihr nun einschlagt, und die Gunstbezeigungen, die eine erhabene und mächtige Hand, indem sie sich öffnet, über Euch ausstreuen will. Nicht wahr, Señor Tragaduros, Ihr seht bis jetzt weder die Hilfsmittel, auf die ich rechnen kann, noch das Königreich, das ich erobern will?«

      »Ich gestehe es«, antwortete Tragaduros.

      »Die Provinz, die ich zu einem Königreich für meinen Gebieter und Euren künftigen Souverän umbilden will, ist Sonora.«

      »Was? Unseren republikanischen Staat wollt Ihr in eine Monarchie umwandeln?« rief der Senator. »Aber einen solchen Schritt versuchen, das heißt sein Leben aufs Spiel setzen!«

      »Ich weiß es; doch habt Ihr mir nicht eben gesagt: ›Mein Leben, mein Herz gehört Euch?‹ Und gerade den Preis dieses Einsatzes will ich Euch durch die Heirat mit der Tochter Don Agustins und mit dem Vermögen, das Euch zuteil werden wird, bezahlen. Als ich Euch eben sagte, daß es nur an Euch liegen würde, Eurem erblaßten Stern mehr Glanz zu geben, als er jemals gehabt hat, wähntet Ihr da etwa, daß die einzige Anstrengung, die Ihr zu machen hättet, die wäre, eine junge und schöne Frau mit einer ungeheuren Mitgift zu nehmen und unberechenbare Hoffnungen zu nähren?«

      »Nein, ohne Zweifel«, erwiderte Tragaduros schwankend; »indes …«

      »Ich habe Euch gesagt, ich suche einen tatkräftigen Mann, der einen schnellen und vielleicht ruhmvollen Tod mit der Aussicht auf Ehren und Reichtümer dem langsamen Todeskampf in einem Leben ohne Reichtum und Ehre vorzieht. Also nur unter der Bedingung, daß ich auf Euren Mut und Eure Anstrengungen, unser Ziel zu erreichen, zählen kann, will ich aus Euch den reichsten Eigentümer des neuen Königreichs machen. Wenn ich mich getäuscht habe; wenn Ihr nicht der Mann seid, den ich suche; wenn die Gefahr Euch schreckt, so finde ich vielleicht jemand an Eurer Stelle, der über eine Gefahr lacht, die ihm ein ungeheures Vermögen einbringen soll.«

      »So laßt uns denn sehen«, erwiderte der Senator, nachdem er einige Schritte im Zimmer getan hatte, um seine Aufregung zu beschwichtigen, »was Ihr von mir erwartet und auf welche Hilfsquellen Ihr rechnen könnt.«

      »Vor etwa zehn Jahren habe ich gegen die Unabhängigkeit Eures Landes in diesen Provinzen gekämpft. Ich kenne ihre Hilfsquellen, ihren unberechenbaren Reichtum, und als ich sie verließ, sagte mir ein geheimes Vorgefühl, daß ich noch einmal hierher zurückkehren würde.

      Zufällig habe ich Don Agustin kennengelernt, der damals noch im Begriff war, sich den großartigen Reichtum zu erwerben, den er jetzt genießt. Ich hatte Gelegenheit, ihm einen ausgezeichneten Dienst dadurch zu erweisen, daß ich sein Haus vor Plünderung bewahrte, ihm sogar das Leben rettete, denn er hatte seine geheime Hinneigung zur spanischen Sache nicht genug verborgen gehalten. Ich unterhielt mit ihm geheime Verbindungen. Ich wußte, daß das unzufriedene Sonora ebenfalls das Joch der Bundesrepublik abzuschütteln suchte. Ich brachte es dahin, daß der enterbte Fürst an meinem kühnen Plan Geschmack fand, und kam hierher. Don Agustin war einer der ersten, gegen die ich mich offen erklärte. Sein Ehrgeiz war geschmeichelt von den Versprechungen, die ich ihm im Namen meines Gebieters reichlich machen konnte, und er stellte sich ganz und gar zu meiner Verfügung.

      Trotz der großen Geldmittel, über die ich verfügen kann, suchte ich diese doch noch zu vermehren. Der Zufall begünstigte mich. Ich hatte zur Zeit, da ich in diesem Staat Krieg führte, einen jungen Taugenichts kennengelernt, der die Spanier und die Insurgenten einen nach dem anderen verriet; dieser junge Mann nennt sich jetzt Cuchillo.

      Mein Verhältnis zu ihm war anderer Art. – Ich bemerkte nämlich, daß er das Regiment, das ich befehligte, in einen Hinterhalt der Insurgenten führte; ich befahl daher, ihn an den ersten Baum zu hängen, bei dem wir vorbeikämen. Es traf sich glücklich für ihn, daß man meine Befehle zu buchstäblich genommen hatte; wir befanden uns mitten in ungeheuren Savannen, ohne Bäume irgendeiner Art, und der Befehl war nicht leicht auszuführen. Bei den Märschen und Gegenmärschen, die ich zu machen genötigt war, konnte also der Befehl zu seiner Hinrichtung nicht sogleich vollzogen werden; Cuchillo entkam und hat jetzt keinen Groll mehr gegen mich im Herzen. Ihr habt im Dorf Huerfano gesehen, daß ich wieder Bekanntschaft mit ihm angeknüpft habe, um ihm mit gutem, klingendem Gold das Geheimnis einer unermeßlichen Goldmine abzukaufen, nach der ich jetzt die Expedition, die sich unter meinen Befehlen gebildet hat, richten will.

      Cuchillo allein, ich und Ihr, Don Vicente« – der Spanier verschwieg den Namen Tiburcios —, »kennen bis jetzt den geheimen Beweggrund zu dieser Unternehmung, deren scheinbarer Zweck nur eine Expedition mehr ist, wie solche schon öfter unternommen worden sind. Ihr, Herr Senator, werdet hier mit der sehr süßen Aufgabe zurückbleiben, bei der schönen Rosarita Erhörung zu finden; ich dagegen nehme die zahllosen Gefahren der unbekannten Länder, in die ich eindringen will, für mich in Anspruch. Was Cuchillo anlangt, so verspreche ich ihm, wenn er mich verrät, diesmal von meiner eigenen Hand eine ebensosehr wie das erstemal verdiente, aber schnellere Strafe; denn ich weiß nicht, was mir sagt, daß der Verräter seinen Charakter nicht geändert hat!

      Der Gewinn aus dieser Expedition, deren reichster Anteil mir als dem Chef gebührt, wird noch den Hilfsquellen, über die ich verfügen kann, hinzugefügt werden. Die Leute unter meinen Befehlen könnten sich selbst nötigenfalls – und das ist nicht

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