Südamerika. Friedrich Gerstacker

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Südamerika - Friedrich  Gerstacker

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eigentlich doch unmöglich ist – diese Naturschönheiten – die stille Bay, die am Ufer bald zerstreuten, bald zu Massen zusammengedrängten Gebäude, die hohen, bald schroffen, bald mit der herrlichsten Vegetation bedeckten Hügel und Gebirge, die zahlreichen Schiffe und Boote, die Flaggen aller Länder und Welttheile, die Forts und Bastionen mit ihren Kirchen und Kanonen – das alles läßt sich wohl schildern und ausmalen, aber dem Leser einen wirklichen Begriff, ein treues Bild davon zu geben, das, glaub ich, ist rein unmöglich.

      2. Rio de Janeiro

      Die Stadt selber, – und mit wie Manchem auf der weiten Gottes Welt geht es nicht ebenso – verliert indessen gewaltig, wenn man erst ihre nähere Bekanntschaft macht. Die Straßen sind, mit wenigen Ausnahmen, eng und schmutzig, und die Masse der Sklaven, mit ihren unzähligen farbigen Abstufungen, die dem Auge überall in den Weg tritt, macht einen zu widerlichen Eindruck auf den Europäer, ihn, in dem scharfen Kontrast nicht selbst die herrliche Natur – der man übrigens in den schmalen Straßen auch fast entrückt ist – vergessen zu machen.

      Im Hafen von Rio de Janeiro lagen Massen von Fahrzeugen; so stark ich aber auch die schon begonnene Auswanderung nach Californien vermuthet haben mochte, so hatte ich doch nie geglaubt, daß eine solche Anzahl von Schiffen dahin bestimmt seyn könnte, wie sie schon, mit Passagieren, diesen Port berührt hat, und noch, fast jeden Tag, berührt. Besonders viel amerikanische Schiffe lagen im Hafen von Rio, und die Bewohner der Stadt sind so daran gewöhnt, in jedem Fremden einen kalifornischen Candidaten zu finden, daß vorzüglich die Neger ohne Unterschied schon von weitem jedem etwas fremdartig aussehenden Mann ihr »Californier« entgegenrufen – und sie begehen selten einen Irrthum.

      Wo wir gingen und standen tönte uns der Ruf: »oho Californier!« nach, und besonderen Spaß machte mir Einer unserer Mitpassagiere, der fest überzeugt war, ganz in die Landestracht – weiße Beinkleider und dunklen Frack gekleidet zu seyn, und dieß Beiwort nur einzig und allein auf seinen, durch das Seewasser etwas mitgenommenen Hut bezog. Er beschloß also sich jedenfalls einen neuen, ächt brasilianischen zu kaufen und verließ uns auch bald darauf in dieser löblichen Absicht. Den Hut kaufte er allerdings, und noch dazu in guter Qualität, – wer beschreibt aber sein Entsetzen, als er kaum um die nächste Ecke schon wieder mit dem fürchterlichen Wort – »oho Californier!« begrüßt wurde. Unser Kamerad hat die Neger, von denen dieser Zuruf besonders ausgeht, für eine »barbarische Nation« erklärt, die ihre Sklavenfesseln im reichsten Maße verdient.

      An demselben Tage war ein »Stiergefecht« mit noch einer Menge anderer Anpreisungen und Versprechungen angekündigt, und da ich hörte daß diese Art Vergnügungen hier nach und nach mehr in Verfall käme und überhaupt nicht so oft stattfände, so beschloß ich es jedenfalls zu besuchen. Ein Stiergefecht in Brasilien hatte überhaupt an sich schon eine eigene Anziehungskraft, und in höchst gespannter Erwartung ging ich mit einigen befreundeten Passagieren des Talisman dem angegebenen Orte, wo der Kampf stattfinden sollte, entgegen.

      Wir fanden eine ziemlich geräumige Arena, ringsum Logen und vor diesen freie Bänke, alles übrigens von rohem Holze und eben genug mit weißer Wasserfarbe bestrichen, um Beinkleider und Röcke zu beschmutzen. An den sich gegenüberliegenden Stellen der Arena waren große viereckige Pappscheiben mit grob gemalten Figuren aufgestellt, hinter die sich, wie ich später fand, die Stierkämpfer im Fall der Noth retirirten und rings an der Einfassung liefen gleichfalls breite Latten hin, auf welche die verfolgten »Streiter« hinaufspringen konnten. Ein paar ziemlich fade Hanswurste durften auch hier nicht fehlen; der eine war, wie es in Nordamerika gewöhnlich Sitte ist, schwarz gemalt, und führte in den Pausen komische Negertänze aus; der andere schien nur an sich selber den meisten Gefallen zu haben, wenigstens lachte niemand anderes über ihn.

      Die Hauptfiguren der Arena waren zwei Personen; ein Spanier der die ganze Anordnung des Schauspiels zu leiten schien, ein bildschöner junger Mann in altspanischer Tracht auf kleinem, feurigem Roß, und neben diesem ein anderer Reiter, der jedoch eher einem preußischen Kürassier aus dem dreißigjährigen Kriege, als einem spanischen Stierkämpfer glich. Er trug einen dreieckigen Hut und langen Pallasch an der Seite, hatte aber eine so fabelhafte Aehnlichkeit mit Napoleon (d. h. dem wirklichen) daß es uns Allen zugleich auffiel.

      Dieser war der Hauptgegner des gehetzten Thieres, und erntete auch den meisten Beifall.

      Außer den Fußkämpfern, die, wie unsere Bauerjungen in gelbe Hosen und rothe Westen gekleidet gingen, stolzirte noch eine Persönlichkeit in der Arena umher, welche um so mehr die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zog, da sie auf dem Zettel ganz besonders, und noch dazu mit großen Buchstaben angekündigt und der Menge also förmlich versprochen war. In dieser Person kann ich dem Leser aber Niemand Geringeres als el Diabo, den Teufel selber, vorführen, der in seine Lieblingsfarben, gelb und roth, gekleidet, mit langen Hörnern und längerem hintennachschleifendem Schweif die Stiere, ganz herausfordernd zu erwarten schien, sich aber, als später das Zeichen gegeben wurde, bescheidener als man es hätte glauben sollen, auf die Barriere zurückzog, und hier ebenfalls einen »stillen Beobachter« abgab.

      Der spanische Ritter gab endlich das Zeichen zum Beginne, – ein Neger öffnete von innen das eine Thor und zog sich blitzesschnell auf seinen Stand zurück. Seine Eile schien übrigens ziemlich unnöthig gewesen zu seyn, denn der erste Bulle der in dem Eingang bald darauf erschien, sah harmlos genug aus, schaute sich zuerst einen Augenblick ganz erstaunt um – denn er hatte wohl kaum erwartet hier so zahlreiche Gesellschaft zu finden – und suchte dann, so rasch ihn seine Füße trugen, das gegenüberliegende Thor.

      Damit schien aber dem Publikum keineswegs gedient; wildes Pfeifen und Trommeln begrüßte das arme friedliche Thier von allen Seiten, und ein paar Männer sprangen in die Arena und mit rothen Tüchern darauf zu und suchten es zu reizen und anzufeuern. Im Anfang wollte ihnen das aber nicht gelingen, der Bulle schien fest entschlossen gar nichts übel zu nehmen, und leistete nur einen höchst lobenswerthen passiven Widerstand. Nur erst als Napoleon mit einer Holzlanze auf ihn zusprengte, ihm diese in den Nacken stieß und einen mit flatterndem Papier umhüllten Stachel darin zurückließ, verließ ihn seine gute Laune etwas und er machte einige schwache Angriffe.

      Es mag sonst in jeder Hinsicht ein höchst schätzbares Thier gewesen seyn, zur Arena eignete es sich aber nicht, und als ihm endlich zum Abgang das Thor wieder geöffnet wurde, folgte ihm ein solches Zischen und Pfeifen, wie ich es selbst bei der ersten und einzigen Aufführung eines Oettinger’schen Lustspieles in Leipzig nicht gehört hatte – es fehlten ihm nur die faulen Orangen um ihn vollständig zu demüthigen.

      Der zweite Bulle »war eine Kuh,« aber ein kleines munteres, keckes Ding, das sich dem ersten, der sich ihm in der Arena zeigte, mit trotzigem Muthe entgegenwarf und, ganz das Gegentheil von seinem stillen Vorgänger, förmlich auf Krakeel auszugehen schien.

      Hier muß ich übrigens bemerken, daß der brasilianische Stierkampf keineswegs wie der altspanische, auf Tod und Blutvergießen hinausläuft – den Stieren sind deßhalb auch die Hörner mit großen hölzernen Futteralen und Knöpfen bedeckt, so daß sie weder Roß noch Reiter verwunden können; aus gegenseitiger und nicht mehr als billiger Höflichkeit wird dann aber auch das Thier zum Schluß nicht von dem Matador abgestochen, sondern einfach hinausgejagt, oder, soll das Vergnügen noch größer seyn, eingefangen und hinausgeworfen.

      Unsere Kuh hatte indessen schon einige der papierrauschenden Stacheln eingesetzt bekommen, und Napoleon sprengte ihr jetzt entgegen, den Kampf zu vollenden, fand aber hier einen weit gewandteren und schnelleren Gegner als an dem vorigen Kopfhänger, und eine einzige ungeschickte oder ängstliche Bewegung des Pferdes brachte dieses so weit in den Bereich seines gehörnten Feindes, daß es ihm mit dem raschen Seitensprung nicht mehr entgehen konnte. Die Kuh faßte es unter dem Bauch und würde ihm diesen, wären ihre Hörner in ihrem natürlichen Zustand gewesen, aufgeschlitzt haben, so aber fanden die stumpfen Kuppen, in allem Grimm und Kampfesmuth vorwärts gestoßen, einen zu harten Widerstand, und das rechte Horn des armen Thieres brach dicht über dem Kopfe weg, so daß nur der blutende

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