Südamerika. Friedrich Gerstacker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Südamerika - Friedrich Gerstacker страница 10

Südamerika - Friedrich  Gerstacker

Скачать книгу

Die See ging sehr hoch, der heulende West peitschte noch toll und wild hinein und das kleine schwergeladene Fahrzeug – Capitän Hauschild kam mit Salz von den capverdischen Inseln – ächzte und arbeitete mühselig gegen die immer neu herandrängenden Wassermassen an, als der Ruf eines, vorn auf der Back stehenden Matrosen unsere Aufmerksamkeit dorthin lenkte. Der Mann sah leichenblaß aus und deutete nach vorn, vor dem Bug aber schwamm auf den Wogen ein großes hölzernes Kreuz, das die erregte Fluth irgendwo vom Lande mußte losgerissen haben, und gerade jetzt hob es die andrängende Welle aufrecht empor, daß es fast senkrecht gerade vor dem Bug des Schiffes stand – im nächsten Augenblick verschwand es, die Fluth trug es unter oder neben uns hin, ohne daß wir es bemerkten, und wenige Secunden später stieg es dicht hinter uns wieder aufrecht in derselben Art empor.

      Wer abergläubisch gewesen wäre, hätte das allerdings gar leicht für ein böses Omen halten können, und überdieß ist der La Plata, über den nur, selbst bis jetzt noch, sehr unvollkommene Karten existiren, mit seinen flachen Ufern und gefährlichen Sandbänken, ein gar böses Wasser, das schon mancher armen Schiffsmannschaft das Leben gekostet hat, wir kümmerten uns aber wenig um das Omen, denn eben wurde die Leber des später ausgeschlachteten Seehunds aufgetragen und das frische Fleisch roch zu einladend, nicht alle anderen, noch dazu trüben Gedanken zu verscheuchen.

      Am dritten Tag legte sich der Sturm zwar, der Wind drehte aber, statt nach dem Süden herumzugehen, wie er das nach einem Pampero fast jedesmal thut, nach Norden herum, und faßte uns da in eine nördlich durch Land abgegrenzte Bai, aus der wir, gegen Wind und Strömung an, mehre Tage gar nicht herauskreuzen konnten. Endlich, am 16. Tag unserer Ausfahrt von Rio de Janeiro, erreichten wir die am rechten Ufer gelegene punta del Indio, der gerade gegenüber ein Leuchtschiff ankert, das auch zugleich Lootsen für die einlaufenden Schiffe an Bord hat. Hier bekamen wir ebenfalls einen Lootsen, einen alten Amerikaner, der seiner Aussage nach den Fluß auf das genaueste kannte, und uns bald nach Buenos Ayres zu führen versprach.

      Das zu unterstützen bekamen wir noch an demselben Nachmittag einen tüchtigen Südoster, und liefen nun von einer herrlichen Brise den jetzt schon gelb und trüb werdenden breiten Strom hinauf.

      Wie schon gesagt, ist der La Plata einer der am schlimmsten zu befahrenden Ströme der Welt; nirgends bietet sich dem Schiffer eine Landmark, sein Fahrzeug danach zu steuern, die Strömung ist, der Breite und der vielen Untiefen des Stromes wegen, ebenfalls unbestimmt, aber nichts destoweniger stark, und die einzige mögliche Art, das Schiff zu führen, mit dem Loth oder Senkblei. Ununterbrochen steht denn auch, von dort an, wo die eigentlichen Sandbänke beginnen, ein Mann außen von der Schanzkleidung, der sich erst durch ein festgeschlagenes Tau vor dem Wegfallen gesichert hat, und wirft das Loth – oft Einer an jeder Seite, und danach steuert der Lootse, der den Grund hier sehr genau kennen muß, das Schiff.

      Solcher Art liefen wir die ganze Nacht durch, und in der Dunkelheit war es gerade kein angenehmes Gefühl, rechts und links Bänke zu wissen, die, nur bei der geringsten Fahrlässigkeit, Schiff und Mannschaft zu Grunde richten konnten.

      An dem allen gingen wir aber rasch und sicher vorüber und Morgens um 2 Uhr sahen wir uns der Außenrhede von Buenos Ayres, die wir aber natürlich nur an den dort vor Anker liegenden Schiffen erkennen konnten, gerade gegenüber. Die Fluth, von dem Südosten verstärkt, hatte uns dermaßen begünstigt, daß wir zwei Stunden eher nach Buenos Ayres kamen, ehe es der Lootse, der uns noch viel weiter zurück glaubte, erwartet hatte, und wir konnten von Glück sagen, daß uns der Irrthum desselben nicht irgendwo auf den Sand setzte.

      Wie es war hielten wir rasch ein paar Strich höher, nahmen die leichten Segel nieder, braßten die andern etwas mehr an, und liefen mitten zwischen die Schiffe hinein, unter denen wir, am ersten günstigen Platz angekommen – den Anker in die Tiefe rollen ließen.

      4. Buenos Ayres und seine Umgebung

      Die Rhede von Buenos Ayres ist nichts weniger als günstig gelegen, denn auf der inneren können nur kleine Fahrzeuge, die nicht tiefer als acht Fuß gehen, ankern, während die äußere wenigstens vier englische Meilen vom Lande entfernt liegt und bei einem starken Südoster – wie wir ihn gerade unglücklicher Weise hatten, die Fahrzeuge fast ebensogut in offener See bleiben könnten. Eine andere Unannehmlichkeit ist die, daß bei einem solchen Wind die See ebenfalls gegen das flache felsige Ufer steht, und durch ihr Branden den Booten großentheils das Landen unmöglich macht – ja zu nur etwas tief gehenden Booten müssen selbst bei ruhigem Wetter besonders dazu gehaltene Karren hinausfahren, Mannschaft oder Ladung in Empfang zu nehmen.

      Einen vollen Tag lagen wir solcher Art auf der Rhede, mit der Stadt in der Ferne vor uns, ohne an Land zu können, und am zweiten Tag wehte es noch ebenso stark. Der Capitän, dem bange war, daß sein Salz im Preise fallen würde (was auch wirklich an demselben Morgen geschah, denn am vorigen Tag hätte er noch eine vortreffliche Fracht gemacht) wollte sich aber nun unter keiner Bedingung länger zurückhalten lassen, während der Lootse, der sich bei einer von mir aus Rio mitgenommenen und noch wenig angesprochenen Flasche Absynth bene that, erklärte, der Capitän könne, wenn ihm das Spaß mache, in solcher See an Land fahren, er selber bliebe aber an Bord. Ich hielt mich natürlich zum Capitän, denn ich hatte das an Bord herumgeworfen werden herzlich satt bekommen. Unser kleiner Schooner schaukelte nämlich, selbst auf der Rhede, noch so stark, daß wir ein Segel aufsetzen mußten, das Fahrzeug nur in etwas auf der Seite zu halten, und selbst das wollte nichts helfen.

      Als der Lootse übrigens sah, daß wir wirklich Ernst machten, schämte er sich allein zurückzubleiben; das große Boot war indessen ausgesetzt, die Sachen hinein gelassen, der kleine Mast aufgestellt, und von günstigem Winde getrieben, schoßen wir in unserem kleinen Fahrzeug pfeilschnell über die aufgeregte schäumende See des gewaltigen Stromes, der Haupt- und Residenzstadt der argentinischen Republik, Buenos Ayres, entgegen.

      Im Anfang war ich ziemlich darauf gefaßt gewesen, durch die Spritzwellen, vielleicht gar durch eine übergehende See ordentlich durchnäßt zu werden, wider Erwarten kamen wir aber glücklich und selbst ziemlich trocken an Land.

      Der Wind hatte ebenfalls in der letzten Stunde bedeutend abgenommen, die Brandung am Ufer ließ nach und der Steuernde wußte eine Welle so trefflich zu benutzen daß sie uns, mitten zwischen ein paar flache Felsplatten hinein, an eine Stelle an’s Ufer setzte, wo wir geschützt lagen und leicht und verhältnißmäßig trocken an Land kommen konnten – Aber Buenos Ayres selber? —

      Hast du dich, lieber Leser, wohl schon einmal recht lebhaft in die Märchen von Tausend und eine Nacht hinein versetzt, wo ganz plötzlich und unerwartet auf ein einfaches Indiehändeschlagen oder ein anderes höchst unschuldiges Zeichen die wunderlichsten Gestalten und Landschaften aus dem Boden heraufsteigen und den Beschauer überraschen? Hast du das, so wirst du dir einen ungefähren Begriff von dem Eindruck machen können den meine Umgebung, die nun schnell um mich her aufstieg, auf mich hervorbrachte. Die Aussicht auf die Stadt war mir bis dahin nämlich, da ich hinten im Boote gesessen und wir gerade vor dem Wind der Küste entgegen liefen, ganz durch das breite aufgespannte Segel entzogen worden, und jetzt, als dieses fiel, war es als ob ein Vorhang niedergerollt wäre um mich mit vorher sorgfältig berechnetem Effect zu überraschen.

      Vor mir lag, von der Brandung bespült, die schäumend über lose hingestreute flache Felsblöcke hinwegsprang und sprudelte, der Landungsplatz von Buenos Ayres, und das Ufer wimmelte förmlich von abenteuerlichen, phantastischen Gestalten. Finstere, scharfgezeichnete und sonngebräunte Gesichter starrten überall unter schwarzen Hüten und rothen Mützen auf uns hin, und wohin auch das Auge fiel, begegnete ihm grelle, bunte, meist aber zinnoberrothe Farbe. Die Tracht der Männer erhöhte dabei das Pittoreske der Farben. Den Kopf bedeckt meistens eine rothe, stets keck auf einer Seite getragene Mütze. Der Poncho oder Mantel (ein viereckiges Stück Zeug, durch dessen aufgeschlitzte Mitte der Kopf gesteckt wird) fällt in malerischen Falten um den Körper nieder, und ist nur gewöhnlich über dem rechten Arm durch einen Knopf oder Haken in die Höhe gehalten, um jenem freie Bewegung zu gestatten. Die Beine stecken

Скачать книгу