Südamerika. Friedrich Gerstacker

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Südamerika - Friedrich  Gerstacker

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ich später zurückkommen werde. So ausstaffirt hängt der »Gaucho« auf seinem Pferde, und die beiden vorn aus dem Hautstiefel schauenden Zehen in den kleinen schmalen Steigbügel gestützt, die Linke träge auf den hinten am Sattel befestigten Lasso gestemmt, schaut er mit den scharfen dunklen Augen mürrisch auf den »Fremden« hin, wirft sich dann im Sattel herum und sprengt im gestreckten Galopp das Ufer entlang.

      Doch von diesem wird der Blick gar bald zu dem übrigen Treiben der lebendigen Stadt gezogen. Unzählige Boote schießen unter schwellenden Segeln vom Lande, oder zwischen den dort vor Anker liegenden kleinen Fahrzeugen hin; großmächtige zweirädrige Karren fahren überall in dem seichten Uferwasser herum um Ladung und Mannschaft aus den Fahrzeugen zu nehmen, die zu tief im Wasser gehen besonders bei der unruhigen See bis dicht ans Trockne zu laufen. Hier treibt ein brauner, mit zerrissenem Poncho bedeckter Junge eine Heerde rauh genug aussehender Poneys in den Strom, und gerade vor die bald mitten zwischen ihnen hinschießenden Boote hinein, daß die Thiere oft dem rasch dahergleitenden Bug gar nicht mehr so schnell ausweichen können, und nicht selten durch die Wucht des Fahrzeugs umgeworfen werden. Dort stolziren eine Anzahl der wildest und wunderlichst aussehenden Soldaten die mir in meinem ganzen Leben noch vorgekommen sind, ziemlich lässig vor dem Gebäude des Hafencapitäns herum. Gleich daneben singt und jubelt eine Anzahl betrunkener Matrosen, die jenes Kriegsschiff da draußen, von dessen Heck der Pennant flattert, schon vor vier Tagen an Land gelassen hatte, und jetzt, trotz den wiederholten Bitten und Drohungen der Officiere noch nicht wieder an Bord bekommen konnte. Kurz, Menschen und Wogen drängen und treiben durch einander hin, und das Auge wird nicht satt, die neuen Bilder in sich aufzunehmen.

      Kaum weniger interessant ist dabei die wenn auch nicht an Naturschönheiten, doch sonst an manchen Eigentümlichkeiten reiche Scenerie. Das Land, wie überhaupt das ganze Ufer des La Plata, von der Mündung bis hierher ist flach und bietet nur wenige Hügel, ja selbst höchst spärlichen Baumwuchs; die Bauart der Stadt aber, die niedrigen Häuser und flachen Dächer, die vergitterten Fenster und das düstere Roth der Backsteine gibt dem ganzen Platz einen so besondern Anstrich, daß man den ersten Eindruck dieser zusammengedrängten Häusermassen wohl schwerlich vergessen wird.

      Aber auch oben an der Landung haben die nach europäischem Geschmack gekleideten Männer eine Auszeichnung, die besonders dem Fremden rasch ins Auge fällt und seine ganze Aufmerksamkeit erregt. Die grellrothe Farbe spielt selbst in ihrem Anzug eine bedeutende Rolle, und dient dazu sie als Bürger der argentinischen Republik zu bezeichnen. Die Bürger der Republik müssen nämlich den vom Gouverneur Rosas gegebenen Gesetzen nach eine grellrothe Weste – deren Stoff jedoch in ihrem Belieben steht – ein rothes Band um den Hut, und in einem Knopfloch ein langes Band von eben der Farbe tragen, auf dem die Devise der Republik: »Viva la confederacion Argentina – mueran los salvajes, asquerosos inmundos UnitariosEs lebe die Argentinische Republik, es sterben die wilden, schmutzigen, unmündigen Unitarier. mit schwarzen Buchstaben gedruckt ist. Diese Devise findet sich überall – kein Document wird ausgestellt auf dem sie nicht den Anfang macht, kein Paß wird ohne sie visirt, keine Zeitungsannonce fast ohne sie eingerückt, so daß sie in jedem Blatt unzähligemale vorkömmt; auf den Aushängeschildern findet man sie, selbst über dem Theater, und überhaupt an jedem Ort wo ein öffentlicher Anschlag, eine öffentliche Anzeige oder Ueberschrift angeschlagen, gemalt oder geschrieben ist; selbst der Nachtwächter ruft sie Nachts in den Straßen, und es mag wohl nöthig seyn ein Volk wie das argentinische auch auf keinen Augenblick vergessen zu lassen unter wessen Gewalt es jetzt steht. Früher hatte es darin wenigstens ein nur höchst mittelmäßiges Gedächtniß, und es ist wohl kaum ein Märchen was mir erzählt wurde, daß sich in jener Zeit der häufigen Revolutionen die Leute, wenn sie morgens aufwachten, nicht selten frugen – »wer ist denn nun heute Gouverneur« – Jetzt hat sich das geändert, und die Argentiner wissen für den Augenblick wer Gouverneur ist.

      Trotzdem aber, daß die Regierung der jungen Republik für jetzt wohl stark und sicher befestigt ist,Ich schrieb das vor drei Jahren, als Rosas noch fest das Steuer in Händen hielt, und er würde es meiner Meinung nach noch halten, hätte er sich mit der Regierung seiner eigenen Republik begnügt; Montevideo war ihm aber erst ein Dorn im Auge und wurde dann ein Nagel zu dem Sarge seiner Diktatur. kann man den Staat selber doch immer nur als im Entstehen bezeichnen. Bis jetzt hat er sich, während der ewigen Kriege mit dem Nachbarstaat Montevideo nur erst schwach ausbilden können, der Handel auf dem Strome wurde durch die Blokade der Engländer und Franzosen gehemmt, und die Bürger mußten, anstatt zu den nützlichen, einträglichen Beschäftigungen des Bürgers und Landmanns, zu Wehr und Waffen greifen. Auch das Volk im Innern war noch zu wild und trotzig, und fügte sich nur höchst ungern und erst nach heftigem Widerstand den strengen Gesetzen, die seiner Willkür hemmend in den Weg traten. Ja selbst die wilden Stämme der Pampasindianer schreckten durch ihre rohen Grausamkeiten und nicht selten tollkühnen Angriffe die fleißigen Landbebauer zurück sich weiter ins Innere zu wenden. Jetzt aber scheint die schlimmste Krisis überstanden, und die argentinische Republik geht vielleicht bald und mit raschen Schritten einer Wohlhabenheit und Vervollkommnung entgegen, die ihr auch schon ihrer glücklichen Lage und ihres gesunden Klima’s wegen im reichsten Maße gebührt.

      Für jetzt liegt noch alles im ersten Beginnen, nichts fast von allen hier verbrauchten Fabrikaten wird im Lande selber angefertigt, selbst der Gaucho sieht sich für seine einfachsten Bedürfnisse auf das Ausland angewiesen. Seine Ponchos werden in Europa gewebt, seine großen eisernen Sporen ebendort gegossen, das geringste Kleidungsstück das er trägt, die Botas ausgenommen, kommt über das Meer herüber, und selbst einzelne eigene Erzeugnisse müssen erst versandt werden um in anderem als rohen Zustand hier benutzt werden zu können. Hierher gehört besonders die Wolle, ja sogar das Pferdehaar das die Tapezierer der hier so theuern Arbeit wegen in Deutschland oder England kräuseln lassen, um es hernach zu ihrem Geschäft zu verwenden.

      Auch den Fortschritt des Ackerbaues hindert der Mangel an Arbeitern, und der dadurch unverhältnißmäßig erhöhte Lohn. Weiter im Innern des Landes sehen sich die Leute nur auf Viehzucht beschränkt, und sind nicht im Stande die nöthigen Kosten an Einfriedigungen und Gräben für anzulegende Felder zu bestreiten, die überhaupt in dem holzarmen Lande ziemlich hoch zu stehen kommen müssen. Die Ausfuhr der Produkte beweist dieß ebenfalls – wie von der Westküste Afrika’s werden von hier aus bis jetzt nur Rohstoffe, als da sind Häute, Wolle, Talg, Haare ec ausgeführt, und doch hat das Land alle die Hülfsquellen die es einst zu einem der blühendsten der Erde machen müssen.

      Es läßt sich dabei denken daß noch nicht viel für die Verbesserung des Landes selber geschehen konnte. Dem Hafen fehlt noch ein ordentlicher Leuchtthurm, wie ein Damm oder Ausbau, damit Boote auch, was jetzt bei einem heftigen Südoster förmlich unmöglich ist, vor der Brandung ungehindert landen und löschen können. Ja der Fluß selber muß später, um die Schiffe vor den nur zu häufigen und gefährlichen Sandbänken zu warnen, an noch mehren Stellen mit Leuchtfeuern und Baken und Tonnen versehen werden.

      Auch die Straßen der Stadt sind schlecht beleuchtet und in noch ziemlich trauriger Verfassung – bei Regenwetter gleichen die meisten flüssigen Morästen und die unförmlichen, aus dem Inneren kommenden Wägen tragen viel dazu bei, sie in diesem Zustand zu erhalten.

      Ein Staat kann aber nie auch gleich vollkommen geschaffen, er muß ausgebildet werden, und wenn der argentinischen Republik nur ein längerer Zeitraum der Ruhe bleibt, daß sie sich von den erst kaum überstandenen Kriegen und Anstrengungen erholen kann, so muß sie, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln, reißende Fortschritte machen.

      Gouverneur Rosas scheint dabei gerade der Mann zu seyn, das kräftige wilde und auch wohl blutdürstige Volk der Gaucho’s – selber ein Gaucho aus ihrer Mitte, mit all ihren Tugenden und Lastern – im Zaum zu halten. Er hat sich als Gouverneur der Republik, trotz allen Intriguen und offenen Angriffen der Gegner bis jetzt zu behaupten gewußt, er hat die Indianer schon mehrmals gezüchtigt und in ihre Grenzen zurückgetrieben und dem Land wie dessen Verkehr mehr Sicherheit gegeben als es je früher, so viel ich darüber hören konnte, gehabt hat. Dabei ist jetzt endlich nach langem Streite ein sechsmonatlicher Waffenstillstand mit Montevideo geschlossen, der wohl, wie man hier

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