Südamerika. Friedrich Gerstacker

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Südamerika - Friedrich  Gerstacker

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Gestalten auf den Fremden einen eigenthümlichen, wohl kaum zu vergessenden Eindruck. Der Unterschied mit der Heimath ist zu auffallend; man fühlt, daß man in einem fremden, tropischen Lande ist, und jeder Schritt, jede Biegung der Straße, jede uns begegnende Persönlichkeit bringt dem mehr und mehr erregten Geiste, dem gierig umherschweifenden Auge Neues, Interessantes.

      Leider konnte ich aber nicht lange in diesem schönen Lande verweilen, denn ein neuer, erst in den letzten Tagen an Bord flüchtig gefaßter Plan war mir so lieb geworden, daß ich beschloß, es koste was es wolle, ihn durchzuführen.

      An Bord des Talisman war nämlich ein junger Italiener, von englischen Eltern geboren, der, mehr aus Prahlerei wahrscheinlich, als einer ernsten Absicht wegen, eine Wette gemacht hatte (und zwar mit eins gegen zwanzig), daß er die Landreise durch Südamerika durchführen wolle. Mir selber war die Landreise schon bis dahin fortwährend im Kopf herumgegangen, – das damalige Reichsministerium hatte mir einen Zuschuß unter dem Vorbehalt bewilligt, daß ich bestimmte Länder, zu denen die La Platastaaten gehörten, dafür besuchen wolle, und wenn ich auch die feste Absicht hatte, diese jedenfalls auf dem Rückweg, um das Cap der guten Hoffnung heimkehrend, zu bereisen, so lag dazwischen doch noch ein langer Zeitraum und außerdem die ganze Welt, und ich beschloß endlich, mich in Rio de Janeiro wenigstens genau nach einer solchen Landreise zu erkundigen und dann, vernünftiger Weise, meinen Plan danach zu fassen.

      In Rio erhielten wir aber zu unserem Erstaunen so mißliche Nachrichten über die argentinische Republik, durch die hier mein Weg, querüber durch die Pampas lag, es wurden uns solche entsetzliche Geschichten von den jetzt empörten Indianern und nachher dem Schnee der Cordilleren, die wir gerade hätten mitten im Winter passiren müssen, erzählt, daß mein Begleiter die Sache in Verzweiflung aufgab und seinen Dollar Wette bezahlte. War ich aber vorher noch unentschlossen gewesen, so schien es, als ob mich diese, sonst keineswegs ermuthigenden Nachrichten erst hartnäckig gemacht hätten. Schon in Nordamerika hatte ich erfahren wie oft solche Berichte weit entfernter Strecken übertrieben seyen und Manches in der Nähe eine ganz natürliche Färbung bekomme, was uns, weit davon entlegen, in fabelhafter Weise ausgeschmückt wurde. Nicht wenig vertraute ich dabei auf mein gutes Glück, das mir in früherer Zeit schon manchmal durchgeholfen, und das Resultat war, daß ich mit einem kleinen deutschen Schooner der unter argentinischer Flagge zufällig im Hafen lag und nach Buenos Ayres bestimmt war, meine Passage abschloß, und mich schon am 16. Mai auf diesem nach der argentinischen Republik hin, einschiffte. In den La Platastaaten und den weiten Pampas Südamerika’s lernte und sah ich mehr, als an Bord eines, von Passagieren dicht gedrängten Schiffes, und was die Gefahren betraf so besaß ich zu vielen Leichtsinn, an die eher zu denken, als sie mir wirklich entgegentraten.

      Für alle solche übrigens, welche nach mir Lust haben sollten dieselbe Tour zu unternehmen, möchte ich eine wohlmeinende Warnung hier beifügen, und diese besteht darin, ihre Papiere bei guter Zeit fertig zu machen, damit sie nicht im entscheidenden Augenblick durch irgend eine erbärmliche Kleinigkeit, die ihnen aber förmlich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg wirft, aufgehalten werden. Nicht allein muß man nämlich seinen Paß von dem Buenos Ayres Consul visirt und ebenfalls von der Polizei die Erlaubniß darauf verzeichnet haben, auf einem anderen Schiffe als mit dem man angekommen, den Hafen wieder verlassen zu dürfen, sondern es ist auch noch eine Erlaubnißkarte nöthig »das Passagiergut von einem Schiff auf das andere schaffen zu dürfen,« und befindet sich zufällig ein »Gewehr« bei diesen Effecten, so fangen Aufenthalt und Kosten an ins Fabelhafte zu gehen, denn das Gewehr muß dann, wenn man nicht andere Mittel und Wege findet dem Rechtsschlendrian zu entgehen, erst ans Ufer geschafft, und – ich glaube mit 40 Procent versteuert, und dann erst wieder an das neugewählte Schiff gebracht werden. Nach zwei Uhr Nachmittags ist aber auch selbst dieß nicht mehr möglich, und der ganze wie der nächstfolgende Tag versäumt, da die Schiffe nur mit der, bis 10 Uhr etwa wehenden Landbrise auslaufen können. Ich meinestheils habe es nur der Freundlichkeit und wirklich aufopfernden Gefälligkeit des Herrn Viceconsuls Heymann in Rio Janeiro zu danken, daß es mir überhaupt möglich wurde allen Anforderungen zu genügen, und mit den nöthigen Papieren von Bord des Talisman und an Bord des San Martin zu kommen; eine geraume Zeit meines kurzen Aufenthalts in Rio ist mir aber durch diese entsetzlichen Weitläufigkeiten wirklich auf das fatalste verbittert worden.

      In Rio de Janeiro bekam unser Capitän übrigens noch mit seinen Passagieren, erstlich wegen der Kost und dann unfreundlichen Betragens wegen, Scandal, und außerdem noch sämmtliche Capitäne der dort liegenden deutschen Schiffe auf den Hals, das aber einzig und allein durch eine seiner gewöhnlichen Prahlereien.

      Um eine etwas kürzere Reise gemacht zu haben zog er sich zwei Tage von der Ueberfahrt ab, und gab statt 49 Tagen nur 47 an. Dabei hatte er aber die dänische Blokade ganz vergessen, denn statt den 24. mußten wir also den 26. in See gegangen seyn, und in Rio wußte man noch gar nicht anders, als daß an dem Tage die Blokade der Weser und Elbe wieder vollständig in Kraft getreten sey. Capitän Meyer konnte also nicht gut mehr zurück, und log den Leuten nun eine lange Geschichte vor, wie er sich durch die dänischen Kreuzer durchgestohlen, und wie schlau und vortrefflich er es dabei angefangen habe. Damit stieß er aber ganz unerwarteter Weise in ein noch weit schlimmeres Wespennest, denn hierdurch gerieth er in die materiellen Interessen der Capitäne, die in Rio sehnlichst auf Fracht warteten, und nur immer noch durch die schwankenden Nachrichten über die dänische Blokade, ob sie eintreten würde oder nicht, zurückgehalten waren. Verhielt sich aber die Sache so, wie sie Capitän Meyer erzählte, so blieb es ja gar keine Frage mehr – die Weser und Elbe waren blokirt und die Kaufleute von Rio konnten es für jetzt gar nicht riskiren, Ladungen dorthin zu senden.

      Natürlich konnte, bei so vielen Passagieren, der genaue Tag unserer Abfahrt aber gar nicht lange geheimgehalten werden; der alte Capitän Valentin bekam es einmal zufällig in einem Gasthaus von einem der Passagiere heraus, und nun ging das Wetter los. Ich selber hatte übrigens zu viel mit meinen eigenen Sachen zu thun mich darum etwa zu kümmern, und hörte nun, daß sie tüchtig zusammengekommen wären.

      Der Talisman mußte noch wenigstens eine volle Woche im Hafen bleiben, und da der San Martin augenblicklich segelte, hatte ich die Hoffnung Buenos Ayres zu erreichen ehe mein altes Schiff nur wieder in See ging. Dort konnte ich mich dann einige Wochen aufhalten, und hoffte so immer noch Valparaiso am stillen Meere zu erreichen, ehe der Talisman im Stande war die oft sehr langwierige Reise um Cap Horn zu beenden. Für den Fall aber daß mir irgend etwas passire, oder ich aufgehalten würde, hatte ich vom Cargadeur wie Kapitän des Talisman das feste Versprechen erhalten, daß sie meine Effecten in dem Geschäft von Lampe, Müller und Fehrmann einsetzen wollten, und ich konnte dann später mit einem andern Heydorn’schen Schiffe nach San Francisco nachkommen.

      3. Fahrt von Rio de Janeiro bis Buenos Ayres

      Den Umständlichkeiten Rio de Janeiro’s glücklich entgangen – meine Büchsflinte mußte ich sogar noch an Bord des San Martin hinüber schmuggeln, – schiffte ich mich am 16. Mai auf diesem kleinen Schooner nach Buenos Ayres ein, und die ersten Tage schien auch ein ziemlich guter Wind unsere kurze Fahrt begünstigen zu wollen. Die Reise kann, wenn Alles zusammenstimmt, recht leicht in fünf Tagen zurückgelegt werden; hatten wir dieß aber erwartet, so sollten wir uns bald gewaltig getäuscht finden, denn der Wind wurde nur zu bald conträr, und am 21. verwandelte ein Pampero die ruhig wogende See in ein wildes, sturmgepeitschtes Meer, auf dem unsere kleine Nußschaale von Fahrzeug auf das unerbittlichste umhergeschleudert wurde.

      Pampero ist übrigens ein Wort das der, diese See Befahrende, gerade zu Genüge zu hören bekommt, und mit dem ich den deutschen Leser (der es sich auf solche Art recht gut gefallen lassen kann) ebenfalls etwas vertrauter machen will.

      Der Pampero, wie ihn die Seefahrer hier nennen, ist ein ziemlich periodisch wiederkehrender, und selbst in seiner Richtung regelmäßiger Sturmwind, der seinen Namen, da er stets aus Westen und Südwest weht, von den weiten Pampas bekommen hat, über die er daherbraust. Gewöhnlich beginnen die ersten Anzeichen mit einem scharfen Nordwind, der mehr und mehr nach Westen herüberzieht, – kaum ist der Wind ziemlich West, so kommt ein fluthender

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