Der Aether gegen den Schmerz. Dieffenbach Johann Friedrich
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Gläserne Apparate mit beweglichem Rohr sind ihrer Durchsichtigkeit und Sauberkeit wegen den metallenen oder hölzernen oder den Blasen vorzuziehen. Alle complicirten haben den Nachtheil, daß sie die Anwendung erschweren. Das, was auf den ersten Anblick an ihnen sinnreich zu sein scheint oder auch wirklich ist, verspricht einige Vortheile, gewährt aber diese nicht allein nicht, sondern ist ein Hinderniss beim Athmen. Dahin gehört das in dem muschelförmigen Lippentheile befindliche, eigentlich das Ende des Schlauches bildende Mundstück, welches der Kranke wie eine Cigarrenspitze zwischen die Zähne nehmen soll. Theils ist dies höchst lästig, theils erlaubt die Enge der Spitze nur einer dünnen Säule der Aetherdämpfe den Durchgang. Der ganze Schlauch bis zum Mundstück muß überall gleich weit sein. Alle Ventile oder Luftklappen sind unzweckmäßig. Bei doppelten öffnet sich das eine beim Einathmen der Aetherdämpfe, und verschließt sich beim Ausathmen; dann thut sich das andere auf und läßt die exspirirte Luft hinaus. Die Ventile vermehren die Anstrengung beim Athmen und machen ein klapperndes, unangenehmes Geräusch, bisweilen gerathen sie in Unordnung, da sie durch öftere Anwendung schwerfällig werden. Es tritt dann eine zu vermeidende Störung in der Operation ein. Die Vereinigung des Schlauches mit der Flasche durch eine Schraube führt beim Ansetzen und Abnehmen ebenfalls zu manchen Unterbrechungen, weshalb die angegebene Verbindung Vorzug verdient. Die Nasenklammern oder das Zusammendrücken der Nase ist zu verwerfen, da dadurch die größte Unbequemlichkeit entsteht; der Kranke soll durch den Mund ein- und durch die Nase ausathmen.
Die meisten Apparate sind, wie man aus der Breite ihrer Basis ersieht, zum Aufstellen neben dem Kranken bestimmt, doch ist es wegen möglicher Unruhe des Patienten weit vorzuziehen, denselben bei der Anwendung von einem Gehülfen am Halse halten zu lassen; das Umschütteln einer unten kugelförmigen Flasche rüttelt die Schwämme zur stärkern Entwickelung der Dämpfe auch besser durcheinander, als dies bei einer Flasche von flach glockenförmiger Gestalt geschieht.
Unter Umständen, wo eine schnelle Anwendung der Aetherdämpfe nöthig, und kein Apparat bei der Hand ist, kann man auf das einfache und kunstlose Verfahren Jacksons zurückkommen, und ein in Aether getauchtes Tuch oder einen Schwamm, nachdem beides gehörig ausgedrückt ist, locker über Mund und Nase decken, und der Kranke wird dadurch oft eben so schnell betäubt wie mittelst der kunstvollsten Vorrichtung. In mehreren Fällen habe ich dies bereits erfahren, auch Bühring wendet den Schwamm mit Nutzen an. Derselbe muß aber groß und hohl sein und mit der hohlen Seite aufgelegt werden. Man darf ihn nicht fest andrücken, weil der Kranke dann schwer athmet, auch bei reizbarer Haut durch die Befeuchtung mit Aether leicht eine Röthung derselben entsteht. Bei Kindern ist der Schwamm immer vorzuziehen.
Anwendung der Aetherdämpfe
Man kannte die flüchtig erregende Eigenschaft des Aethers schon lange, und wußte auch schon, daß kurzes Einathmen einen leichten Rausch erzeuge, doch wußte man vor Jackson nicht, daß dadurch die Schmerzen aufgehoben, und angenehme Träume erzeugt würden. Weit entfernt, sagt Jackson, die Inhalation zu empfehlen, haben alle medizinischen Autoritäten davor gewarnt und dieselbe für höchst gefährlich erklärt. Dies gilt aber nur von dem gewöhnlichen, unreinen Aether, welcher außer dem schweflicht-sauren Gase, noch Essig-, Ameisen- und Aldehyd-Säure enthält. Der beträchtliche Gehalt dieses gewöhnlichen Aethers an Alkohol ist nach Jacksons Erfahrung Schuld daran, daß dem dadurch erzeugten Rausche heftiger Kopfschmerz und Abspannung der Nerven folgt.
Der reine Aetherdampf ist nach Jackson irrespirabel. Wenn er die atmosphärische Luft ganz aus der Lunge verdrängt, so muß er vollständige Asphyxie durch Betäubung herbeiführen. Hieraus folgt, daß man die Aetherdämpfe mit einer gehörigen Menge Luft vermischen müsse, damit die Function der Lunge nicht gestört werde. Beim Eintritt von Erscheinungen der Erstickungsgefahr, theils als Folge einer schlechten Anwendung, eines unreinen Aethers, einer großen Reizbarkeit, oder einer besonderen Neigung zu Congestionen nach der Lunge oder dem Kopfe räth Jackson, sogleich Sauerstoffgas, welches dem Blute seine rothe, arterielle Beschaffenheit zurückgiebt, einathmen zu lassen. Man soll daher das Gas immer bereit halten, es in einem Gasometer aufbewahren und zum augenblicklichen Gebrauch in eine große Gummi-elasticum-Blase füllen. Ducros empfiehlt den Galvanismus, Andere das Ammoniak.
Das Einathmen der Aetherdämpfe geschieht mit Hülfe irgend eines Apparates entweder durch den Mund oder durch die Nase. Die erstere Art, wobei die Nase weder mit den Fingern noch mit einer Klammer andauernd geschlossen wird, ist für den Kranken am bequemsten, und es wird der Dunst auf dem breitesten und kürzesten Wege durch die Luftröhre in die Lungen gebracht. Jackson so wie die meisten englischen Aerzte wenden vorzugsweise diese Methode an. Das Einathmen durch die Nase, welches besonders die Franzosen empfehlen, ist wegen der Enge der Nasenlöcher und der größeren Empfindlichkeit der Schleimhaut der Nase bisweilen mit großem Reiz verbunden, und kann nur dann mit Erleichterung für den Kranken geschehen, wenn das eine Nasenloch an die Oeffnung einer Flasche, worin sich der Aether befindet, gehalten, das andere zugedrückt wird. Athmungsröhren aber tiefer in das Innere der Nase hineinzuführen, würde einen heftigen Reiz der Theile verursachen. Bei Personen mit sehr engen Nasenlöchern und besonders mit engen Nasengängen, welche schon im gewöhnlichen Zustande schwer durch die Nase athmen, ist aber das Einathmen auf diesem Wege gar nicht anzuwenden. Bergson glaubt, daß man bei schwierigen Operationen besser durch den Mund, bei kleineren durch die Nase athmen lasse; ferner, daß bei jenem Verfahren der Aetherrausch leichter und vollständiger eintrete, Beklemmung und Angst aber größer seien, und alle störenden Nebenerscheinungen auf Rechnung dieser Methode kommen: dagegen erzeuge das Einathmen durch die Nase nur den ersten und niedrigsten Grad des Aetherrausches, nämlich den Verlust des Gefühls und der Empfindung für den Schmerz und fast niemals jene erwähnten Nebenerscheinungen. Hierbei möchte aber wohl nicht zu übersehen sein, daß die größere Intensität des Mittels nicht von dem Mund- oder Nasenwege abhängt, sondern ob der Kranke überhaupt den Aetherdunst in größerer oder geringerer Menge einathme. Wenn er also auf dem breiten Wege durch den Mund nur eine kurze Zeit einathmet, so würden auch nur die Zufälle des ersten Grades eintreten. Es führt gewiß zur Vervollkommnung der Methoden überhaupt, wenn diese vielseitig geprüft, und alle Erfahrungen nach der einen oder anderen Methode bekannt gemacht werden. Bergson empfiehlt zum Athmen durch die Nase eine flache Flasche mit breitem Halse, in welcher sich mit Aether getränkte Schwammstücke befinden. Sie ist durch einen Korkstöpsel geschlossen; durch diesen läuft eine hölzerne Röhre, deren äußeres Ende nach der Nasenöffnung geformt ist.
Was aber die dritte Anwendungsart der Aetherdämpfe durch Nase und Mund zugleich betrifft, so ist sie nicht minder unbequem als das Athmen durch den Mund mit verschloßener Nase. Gerade durch das Offenbleiben der Nase, welches höchstens für einige Augenblicke durch das Zusammendrücken derselben aufgehoben werden darf, wird das Athemholen erleichtert, und es kann nicht als Vorwurf dieses Verfahrens gelten, daß die Wirkung des Aethers dadurch verzögert werde.
Stellung des Kranken beim Einathmen der Aetherdämpfe
Die meisten chirurgischen Operationen werden in sitzender oder liegender Stellung, einige in halb sitzender, halb liegender vorgenommen, und der Körper je nach dem Operationsorte gewendet. Mit dieser Aufgabe ist nun das bequeme Einathmen der Dünste in Einklang zu bringen. Bei Operationen, welche nur im Sitzen vorgenommen werden können, läßt man den Kranken, da er auch am leichtesten in dieser Stellung athmet, sich in einem Lehnstuhl bequem niedersetzen, darauf einen Gehülfen mit dem Athmungsapparat an die linke Seite des Patienten treten, den Mundtheil auf den Mund des Kranken legen, und überträgt die Sorge für das gleichmäßige Anschliessen an die Lippen einem zweiten Assistenten, welcher hinter dem Kranken steht und den Kopf zu unterstützen hat. Ist die Operation nur in liegender Stellung vorzunehmen, so darf der Kranke beim Einathmen des Aethers sich nicht legen, am wenigsten auf den Bauch, weil dadurch Beklemmung herbeigeführt wird, sondern er wird auf den unteren Rand eines durch ein Polster und Kopfkissen als Lagerstätte vorgerichteten schmalen, länglichen Tisches gesetzt, der Rücken durch einen Gehülfen, und die Füße durch einen Stuhl ohne Lehne unterstützt. Jetzt beginnt er das Einathmen der Dämpfe. Tritt dann der Zustand der nöthigen Betäubung